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wirtschaft + weiterbildung
09_2015
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Rudy De Waele.
Der „Digital Transforma-
tion Strategist“ kennt die Chancen und
Risiken moderner Arbeitsformen.
den wir damit während der Fahrt arbeiten
können – und zwar schon in den nächs-
ten fünf bis zehn Jahren, insbesondere in
Deutschland.
Wie wichtig ist Big Data Ihrer Meinung
nach schon?
De Waele:
Big Data ist ein weiterer wich-
tiger Trend. Unternehmen können damit
nicht nur die Performance der Mitarbeiter
überprüfen, sondern auch deren Bewe-
gungen, Stimmungen und Motivationsla-
gen. Und in Zukunft werden noch mehr
Mitarbeiter-Daten anfallen. Denken Sie
nur an das Internet der Dinge, wenn alles
noch stärker miteinander vernetzt ist. Auf
der einen Seite schafft dies mehr Effizienz
und Transparenz für die Unternehmen,
weil mehr Information zur Verfügung
steht. Andererseits werden Betriebe damit
die Leistung von Menschen noch stärker
überwachen. Alles, was sich digital auf-
zeichnen lässt, wird auch mitgeschnit-
ten. Dies wird eine riesige Debatte über
die Privatsphäre bei der Arbeit auslösen.
Da sind neue Abmachungen zwischen
Arbeitgebern und Arbeitnehmern nötig.
Aber ich sehe diese Entwicklung positiv.
Denken Sie an den Trend „Quantified
Self“. Menschen messen ihre Fitness und
Kalorienaufnahme mit ihrem Smartphone
und mobilen Geräten. Davon können
sie persönlich profitieren, aber auch die
Unternehmen haben unter Umständen
etwas davon. Es ermöglicht Betrieben,
die Fitness ihrer Mitarbeiter und Teams
zu messen. Damit können sie das Betrieb-
liche Gesundheitsmanagement völlig neu
ausrichten.
Machen uns die neuen Technologien
wirklich produktiver?
De Waele:
Machen wir uns nichts vor:
Wir outsourcen unser Gehirn in die
Technologie, sodass wir tatsächlich we-
niger produktiv sind. Aber die Prozesse
an sich werden immer produktiver und
Plattform-Technologien erleichtern viele
Aufgaben. Allerdings ist der Schlüssel zu
mehr Produktivität noch immer die Moti-
vation der Menschen, nicht die Software.
Technik bietet nur das Werkzeug. Im
Endeffekt haben erfolgreiche Unterneh-
men tolle Teams, die an den Sinn ihrer
Arbeit glauben und bestimmte Werte
teilen. Manche Start-ups bewegen mit
kleinen Teams Berge und wirbeln ganze
Branchen durcheinander, weil sie moti-
viert sind und ihre Arbeit mit einer gro-
ßen Leidenschaft angehen – ganz im Ge-
gensatz zu vielen Großunternehmen, wo
die Leute viel leichter ausbrennen. Viele
Konzerne sind mit ihrem Denken noch
im vergangenen Jahrhundert. Doch das
ist jetzt eine völlig neue Zeit der daten-
getriebenen Wirtschaft. Daran muss man
sich anpassen.
Was kann HR noch von Start-ups lernen?
De Waele:
Große multinationale Unter-
nehmen kämpfen gerade darum, mit der
neuen Start-up-Kultur der schnellen Inno-
vation Schritt zu halten. Das funktioniert
nur, wenn sie sich ansatzweise auch so
verhalten wie Start-ups, die eher flache
Managementstrukturen und kaum Büro-
kratie haben. Die Mitarbeiter von Start-
ups müssen selbst viel Verantwortung
übernehmen. Einige Unternehmen haben
deshalb damit begonnen, für bestimmte
Projekte oder Produktentwicklung auf
diese Weise zu arbeiten. Nur so können
sie hier vorankommen. Die Zeiten der
großen Massenstrukturen sind vorbei.
Selbst große Organisationen müssen sich
Foto: De Waele
Foto: Zukunft Personal 2014/Franz Pfluegl
Zukunft Personal.
Morgens marschieren die
Besucher vorbei an wehenden Fahnen in die
Messehallen. Abends trifft sich das
Stammpublikum am Rheinufer mit Blick auf
den Dom zum Feiern.