personalmagazin Kanzleien spezial 4/2015 - page 25

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KANZLEIEN
_MEHR ALS 20 ARBEITSRECHTLER
spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2015
Was war aus Ihrer Sicht als Arbeitsrechtler
eine einschneidende rechtliche Entwick-
lung im Arbeitsrecht 2014?
Dr. Christopher Melms:
Dies ist mit Sicherheit
der Mindestlohn durch das Tarifautonomie­
stärkungsgesetz gewesen. Die gesetzlichen
Regelungen sind bedauerlicherweise so ge­
staltet, dass Unternehmen einer Vielzahl von
Fragestellungen und Risiken ausgesetzt sind.
Man nehme nur die aus dem Arbeitnehme­
rentsendegesetz übernommene Haftung für
Leistungen, die das Unternehmen einkauft,
um eigene Verpflichtungen erfüllen zu kön­
nen. Hier wird das gesamte deutsche Unter­
nehmertum unter eine Art Generalverdacht
gestellt. Ich bin mehr als gespannt, wie die
Gerichte mit dem Mindestlohngesetz umge­
hen werden oder ob die Politik nicht doch
noch an einigen Stellen nachbessern wird.
Unternehmen haben zuletzt wieder ver-
mehrt eigene Arbeitsrechtler beschäftigt.
Gibt es dadurch weniger Arbeit für Anwälte
im Arbeitsrecht?
Melms:
Jedenfalls in unserer Praxisgruppe ist
das Gegenteil der Fall. Es ist auch durchaus
möglich, dass die Urteile des Bundessozialge­
richts zum Syndikusanwalt und die Umsetzung
durch die Rentenversicherung Bund zu einem
umgekehrten Trend führen werden. In unserer
Praxis nehmen wir jedenfalls nicht wahr, dass
es weniger Mandate oder Arbeit gibt – dies
mag auch an den gesetzgeberischen Aktivitä­
ten liegen, siehe Mindestlohn.
Restrukturierungsmaßnahmen bilden ei-
nen Schwerpunkt in Ihrer arbeitsrechtli-
chen Beratung. Worin bestehen in diesem
Zusammenhang häufige arbeitsrechtliche
Fragen und Lösungen?
Melms:
Das lässt sich nicht abstrakt beant­
worten. Jede Restrukturierung ist anders. Wir
vermeiden, mit Lösungen von der Stange zu
agieren, sondern suchen immer nach einer
maßgeschneiderten Lösung für das Unter­
nehmen, die auch den betroffenen Arbeit­
nehmerinnen und Arbeitnehmern eine sozi­
alverträgliche Lösung bietet. Inwieweit dies
möglich ist, hängt natürlich von der konkreten
Fallgestaltung ab. Die Liste der Möglichkeiten
ist lang. Ein wichtiger Punkt ist aber in jedem
Fall, das Gegenüber (Betriebsrat oder Gewerk­
schaft) ernst zu nehmen und sich mit ihm auf
Augenhöhe zu bemühen, gemeinsame Lösun­
gen zu finden.
Beiten Burkhardt ist gerade auch für seine
Beratung im „kollektiven Arbeitsrecht“ be-
kannt. Welches sind die Schwerpunkte in
diesen Bereichen?
Melms:
Gerade im Kollektivarbeitsrecht, d.h.
im Betriebsverfassungs-, Personalvertretungs-
und Tarifvertragsrecht ist immer wieder aufs
Neue Kreativität gefragt. Das ist jedoch gera­
de das „Salz in der Suppe“ und für alle bei uns
tätigen Arbeitsrechtler eine Herausforderung
im positiven Sinn. Ob in Verhandlungen mit
dem Betriebsrat über ein neues Arbeitszeit­
modell, ob bei der Beratung bei Compliance-
Themen oder bei der Implementierung einer
Betriebsvereinbarung zum „Betrieblichen Ein­
gliederungsmanagement“, kurz BEM – es sind
immer wieder neue Lösungen denkbar, durch
die die angesprochenen Themen optimal um­
gesetzt werden können. Bei solchen Fragen
ist eine enge Zusammenarbeit mit dem je­
Interview
mit Dr. Christopher Melms, Leiter der Praxisgruppe Arbeitsrecht, München
Dr. Christopher Melms
weiligen Mandanten erforderlich, der seine
betrieblichen Gegebenheiten und Erfordernis­
se viel besser kennt als der beratende Anwalt.
Gerade dabei haben wir besondere Stärken,
nicht zuletzt durch die langjährige Erfahrung.
Genau diese Bereiche machen den Anwältin­
nen und Anwälten in unserer Praxisgruppe
aber auch Spaß. Ich denke, dass unsere Man­
danten merken, dass das nicht nur ein Job ist,
sondern Spaß macht und das ist auch gut so.
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