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SPEZIAL KANZLEIEN
_MARKTBETRACHTUNG
spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2015
Zusätzlich – und das macht die arbeits-
rechtliche Beratung ebenfalls attraktiv
– dockt das Arbeitsrecht aufgrund sei-
ner Vielfältigkeit an sehr vielen ande-
ren Rechtsgebieten lückenlos an, liefert
mindestens unterstützende Aspekte
oder bildet komplett eigene und daher
unverzichtbare Projektschritte ab. Zu
denken ist hier beispielsweise an Unter-
nehmensverkäufe und -fusionen.
Eine gewisse Grundauslastung
scheint also beim Angebot einer ar-
beitsrechtlichen Beratungsleistung
vorprogrammiert, insbesondere dann,
wenn bestehende Mandatsbeziehungen
vom Vorarbeitgeber in die eigene Spe-
zialkanzlei übertragen werden können.
Letzteres ist oftmals schon weit vor der
tatsächlichen Gründung einer Spezial-
kanzlei geklärt, was auch nur zu ver-
ständlich ist, um das wirtschaftliche
Risiko einer Unternehmensgründung
überschaubar zu machen.
Großkanzleien haben
weiter ihren Platz
Ist die Folge dieser Entwicklung, dass
Großkanzleien künftig außen vor blei-
ben? Natürlich nicht, gerade das Ge-
genteil ist der Fall. Das zeigen sehr
anschaulich die in den vergangenen
Jahren gerade in Deutschland getätigten
und letztlich erfolgreichen personellen
Investitionen in Auf- und Ausbau der
arbeitsrechtlichen Beratung durch in-
ternationale Großkanzleien wie Allen &
Overy, Linklaters, Norton Rose Fulbright
oder Watson Farley & Williams.
Die Gründe hierfür decken sich gerade
imwirtschaftlichen Bereich mit den Über-
legungen von arbeitsrechtlichen Spezial-
kanzleien, insbesondere wenn es um die
mit der arbeitsrechtlichen Beratung ver-
bundene Grundauslastung von Anwalts-
teams oder dem Full-Service-Gedanken
von Großkanzleien geht. So benötigen bei-
spielsweise Unternehmenstransaktionen
jedweder Art immer auch arbeitsrecht-
liche Beratung – im Vorfeld und wäh-
rend der Transaktion und oftmals auch
danach. Arbeitsrechtliche Beratung als
„Vertragskanzlei“ anbieten zu können, ist
oft zwingende Voraussetzung für die Be-
rücksichtigung von Großkanzleien etwa
auf Unternehmenspanels. Sind die Groß-
kanzleien dort gezeichnet, führt das wie-
derum oft auch zu einer automatischen
Beauftragung auch im Arbeitsrecht und
infolgedessen auch im Tagesgeschäft.
Insofern profitieren arbeitsrechtliche
Anwälte von Großkanzleien bei der Man-
datsvergabe sicherlich direkter und in
größerem Umfang von der Marktstellung
ihrer Kanzlei im Allgemeinen als Anwälte
einer Spezialkanzlei. Diese Mechanismen
bei der Mandatsvergabe sagen allerdings
noch nicht viel über die Qualität der
Rechtsberatung aus.
Es ist darauf hinzuweisen, dass etwa
führende Kanzleien für die arbeitsrecht-
liche Beratung und die dafür verantwort-
lichen Anwälte und Teams – legt man
den Brancheninformationsdienst Juve
zugrunde – derzeit noch überwiegend
aus dem Bereich der interdisziplinären
Kanzleien kommen. Als aktuelle Kanzlei
des Jahres für Arbeitsrecht wurde etwa
im vergangenen Oktober Freshfields
ausgezeichnet, eines der immer wieder
gern angeführten Paradebeispiele für
eine international tätige Großkanzlei.
Immer mehr Spezialkanzleien halten
jedoch auch in den Marktrankings ganz
oben mit oder pirschen sich an die vor-
deren Plätze heran. Im Jahr 2013 wurde
etwa die arbeitsrechtliche Spezialkanz-
lei Kliemt & Vollstädt – auch nicht zum
ersten Mal – als Kanzlei des Jahres für
Arbeitsrecht ausgezeichnet, davor war es
Allen & Overy, mitunter auch für die ge-
lungene Aufbauarbeit einer sehr renom-
mierten arbeitsrechtlichen Praxis dort.
Was Großkanzleien und
Spezialkanzleien unterscheidet
Sind Mandanten nun bei Großkanzlei-
en oder Spezialkanzleien beim Thema
Arbeitsrecht besser aufgehoben? Man
ahnt es: Das kommt darauf an. Die ty-
pischen Argumente pro Spezialkanzlei
oder Großkanzlei sind in der Tabelle auf
Seite 7 aufgeführt – zusammen mit ein-
ordnenden Anmerkungen. Es ist sehr
wichtig im Blick zu behalten, welche
Spezialkanzlei mit welcher Großkanz-
lei für welchen Fall verglichen wird.
Pauschale und auf alle Konstellationen
anwendbare Qualitätskriterien kann es
– zum Verdruss einiger – leider nicht
geben. Das würde die Personengebun-
denheit der Rechtsberatung als im Kern
immaterielle Dienstleistung völlig ver-
kennen. Es berät immer ein Anwalt,
nicht mehr und nicht weniger.
Gestaltungs- und Steuerungselemente
für die Kanzleien bestehen mit Sicher-
heit immer mehr beim Marktauftritt,
der Gestaltung desselben und der da-
mit einhergehenden Kommunikation
ihrer Alleinstellungsmerkmale. Das
müssen arbeitsrechtliche Spezialkanz-
leien genauso wie Arbeitsrechtsteams
in Großkanzleien erkennen und ange-
hen. An dieser Stelle kann tatsächlich
der Grad der unternehmerischen Frei-
heit hinsichtlich der Strategie für die
Vermarktung und die Umsetzungsge-
schwindigkeit entscheidend sein.
Die Verbesserung der Wahrnehmung
eines auf Arbeitsrecht spezialisierten An-
walts oder eines ganzen Teams in einer
Spezialboutique am Markt wird schnel-
ler funktionieren, als das Arbeitsrechts-
team einer Großkanzlei zu positionieren
– schon allein weil der Konzentrations-
grad auf die Vermarktungsleistung na-
turgemäß ein ganz anderer ist.
Es ist sehr wichtig, den
Einzelfall im Blick zu
behalten. Pauschale
Qualitätskriterien für
die Wahl einer Groß-
oder Spezialkanzlei
kann es nicht geben.
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