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KANZLEIEN
_MEHR ALS 20 ARBEITSRECHTLER
spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2015
Sie haben ein großes Team an Arbeits-
rechtlern. Ist das ein Vorteil oder bietet es
eher Anlass für Reibungsverluste?
Dietmar Heise:
Wir haben zwar mit rund 50
Berufsträgern eines der größten Arbeitsrechts
teams in Deutschland. Dieses große Team
ist allerdings auf unsere elf innerdeutschen
Standorte verteilt. Wir haben damit vor Ort
eher kleinere Teams, die effizient arbeiten.
Wenn es in größeren Teams eher „menscheln“
sollte, trifft dies bei uns eher nicht zu. Auf der
anderen Seite sind alle das standortübergrei-
fende Zusammenarbeiten gewohnt. Dadurch
können wir schnell die erforderliche Stärke für
Großprojekte oder für die deutschlandweit flä-
chendeckende Betreuung unserer Mandanten
organisieren. Alles in allem sehe ich also viele
Vorteile des großen Teams, so wie wir es bei
Luther aufgestellt haben. Nachteile müsste ich
länger suchen.
Die Kanzlei ist an fünf Standorten weltweit
vertreten. Wie wichtig ist Internationalität
im Arbeitsrecht?
Heise:
Luther ist eine deutsche Wirtschafts-
kanzlei. Die von uns beratenen, meist in-
ternational aufgestellten Mittelständler und
Großkonzerne sind darauf angewiesen, dass
wir sie weltweit beratend begleiten können.
Meist ist Geschäft in anderen Ländern auch
mit dort tätigen Menschen verbunden. Dann
ist das internationale Arbeitsrecht automatisch
gefragt. Das gilt nicht nur für Entsendungen,
sondern auch für den Einsatz von Mitarbeitern
ausschließlich vor Ort. Natürlich unterstützen
wir Unternehmen auch bei grenzüberschrei-
tenden Umstrukturierungen. Und schließlich
spielt die Internationalität eine Rolle, wenn
wir ausländische Unternehmen bei ihren
deutschen Aktivitäten beraten. Die fünf von
uns unterhaltenen Büros in London, Brüssel,
Luxemburg und in Fernost sind nur Ausdruck
besonderer strategischer Erwägungen. Von
unserem Büro in Singapur aus steuern wir
auch Corporate Services in Indien, Malaysia
und Myanmar und künftig weiteren Ländern.
Den Großteil unseres internationalen Geschäf-
tes bewältigen wir mit den Full-Service-Kanz-
leien unseres internationalen Steuernetzwer-
kes Taxand sowie mit befreundeten Kanzleien,
mit denen wir zumeist bereits lange Jahre zu-
sammenarbeiten.
Ihr persönlicher Branchenschwerpunkt
liegt in der Automobilindustrie sowie im
Bereich Nahrungsmittel, Handel und Kon-
sumgüter. Was sind in diesen Gebieten
wichtige Arbeitsfelder und sind solche
branchenspezifischen Ausrichtungen im
Arbeitsrecht überhaupt notwendig?
Heise:
Im Prinzip gilt deutsches Arbeitsrecht
natürlich für alle Branchen gleich. Ich berate
wie alle Luther-Anwälte auch Unternehmen
aus anderen Branchen. Schon durch die bran-
chenspezifischen Tarifverträge gibt es im Ar-
beitsrecht Besonderheiten in fast jeder Bran-
che. Es hilft, wenn insofern die Einarbeitung
bei jedem neuen Mandat entfällt. Auch gibt
es eine Reihe Rechtsfragen, die eine Branche
mehr treffen als eine andere. Alle hier anzu-
führen, würde den Rahmen deutlich sprengen.
Der Handel hat immer noch mit der Online
konkurrenz zu kämpfen. Auch die Tendenz zu
Konzentrierung hält in Teilbereichen an. Damit
sind Umstrukturierungen und andere strategi-
sche Ausrichtungen von Teilbereichen verbun-
Interview
mit Dietmar Heise, Partner, Stuttgart
Dietmar Heise
den. Nach meinem Eindruck hauptsächlich im
Bereich Automotive werden die Konsequen-
zen aus der immer verschärfteren Diskussion
um die Abgrenzung von Arbeitnehmerüber-
lassung zu Werk- und Dienstverträgen geführt.
Gerade in der IT werden damit legitime, am
Produktionserfolg orientierte Methoden agiler
Arbeits- und Projektorganisation wie Scrum
torpediert. Da aber die IT nicht spezifisch für
die Automobilindustrie ist – nicht einmal für
die Industrie insgesamt –, vermute ich dieses
Problem eher als ein generelles. Es tritt be-
sonders verschärft dort auf, wo interne IT-Kräf-
te mit externen zusammenarbeiten. Das zeigt
umgekehrt, dass Erfahrungen in einer Branche
durchaus in anderen Branchen helfen können.
Alles in Allem ist die branchenspezifische Aus-
richtung im Arbeitsrecht also hilfreich für die
Mandanten, aber nicht notwendig.