personalmagazin 03/2016 - page 18

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personalmagazin 03/16
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
TITEL
_PERFORMANCE MANAGEMENT
– und ob das Mitarbeitergespräch über-
haupt das richtige Personalinstrument
dafür ist. Ganz oft höre ich auf die Frage
„Warum führen Sie Mitarbeitergesprä-
che durch?“ die Antwort: „Weil HR das
so will“, und HR nennt für das Durch-
führen der Gespräche allerlei Argumen-
te, etwa: Man wolle eine Feedbackkultur
fördern. Da muss man überlegen, ob das
Mitarbeitergespräch dafür das richtige
Instrument ist. Hinzu kommt, dass die
Art, in der das Mitarbeitergespräch aus-
gestaltet ist, oft nicht zur Organisations-
kultur des Unternehmens passt.
personalmagazin:
Was kann eine Alternati-
ve sein, die zum Unternehmen passt?
Trost:
Nehmen wir als Beispiel ein agiles
Unternehmen. Dazu passt es nicht, die
Mitarbeitergespräche starr einmal im
Jahr top-down durchzuführen. In einem
solchen Unternehmen sollte man zu
anlassbezogenen Instrumenten über-
gehen, die Mitarbeiter im Zuge ihrer
Eigenverantwortung selbst nutzen. Ar-
beiten die Mitarbeiter ohnehin im Team
oder in Projektstrukturen, kann auch
Feedback per Peer-Review sinnvoll sein.
personalmagazin:
Das heißt im Umkehr-
schluss aber auch: Für traditionellere
Unternehmen kann das jährliche
Mitarbeitergespräch genau das richtige
Instrument sein – oder?
Trost:
Wenn ein Unternehmen tatsächlich
streng hierarchisch organisiert ist, kann
auch ein jährliches Top-down-Gespräch
das passende Instrument sein.
„Warum? Weil HR das so will“
INTERVIEW.
Armin Trost gilt als Kritiker des Mitarbeitergesprächs. Doch abschaffen
will er das Instrument nicht: HR sollte besser das Warum und Wie überdenken, rät er.
personalmagazin:
Über kaum ein Personal-
instrument wird so hitzig und emotional
diskutiert wie über das jährliche Mitar-
beitergespräch. Warum eigentlich?
Armin Trost:
Im Fokus der Kritik an Mit-
arbeitergesprächen steht zum einen
die Validität des Urteils, das die Füh-
rungskraft in den Gesprächen über
den Mitarbeiter fällt. Hinzu kommt die
unnatürliche Gesprächssituation. Füh-
rungskräfte werden gezwungen, in ei-
nem vertrauensvollen Gespräch Urteile
und Entscheidungen zu fällen, von de-
nen in ihrer Wahrnehmung weder sie
selbst noch der Mitarbeiter profitieren
– sondern vor allem HR.
personalmagazin:
Sie haben die Debatte ja
vor einigen Jahren mit einem vielzitierten
Beitrag befeuert. Haben Sie danach Dro-
hungen von Personalern erhalten?
Trost:
Damals waren die Reaktionen in
der Tat sehr kritisch. Viele Personaler
haben ihr Instrument verteidigt und
Probleme auf die Führungskräfte ge-
schoben. Als ich nun das Buch „Unter
den Erwartungen“ zum gleichen Thema
veröffentlicht habe, wurden die Reakti-
on verhaltener. Viele Personaler haben
wohl erkannt, dass das Instrument in ih-
rem Unternehmen zunehmend schlech-
ter funktioniert. Bei ihnen ist ein Ge-
fühl des Unbehagens angekommen. Sie
möchten etwas an dem Personalinstru-
ment ändern, wissen aber noch nicht
genau, wie.
personalmagazin:
Was raten Sie denn de-
nen, die dieses diffuse Gefühl haben?
Trost:
Bevor sie sich die Frage stellen,
wie sie die Mitarbeitergespräche ändern
wollen, sollten sie sich zuerst einmal
überlegen, warum sie diese durchführen
Das Interview führte
Andrea Sattler.
ARMIN TROST
ist Professor für Human
Resource Management an der Hochschule
Furtwangen.
VIDEO
In der App zeigt Armin Trost die Gren-
zen des jährlichen Mitarbeitergesprächs.
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