personalmagazin Kanzleien spezial 4/2015 - page 17

17
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an michael.m
spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2015
MARTIN W. HUFF
ist als
Rechtsanwalt in Köln tätig
und zugleich Geschäftsführer
der dortigen Rechtsanwalts-
kammer sowie Sprecher des Ausschusses
Syndikusanwälte im Kölner Anwaltverein.
Er befasst sich seit vielen Jahren mit dem
Befreiungsrecht der freien Berufe.
logen Problematik für Ärzte) oder eine
Beförderung mit mehr Verantwortung
keine wesentlichen Tätigkeitswechsel
darstellen. Keine Tätigkeitswechsel sind
auch dann zu konstatieren, wenn es in
Betrieben zu Umorganisationen durch
den Arbeitgeber kommt, beispielsweise
wenn Abteilungen anders „aufgehängt“
werden.
Aber auch diesbezüglich gibt es
noch viele offene Fragen. Was ist etwa,
wenn der Arbeitgeber entscheidet, die
Rechtsabteilung in einer Tochtergesell-
schaft anzusiedeln, ohne dass dies ein
Betriebsübergang nach § 613a BGB
(der nach Auffassung der DRV keinen
Arbeitgeberwechsel darstellt) wäre? Ist
dies dann tatsächlich ein die Befreiung
aufhebender Arbeitgeberwechsel, wenn
der Arbeitnehmer keine Chance hat,
dem zu widersprechen? An dieser Stelle
2015 bei der DRV Bund zu erlangen. Der
Syndikus, der unverändert der Auffassung
ist, sein bestehender Befreiungsbescheid
sei weiterhin wirksam, kann bei der DRV
Bund die Feststellung beantragen, dass der
bestehende Befreiungsbescheid nach wie
vor aufgrund des Vertrauensschutzes gilt.
Gleichzeitig sollte mit dem zuständigen
Versorgungswerk geklärt werden, in welcher
Höhe der Mindestbeitrag weiterhin zu
entrichten ist, vorausgesetzt, die Anwalts-
zulassung bleibt bestehen, wozu zwingend
zu raten ist. Lehnt die DRV Bund den Antrag
auf Feststellung des Fortbestehens der
Befreiung ab, sollte der Syndikus Wider-
spruch und sofern erforderlich Feststellungs-
klage erheben. Die Entscheidung über die
weiterhin bestehende Befreiung kann somit
offengehalten bleiben, bis der Gesetzgeber
aus Gründen der Rechtssicherheit eine für in
Unternehmen beschäftigte Syndizi dringend
gebotene andere Regelung getroffen hat.
BORIS WEIN
ist
Rechtsanwalt und Mit-
glied des Präsidiums
des Bundesverbandes
der Arbeitsrechtler in
Unternehmen (BVAU).
wesentliche Änderungen in der Aufgabenzu-
weisung erfolgen, da dies ein neues Befrei-
ungsverfahren auslösen würde. Denkbar sind
dagegen zum Beispiel Zusatzverträge mit
anderen Konzernunternehmen, die zeitlich
und vom Umfang begrenzt sind und nicht in
den Ursprungsvertrag eingreifen.
Hinweise an die Mitarbeiter
Aufgrund der hohen finanziellen Risiken
für den Arbeitgeber als Schuldner des
Gesamtsozialversicherungsbeitrags nach §
28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist es für Unterneh-
men ratsam, rechtzeitig Rückstellungen zu
bilden. Zugleich sollten Sie die Mitarbeiter
auffordern, sofern dies bereits nicht erfolgt
ist, bei jedem wesentlichen Tätigkeits-
wechsel zwingend eine Neubeantragung
durchzuführen. Dies gilt ebenso für den
Wechsel des Arbeitgebers, etwa in einem
Konzernunternehmen. Grundsätzlich stellt
sich auch die Frage, ob überhaupt alle
befreiten Mitarbeiter bekannt sind? Parallel
empfiehlt es sich, auch im Rahmen der
Vorbereitung einer Betriebsprüfung, die
vorliegenden Befreiungsbescheide auf ihre
Aktualität hin zu überprüfen und sofern für
die derzeit ausgeübte Beschäftigung kein
aktueller Befreiungsbescheid vorliegt, auf
eine Antragstellung bei den Mitarbeitern
hinzuwirken. Hierüber sind die Mitarbeiter
schriftlich zu informieren, verbunden mit
dem Hinweis, dass eine Ummeldung zur DRV
Bund erfolgen wird, um Haftungsrisiken aus
Sicht des Arbeitgebers und des Beschäftigten
zu minimieren.
Umgang mit der aktuellen
Veröffentlichung der DRV Bund
Für im Unternehmen beschäftigte Syndizi
obliegt den Arbeitgebern aufgrund der
Veröffentlichung der DRV Bund vom 12.
Dezember 2014 eine zeitlich kurze Prüfungs-
pflicht, ob ein vorhandener Befreiungsbe-
scheid weiterhin wirksam ist oder nicht.
Hier empfiehlt es sich, die Mitarbeiter über
die aktuelle „Vertrauensschutzregelung“ zu
informieren und ihnen aufzuzeigen, dass es
sowohl aus Sicht des Unternehmens als auch
der des Mitarbeiters von Interesse ist, den
Vertrauensschutz (bis zum 31. Dezember
2014) durch Anmeldung ab dem 1. Januar
ist die Auffassung zu vertreten, dass die
rechtsberatende, anwaltliche Tätigkeit
– einschließlich der üblichen Manage-
mentaufgaben – mehr als 50 Prozent der
Tätigkeit insgesamt ausmachen muss.
Wenn der Anteil geringer ausfällt, ist
wohl nicht mehr von einer anwaltlichen
Tätigkeit auszugehen.
Hier muss der Arbeitgeber bei jeder
Um- und Neubesetzung entscheiden, ob
er von einem wesentlichen Tätigkeits-
wechsel ausgeht oder nicht. Denn ein
befreiter Rechtsanwalt wird sich zwei-
fellos genau überlegen, ob er eine neue
Arbeitsstelle annimmt, für welche Be-
freiung für die Zukunft entfallen wird.
Die finanziellen Nachteile sind ganz
erheblich. Für die Arbeitgeber und die
Rechtsanwälte sind dies keine guten
Voraussetzungen für die betrieblichen
Abläufe.
Zusammenfassend lässt sich somit sa-
gen: Noch immer herrscht eine ganz be-
trächtliche Verunsicherung im Hinblick
auf das Befreiungsrecht der Syndikus-
anwälte. Hier werden realistischerweise
nur das Bundesverfassungsgericht oder
aber der Gesetzgeber eine Klärung her-
beiführen können – und dies auch müs-
sen, soll die Anwaltschaft in Zukunft
nicht insgesamt erhebliche Nachteile
erleiden.
1...,7,8,9,10,11,12,13,14,15,16 18,19,20,21,22,23,24,25,26,27,...60
Powered by FlippingBook