personalmagazin Kanzleien spezial 4/2015 - page 16

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SPEZIAL KANZLEIEN
_RENTENVERSICHERUNG
spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2015
wesentlichen Tätigkeitswechsel bei
einem internen Wechsel ausgeht, dies
aber bei dem Wechsel dem Mitarbeiter
nicht angekündigt und auch von sich aus
den Rechtsanwalt nicht dazu aufgefor-
dert hat, eine neue Befreiung zu beantra-
gen. Denn gerade bis zu denUrteilen vom
3. April 2014 hätten solche Anträge in
vielen Fällen noch Erfolg gehabt.
Wer trägt die Verantwortung dafür?
Dies wird sicher in dem einen oder an-
deren Fall notfalls von den Arbeitsge-
richten, die dafür zuständig sind, geklärt
werden müssen.
Fortgeltungsanträge für
die Rechtsanwälte
Doch was tun jene Rechtsanwälte, die
vom Arbeitgeber umgemeldet wurden,
allerdings selbst der Auffassung sind,
dass sie über eine wirksame Befreiung
verfügen? Sie müssen, was die DRV
mittlerweile anerkennt (siehe Huff,
m 2. Februar 2015), einen
sogenannten Fortgeltungsantrag/Fest-
stellungsantrag stellen. Der geht dahin,
dass die einmal erteilte Befreiung für
einen anderen Arbeitgeber, aber ebenso
auch für eine andere Tätigkeit, auch für
die zurzeit konkret ausgeübte Tätigkeit
gilt.
Dabei werden an dieser Stelle beson-
ders Vertrauensschutzargumente vor-
gebracht. So hat etwa die DRV in der
Vergangenheit oftmals – insbesondere
vor den Urteilen des BSG vom 31. Ok-
tober 2012 – am Telefon die Auskunft
erteilt, dass man ja über eine Befreiung
verfüge und ein neuer Antrag aus die-
sem Grunde nicht erforderlich sei. Lässt
sich eine solche Auskunft nachweisen,
so besteht auch damit Vertrauensschutz,
wie das BSG am 31. Oktober 2012 (B 12
R 3/11 R) entschieden hat. Dies wurde
zudem nunmehr ganz aktuell im zu-
rückverwiesenen Verfahren vom LSG
Baden-Württemberg (Urteil vom 20. Ja-
nuar 2015 – L 11 R 1710/13) nach Be-
weisaufnahme als tatsächlich gegeben
angesehen. Hier wird es noch viele Dis-
kussionen geben.
Auch schriftlich gab es in zahlreichen
Fällen entsprechende Auskünfte. So
schrieb die Behörde etwa Ende 2005:
„Sie wurden bereits mit Wirkung zum
[…] 2001 von der Versicherungspflicht
zur gesetzlichen Rentenversicherung be-
freit. Diese Befreiung gilt auch für jede
weitere berufsständische Beschäftigung,
sofern Sie weiterhin Pflichtmitglied Ihrer
Berufskammer sowie der Versorgungs-
einrichtung sind und einkommensab-
hängige Beiträge entrichten. Wie Ihrem
erneuten Antrag auf Befreiung von der
Versicherungspflicht vom [...] 2005 zu
entnehmen ist, liegen diese Voraus-
setzungen vor. Es bedarf somit keines
neuen Befreiungsbescheids“. Diesem
Auszug aus einem DRV-Schreiben ist
eigentlich nichts weiter hinzuzufügen.
Kommt es in Zukunft zu keiner Neure-
gelung des Befreiungsrechts, wird es in
diesem Zusammenhang wohl eine Viel-
zahl von Klageverfahren vor den Sozial-
gerichten geben.
Zukünftige Tätigkeitswechsel
und Arbeitgeberpflichten
Doch mit einer Feststellung, dass eine
wirksame Befreiung eines Anwalts für
die jetzige Tätigkeit vorliegt oder aber
dass eine Ummeldung erfolgt ist, sind die
Arbeitgeberpflichten noch nicht zu Ende.
Denn, so besagt die Rechtsprechung
und auch die Regelung in § 48 SGB X, bei
einem „wesentlichen Tätigkeitswechsel“
entfällt die Befreiung für die Zukunft.
Doch was ein solcher wesentlicher Tä-
tigkeitswechsel ist, dazu gibt es bisher
kaum Rechtsprechung und Literatur.
Die DRV selber erklärt zu diesem Punkt,
dass etwa ein Wechsel des Rechtsge-
biets, einer Station (im Kontext der ana-
Aktuell wird der Inhalt von Befreiungsbe-
scheiden unter Berufung auf § 6 Abs. 5
Satz 1 SGB VI nach Rechtsprechung des BSG
so verstanden, dass sich die erteilte Be-
freiung stets auf die „jeweilige“ konkrete
Beschäftigung beschränkt, für die sie erteilt
worden ist. Bei einem Arbeitgeberwechsel
(abgesehen von dem Ausnahmefall des
§ 613a BGB) oder einem Tätigkeitswechsel
soll die erteilte Befreiung hinsichtlich der
neuen Beschäftigung keinerlei Wirkung
entfalten. Wenngleich diese Auslegung auf
die konkret ausgeübte Tätigkeit unzutref-
fend ist (richtigerweise ist auf die jeweilige
berufsständische angestellte Beschäftigung
oder selbstständige Tätigkeit abzustel-
len), führt sie in der Praxis zu erheblicher
Rechtsunsicherheit.
Auswirkungen auf andere „freien Berufe“?
Die Entwicklungen im Befreiungsrecht
für Syndici hinsichtlich der restriktiveren
Auslegung des § 6 SGB VI durch die
Rechtsprechung des BSG lassen sich,
wenngleich der Wortlaut eine Differenzie-
rung der einzelnen Berufsgruppen nicht
zulässt, auf Apotheker, Architekten, Ärzte
und Syndikussteuerberater, nicht erstre-
cken. Gleichwohl sieht die Praxis teilweise
anders aus.
Daher ist es aufgrund des BSG-Urteils vom
3. April 2014 und dem engen Verständnis
der „berufsspezifischen“ Kammertätigkeit
im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB
VI unter dem Gesichtspunkt der Rechtssi-
cherheit ratsam, Befreiungsverfahren von
derzeit zum Beispiel unter der Berufsbe-
zeichnung „Apotheker/in“ tätigen Mitar-
beitern durchzuführen, um gegebenenfalls
noch Vertrauensschutz für einen dann
bestandskräftigen Befreiungsbescheid zu
erreichen. Bei Vorliegen eines positiven
Befreiungsbescheids sollte „ohne Not“
möglichst kein Tätigkeitswechsel oder
Handlungsbedarf für Arbeitgeber
Die neue Situation beim Befreiungsrecht für Syndikusawälte bedeutet für Unternehmen,
dass sie ihren Umgang mit dem Thema überprüfen müssen. Das kann auch andere Berufs-
gruppen betreffen wie angestellte Apotheker, Architekten, Ärzte und Steuerberater.
STIMME AUS DER PRAXIS
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