Immobilienwirtschaft 11/2015 - page 66

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
REAL ESTATE TALK DIGITALISIERUNG
te gewonnen werden. Hier kommt IT in
den unterschiedlichsten Facetten ins Spiel.
Das haben wir in unserer Vision „Aareon
Smart World“ zusammengefasst.
Kramer:
Ich glaube nicht, dass die IT
Geschäftsprozesse in der Immobilien-
wirtschaft disruptiv verändert. Beim
Thema ERP hingegen wird sich einiges
tun, was wir heute noch nicht absehen
können. Wir werden künftig über andere
Formen der Vernetzung sprechen. Über
neue Geschäftsmodelle. Darüber, dass
wir vielleicht Standards einführen, die
gar nicht von uns kommen, sondern aus
ganz anderen Bereichen. Vielleicht führen
die dazu, dass man Informationen anders
nutzen kann als heute. Der nächste Schritt
für uns wird sein, dass man die Kunden
unserer Kunden einbezieht, etwa die Ge-
werbemieter. Einfache Lösungen führen
dazu, dass der Kunde mehr Freiheiten hat
und selbst in neue Richtungen denken
kann. Die weitaus größte Innovation birgt
allerdings fürmich das veränderte Nutzer-
verhalten. Ich kenne etwa vieleMenschen,
die sich gar nicht mehr vorstellen können,
ein Auto zu kaufen. Das finde ich weit-
aus verändernder als ein neues Auto mit
einem neuen Motor.
Dr. Thies:
Bei den ERP-Systemen sind
heute alle „Zutaten“ da. In diesen Markt
kommt jetzt einmerklich höheres Tempo.
Und die Bereitschaft der Unternehmen,
mit neuen Modellen umzugehen, wächst
deutlich.
Kuntschke:
Es gibt dabei allerdings einen
erheblichen Unterschied zwischen der
Wohnungswirtschaft und der gewerb-
lichen Immobilienwirtschaft. Letztere
ist getrieben durch Investoren und die
Aufteilung zwischen Asset- und Proper-
tymanagement. Gewerbliche Immobi-
lienmanager haben wesentlich höhere
Ansprüche an Service, Prozesseffizienz
und Automatisierung. Doch mit einer
gewissen Verzögerung wird auch in der
Wohnungswirtschaft der Wandel eintre-
ten, der aus anderen Assetklassen bereits
vorgelebt und -gedacht wird.
«
Moderation: Jörg Seifert, Freiburg
Wer mit seinem Energiedienstleister
Daten austauscht, hat immer noch
Funktionsschwierigkeiten, etwa mit
der Bank …
Kramer:
Das ist kein technisches The-
ma. Der Energiedienstleister hat SAP, die
Bank hat SAP, aber beide kommunizieren
trotzdem per E-Mail miteinander. Das ist
absurd, aber hier manifestiert sich kein
technisches Problem.
Dr. Thies:
Die Diskussion darüber, dass
das, was technisch möglich wäre, noch
nicht Realität ist, könnten wir noch lan-
ge führen. Ich verwende gerne den Aus-
druck Legacy. Das ist alles das, was uns
noch zurückhält: bestehende Strukturen,
Marktverhältnisse, auch Macht spielt eine
Rolle. Macht, Dinge nicht aus der Hand zu
geben, weil ich den Einfluss vielleicht ver-
liere. Manchmal ist aber schlichtweg auch
noch nicht genügend Druck da, um Din-
ge wirklich verändern zu wollen. Und es
fehlt der Wille, bestimmte Strukturen zu
verändern und sich auch einzugestehen,
dass man vielleicht bestimmteMitarbeiter
nicht mehr benötigt.
Kramer:
Man kann auch so viel verkehrt
machen in der IT. Man stellt ein System
hin, das eigentlich von sich aus funktionie-
ren soll. Neulich bin ich jedoch wieder an
einemFahrkarten-Automaten gescheitert.
Die wirkliche Innovation liegt darin, Din-
ge so zu verändern, dass ich tatsächlich
keine Schulung mehr brauche. Und so
etwas fällt natürlich nicht vom Himmel.
Man braucht viel Mut, Dinge anders zu
machen, eben einfacher.
Kommt es dadurch zu disruptiven Ge-
schäftsmodellen?
Schneider:
Die Dynamik wird weiterge-
hen, aber nicht disruptiv. Beschleunigen
wird sich allerdings die Geschwindigkeit,
mit der Prozesse vonstattengehen. Und
das Ganze wird getrieben von den Erwar-
tungen der internen und externen Kun-
den. Auch die intensivere Vernetzung von
Personen, Prozessen und Geräten wird
an Bedeutung gewinnen. Prozesseffizienz
muss tendenziell gesteigert werden. Ein
Teil der Effizienz muss auf der Kostensei-
habe und ob das regelkonform war. Hier
spielt das Ticket-System eine sehr große
Rolle. Es gibt eine weitere Komponente,
die für den Erfolg unserer Produkte we-
sentlich seinwird: Das ist dasThema Con-
tent. Dieses wird in Zukunft stark an Be-
deutung gewinnen. Content muss dabei in
das Produkt selbst integriert werden. Und
dieser Content muss aktualisiert werden.
Dr. Thies:
Das ist genau die Strategie der
Haufe Gruppe, die über umfangreichen
Content verfügt. Deswegen bringen wir
den Arbeitsplatz in Verbindung mit Fort-
bildung, ERP-Systemen und Services.
Das Verbinden des Contents mit den
Prozessen macht natürlich die Dinge si-
cherer und einfacher – etwa indem wir
Formulare zur Verfügung stellen. Aber
das funktioniert alles nur dann, wenn die
Märkte groß genug sind, damit die Leis-
tungen auch zu einemannehmbaren Preis
verkäuflich sind.
„In spätestens zehn
Jahren wird es das klas-
sische ERP-System nicht
mehr geben. Das wird
sich in einer Wolke des
kommunikativen Mitein-
anders auflösen.“
Ralf Kuntschke,
Yardi Systems
In Kooperation mit
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