Immobilienwirtschaft 09/2016 - page 24

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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
TITELTHEMA
Der Marktexperte geht auch davon aus, dass in den kommenden
Jahren zudem asiatische und amerikanische Mieter verstärkt in
die britische Hauptstadt drängen: „Die Regierung wird sich etwas
einfallen lassen, damit London für diese Klientel attraktiv bleibt
und um die Wirtschaft zu stimulieren.“ Darauf setzen übrigens
auch deutsche Immobilienfinanzierer.
MARGENTRÄCHTIGES GESCHÄFT
Fast alle namhaftenAdressen sind
auf der Insel als Kreditgeber mit von der Partie, zum Beispiel
die Aareal Bank und die Deutsche Pfandbriefbank (pbb). Vom
Immobilienkreditportfolio entfallen laut Equinet-Analyst Philipp
Häßler bei der pbb rund 20 Prozent auf gewerbliche Immobilien-
finanzierungen inGroßbritannien (knapp fünf Milliarden Euro),
bei der Aareal Bank sind es 13 Prozent (3,8 Milliarden Euro). Die
eine oder andere Landesbankmischt ebenfallsmuntermit, zu ver-
lockend sind die Aussichten auf ein margenträchtiges Geschäft.
„Der britische Immobilienmarkt tickt etwas anders als der
deutsche“, meint Eberhard Maier, Leiter internationale Immo-
bilienkunden und Fonds der BayernLB. Die Kreditrisiken seien
trotz des bevorstehenden EU-Austritts der Briten gut kalkulier-
bar, auch wegen des hohen Eigenkapitaleinsatzes der Investoren
und niedriger Leerstandsquoten.
Was die Risiken betrifft, sieht sich die BayernLB bestens ge-
wappnet, selbst wenn es vereinzelt zu größeren Abwertungen bei
Gewerbeobjekten auf der Insel kommen sollte. Von Schreckens-
szenarien hält Maier nichts: „Der EU-Austritt Großbritanniens
wird sich im Londoner Büromarkt bei Objektenmit langer Miet-
bindung allenfalls leicht bemerkbar machen.“ Andreas Pohl, Vor-
standschef der DeutschenHypo, rechnet ebenfalls damit, dass die
Folgen des Brexit weniger dramatisch ausfallen, als viele anfangs
befürchtet haben. Über 20 Prozent des Neugeschäfts – angepeiltes
Volumen 2016: 2,5 bis 3,0 Milliarden Euro – erzielt die Bank in
Großbritannien. Was Pohl besonders gut gefällt, ist, dass dort
die Marge im Schnitt fast doppelt so hoch ist wie hierzulande:
150 statt 75 Basispunkte. Der Grund: Auf der Insel sind Non-Re-
course-Finanzierungen üblich, bei denen der Darlehensnehmer
nicht persönlich haftet, sondern der Kredit nur auf das beliehene
Objekt abgestellt wird.
Die Berlin Hyp zählt zu den deutschen Immobilienbanken,
die sich im gewerblichen Immobilienkreditgeschäft in Großbri-
tannien derzeit zurückhalten. „Eigentlich wollten wir dort die
Neugeschäftsaktivitäten verstärken, aber wegen des Brexit warten
wir erst mal ab“, sagt Jan Bettink, Vorstandsvorsitzender der Ber-
lin Hyp. Dafür läuft das Geschäft gerade in Deutschland trotz des
starken Konkurrenzdrucks prächtig. Im erstenHalbjahr stieg das
Neugeschäftsvolumen – gegenüber der gleichen Vorjahresperio-
de – von 2,2 auf 2,9 Milliarden Euro. „Der deutsche Immobili-
enmarkt wird ein Gewinner des Brexit sein. Das Transaktionsge-
schäft wird belebt. Allerdings frühestens ab 2017“, prognostiziert
Jan Peter Annecke, Leiter Gewerbliche Immobilienfinanzierung
der Münchener Hyp. Bremsend auf das Geschäft hierzulande
wirkt aus seiner Sicht der stetige Zins- und Margenverfall. Er
hoffe, dass deren untere Grenze – sie liege bei gewerblichen Im-
mobilienstandardfinanzierungen zumTeil unter 60 Basispunkten
– nun bald erreicht sei.
Mit leicht sorgenvoller Miene beobachtet Annecke zudem
den Anstieg der Beleihungsausläufe. Vor zwei Jahren hätten
diese sich bei 50 bis 55 Prozent des Kaufpreises bewegt, nun lä-
gen sie bei 60 bis 65 Prozent, so der Immobilienbanker. Trotz-
dem ist die Münchener Hyp zuversichtlich, ihr Neugeschäfts-
Fotos: BerlinHyp; Jones Lang LaSalle GmbH; Catella; S.Borisov/shutterstock.com
Experten
„Preisrückgänge von fünf
bis 20 Prozent bis Ende
2017 sind möglich.“
Frank Pörschke,
CEO Germany, JLL
„Eigentlich wollten wir
dort die Neugeschäftsak-
tivitäten verstärken, aber
wegen des Brexit warten
wir erst mal ab.“
Jan Bettink,
Vorstandsvor-
sitzender, Berlin Hyp
„Für amerikanische Immobi-
lieninvestoren bewegen sich
die Preise für Immobilien
in Großbritannien fast auf
Schnäppchenniveau.“
Dr. Thomas Beyerle,
Geschäftsführer, Catella Property
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