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MARKT & POLITIK
I
VERBANDSINFORMATIONEN
Innsbruck: Baukultur und
nachhaltige Stadtplanung
D
ie Innsbrucker Innenstadt wurde in den letzten zehn Jahren umfassend revitalisiert.
Heute finden sich in der City hochwertige Einkaufskonzepte wie das von David
Chipperfield entworfene, 2010 wiedereröffnete Traditionskaufhaus Tyrol, die Rat-
hauspassage oder mehrere Mpreis-Filialen. Die von dem Tiroler Familienunternehmen
Mölk gegründete österreichische Supermarktkette zeichnet sich durch ein individuelles
architektonisches Design und eine interessante Kombination von Einzelhandel und
Gastronomie aus. Insgesamt sind städtebauliche Kompetenz, Mut zur Kreativität und
das Bekenntnis zu Architekturwettbewerben die Schlüsselbegriffe der Innsbrucker Re-
vitalisierung. Eine Erfolgsgeschichte, die zeigt, was ein positives Zusammenspiel von
Baukultur und Einzelhandelsimmobilien bewirken kann.
NACHHALTIGE STADTPLANUNG UND KONSEQUENTE WETTBEWERBSKULTUR
Eine wichtige
Voraussetzung für die heutige Attraktivität der Innsbrucker Innenstadt war eine nachhal-
tige Stadt- und Verkehrsplanung mit einer klaren städtebaulichen Konzeption. Straßen
und öffentliche Räume wurden gezielt aufgewertet, Autos und Straßenbahn aus den
großen Einkaufsstraßen verbannt. Dabei wurde gleichzeitig eine hohe Erreichbarkeit
der Innenstadt durch ausreichende Parkplätze am Innenstadtrand und entsprechende
ÖPNV-Konzepte sichergestellt. Die Suburbanisierung wurde gestoppt, Investitionen in
die City forciert. Zudem setzte die Stadt auf eine kluge, aber auch fordernde Bodenpo-
litik: Sie hielt Investoren dazu an, bei Immobilienprojektentwicklungen Wettbewerbe
im Bereich Architektur und Städtebau umzusetzen, um so höherwertiges Baurecht und
größere Dichten zu erhalten. Die konsequent umgesetzten Wettbewerbe trugen und
tragen wesentlich zur Qualitätssicherung bei. Zwei Gestaltungsbeiräte wahren dabei
die baukulturellen Belange, während die Stadtverwaltung selbst eher zurückhaltend
auftritt. Dies führte bislang bei der Entwicklung von Immobilien und der Gestaltung
von Plätzen zu teils ungewöhnlichen Lösungen mit stets hoher baukultureller Qualität.
BAUKULTUR ALS BESTANDTEIL DER MARKENIDENTITÄT
Einen positiven Beitrag leistete
auch die Innsbrucker Architektur- und Kulturszene: Sie schuf ihrerseits ein breites Be-
wusstsein für die Bedeutung von Baukultur und gab dies über ihre engen Kontakte in
die Bereiche Verwaltung, Wirtschaft und Stadtentwicklung sowie an die Innsbrucker
selbst weiter. Im Zusammenspiel mit kreativen Händlern entstand so ein Gegengewicht
zu den Einkaufszentren auf der „grünen Wiese“ und dem Onlinehandel. Heute erken-
nen sowohl lokale Einzelhändler als auch Immobilienentwickler und Marktketten in
Innsbruck Baukultur als wichtigen Bestandteil ihrer Markenidentität an: Sie arbeiten
mit renommierten Architekten zusammen, denen sie in der Regel auch die Freiheit für
ungewöhnliche Lösungen gewähren. Dies gilt sowohl für große Leuchtturmprojekte als
auch für den Supermarkt-Bereich, wo sonst oft eine „Banalität des Bauens“ vorherrscht.
Bei einer Delegationsreise nach Innsbruck im September 2016, die vom Deutschen
Verband, demHDEHandelsverbandDeutschland und der Bundesstiftung Baukultur ini-
tiiert wordenwar, tauschten sich Entscheider aus Handel, Politik, Verwaltung und Immo-
bilienwirtschaft sowie Architekten zumThema Baukultur und Einzelhandelsimmobilien
aus. Zu den Rednern der Exkursion zählten unter anderen Reiner Nagel, Vorstand der
Bundesstiftung Baukultur, der österreichische Immobilienunternehmer und Gründer
der Signa Holding, René Benko, und der Innsbrucker Baustadtrat Gerhard Fritz.
Christian Huttenloher,
Generalsekretär Deutscher Verband
Deutscher Verband
Kon-
kurrenz durch Onlinehandel
oder „grüne Wiese“ und eine
schlechte Erreichbarkeit –
Innenstädte und ihre Ge-
schäfte sind seit Jahren mit
vielen Herausforderungen
konfrontiert. Wie kann man
sie als Handelsstandorte auf-
werten? Die Stadt Innsbruck
gibt Antworten.
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Christian Huttenloher
Foto: Deutscher Verband