16
MARKT & POLITIK
I
VERBANDSINFORMATIONEN
A
ttraktive Arbeitgeber zeichnen sich dadurch aus, dass Männer und Frauen die glei-
chen Karrierechancen haben. Doch daran mangelt es oft in der Praxis. Bislang ha-
ben nach einer ZIA-Auswertung lediglich 20 Prozent der Immobilienunternehmen
einen verbindlichen Umsetzungsplan zur Erhöhung des Frauenanteils. Und der Anteil
der Frauen innerhalb der ersten beiden Führungsetagen beträgt nur etwa 15 Prozent.
Das liege aber nicht nur an den Unternehmen, meinten die fünf Teilnehmerinnen des
Round-Table-Gesprächs, das Judith Gabler, RICS Director of Operations – Europe und
Regional Manager DACH, initiierte. Denn die Bereitschaft der Firmen, Frauen zu för-
dern, hat durchaus zugenommen. „In den Köpfen haben wir dieses Umdenken schon.
Auch die männlichen Kollegen sind offen“, sagte Jana Köhler MRICS, Director/Team
Leader International Valuation Germany der CBRE GmbH aus Berlin.
Von ähnlichen Erfahrungen berichtete Regina Bohla FRICS, Akademie-
direktorin Hamburg der ADI Akademie der Immobilienwirtschaft GmbH.
Bei den Berufsanfängern ist der Anteil von Frauen undMännern inzwischen auch schon
relativ ausgeglichen. „Aber in den Führungspositionen lässt es dann nach“, sagte Karina
Melskens MRICS, Associate Director/Team Leader Residential Valuation von Knight
Frank aus Berlin. Zudem ließen sich viele Frauen leichter als ihre männlichen Kollegen
zurückdrängen und kämpften sich oftmals nicht nach vorne, fuhr Melskens fort.
Die Situation von jetzt auf gleich zu ändern, sei wohl nicht möglich, meinte Anne
Bailly MRICS, Inhaberin der Bailly Real Estate GmbH aus Hamburg. Vielmehr gehe es
um einen Prozess. Und diesen könne man nicht forcieren, sondern nur begleiten und
unterstützen: „Aber es geht in die richtige Richtung.“ Allerdings, so gab Regina Bohla
zu bedenken: „Es sind auch sehr viele Lippenbekenntnisse dabei.“ Ihrer Meinung nach
wird das Thema Frauenförderung leider nur in der Papierform ernst genommen.
FLEXIBLERE ARBEITSZEITMODELLE
Ihr Eindruck sei, so berichtete Anne Bailly, dass
die Kinderbetreuung immer noch ein Problem sei: „Maximale Leistung wird im-
mer noch mit maximaler Anwesenheit
gleichgesetzt.“ Auch nach der Elternzeit
könne man sich „seine Karriereambiti-
onen abschminken“, wenn man in Teil-
zeit zurückkomme, sagte Anne Bailly.
Wer nicht voll arbeite, von dem werde
gleich angenommen, dass er keine Füh-
rungsposition anstrebe. „Das betrifft im
Übrigen auch die Männer“, sagte Bailly.
Auch sie hätten Skrupel, Elternzeit zu
nehmen – vor allem über einen längeren
Zeitraum. Weil ihnen dann genau das-
selbe passiere wie den Frauen – nämlich
dass sie auf der Strecke blieben, was ihre
Karriereentwicklung angeht. Deshalb
gehe es in der gesamten Diskussion um
flexiblere Arbeitszeitmodelle für alle, be-
tonte Anne Bailly. In anderen Branchen
gebe es dazu schon interessante Ansätze,
etwa dass sich zwei Teilzeitkräfte auch
Fotos: Christine Ciampa, RICS
Gender Management
ist nur der Anfang
Die RICS hat es sich zum Ziel
gesetzt, die Diversität in der
Belegschaft von Immobili-
enunternehmen zu fördern,
beginnend mit dem Frauen-
anteil. Doch wie kann dies
gelingen? Darum – und um
die bisherigen Erfahrungen
der Teilnehmerinnen – ging
es bei einer Diskussion auf
der Expo Real in München.
Die Erfahrung unter den Round-
Table-Teilnehmerinnen zeigt:
Gender Diversity wird in der
Praxis (noch) sehr unterschied-
lich gehandhabt.