Immobilienwirtschaft 2/2019 - page 54

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
TITELTHEMA
liegen. Für die Immobilienwirtschaft stellt sich hier allerdings ein
ganz anderes Problem: die fehlende Exklusivität der Nutzungs-
rechte an diesen Daten. Denn in wirtschaftlicher Hinsicht sind
Daten insbesondere dannwertvoll, wenn dieMöglichkeit besteht,
sie allein nutzen und andere von ihrer Nutzung und Verwertung
ausschließen zu können. Dies ist dann der Fall, wenn an den
Daten Eigentum begründet wird.
Daten können nicht Gegenstand eines
Eigentumsrechts sein. Das besteht zurzeit
nur an körperlichen Gegenständen
Grundsätzlich versteht der Jurist unter Eigentum das Herr-
schaftsrecht über eine vermögenswerte Position. Der Eigentü-
mer kann mit seiner Sache nach eigenem Belieben verfahren, sie
also nutzen, veräußern, zerstören oder kommerziell verwerten.
Gleichsam kann er andere von jeder Einwirkung auf die Sache
ausschließen, soweit das Gesetz oder Rechte Dritter dem nicht
entgegenstehen. Das Eigentumsrecht wirkt somit absolut, das
heißt gegenüber jedermann, unabhängig davon, ob mit der an-
deren Person eine Vertragsbeziehung besteht oder nicht.
Nach dem aktuellen Recht besteht ein solches absolutes Ei-
gentumsrecht nur an körperlichen Gegenständen. Daten können
demgegenüber nicht Gegenstand eines Eigentumsrechts sein.
Die Schaffung eines Eigentumsrechts an Daten wurde in den
letzten Jahren zwar intensiv diskutiert. So hat etwa das Bundes-
ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur eine Studie
in Auftrag gegeben, die die „Eigentumsordnung für Mobilitäts-
daten“ näher behandelt. Jedoch wurde vom überwiegenden Teil
der Teilnehmer an dieser Debatte die Schaffung eines Eigentums-
rechts an Daten abgelehnt. Wesentliches Argument gegen ein Ei-
gentumsrecht anDaten war, dass es Zweifel an einer praktikablen
Umsetzung dieses Rechts gebe, etwa der Frage, wie Dateneigen-
tum gegenüber Dritten nachgewiesen werden kann. Gleichzeitig
befürchteten einige, dass ein Ausschließlichkeitsrecht an Daten
zu Verletzungen von Meinungs-, Informations- und Pressefrei-
heit führen könnte. In Bezug auf personenbezogene Daten wur-
de schließlich noch argumentiert, dass hier die Zuordnung der
Nutzungsbefugnisse bereits vom Datenschutzrecht hinreichend
geklärt sei und die Schaffung eines darüber hinausgehenden Ei-
gentumsrechts überflüssig mache.
Demnach kam die vom Bundesministerium für Wirtschaft
und Energie eingesetzte Arbeitsgruppe zu dem Ergebnis, dass
einzelne Daten nicht eigentumsrechtlich schützenswert seien.
Auch wenn somit davon auszugehen ist, dass es ein Eigen-
tumsrecht an Daten in naher Zukunft nicht geben wird, heißt
das jedoch nicht, dass Unternehmen schutzlos wären, wenn sie
Datenbestände wirtschaftlich verwerten wollen. Denn individu-
elle Grenzen und Schranken der wirtschaftlichen Verwertung
Daten zu Immobilien entstehen
während des gesamten Lebenszy-
klus. Daten sind zu der treibenden
Kraft unserer Wirtschaft geworden;
sie helfen dem jeweiligen Data
Owner, seine Immobilien, Kunden
und Märkte besser zu verstehen.
Im Gegensatz zu vielen anderen
Industrien sind die Stakeholder
jedoch sehr zahlreich; die Vielzahl
der beteiligten Akteure entlang des
Lebenszyklus erhöht die Komplexi-
tät der Übermittlung und Analyse
sowie einer ordnungsgemäßen
Zuordnung der Datenhoheit. Eine
Trennung potenzieller Eigentums-
rechte an den Daten hängt auch
immer eng mit dem Schutz vor
missbräuchlicher Datenverwen-
dung zusammen, jedoch wird
die saubere Trennung dieser
Eigentumsrechte im Zuge der Di-
gitalisierung von Prozessen immer
komplexer. Und somit können die
Daten üblicherweise nicht mehr
einer einzelnen Rolle zugeordnet
werden, phasenübergreifend müs-
sen sie daher sogar viel intensiver
ausgetauscht werden, als dies bis-
her der Fall ist. Die Interessenlage
in diesem Mehrpersonenverhältnis
ist jedoch vielschichtiger, oftmals
kompliziert und von divergie-
renden Interessen geleitet.
In der Immobilienwirtschaft sieht
man erst in vereinzelten Ansätzen
das zarte Pflänzchen einer auf-
kommenden Sharing Economy,
die die Daten, sofern nicht durch
die DSGVO geschützt, mit anderen
Stakeholdern teilt. Es ist daher zu
definieren:
Wer kann die Daten in welcher
Form erheben?
Sind die Daten gesetzlich
geschützt?
Haben die Daten einen Mehr-
wert für andere Stakeholder der
Immobilie?
Wie kann der Datenaustausch
stattfinden?
Was ist der Marktwert?
Dieser grundsätzlich positive Data-
Sharing-Trend muss weiter durch
offene Standards und vereinheit-
lichte Datenaustauschformate
unterstützt werden, wenn man
vom „Teileigentum“ des insgesamt
möglichen Immobilien-Daten-
modells zu einer Lebenszyklus-
übergreifenden Betrachtungsweise
kommen möchte.
ROBERT BETZ
Sharing Economy
gibt es erst vereinzelt
Robert Betz,
Director Real Estate,
KPMG Wirtschafts-
prüfungsgesell-
schaft AG
1...,44,45,46,47,48,49,50,51,52,53 55,56,57,58,59,60,61,62,63,64,...76
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