Immobilienwirtschaft 11/2015 - page 73

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chenimage und sogar nur ein Prozent das Unternehmensimage
als Grund für eine Nicht-Besetzung von offenen Stellen. „Sehr
häufig fehlt ein kritischer Blick auf das eigene Unternehmen,
auf die eigene Unternehmenskultur und auch die Bereitschaft,
den nötigen Wandel einzuleiten“, sagt Roman Diehl. Diese sehr
wenig kritische Selbsteinschätzung dürfte sich in Zukunft als
zunehmend problematisch erweisen. Denn Themen wie Unter-
nehmenskultur – etwa bei denArbeitszeiten oder der „Work-Life-
Balance“ – werden zunehmend entscheidend und sprechen für
oder gegen eine Bewerbung bei einembestimmtenUnternehmen.
Auch der Standortfaktor ist für die so genannte „Generation Y“
der heute 17- bis 32-Jährigen sehr wichtig. Vor allem attraktive
Unternehmen an unattraktiven Standorten bekommenmehr und
mehr Probleme, qualifizierte Bewerber anzusprechen und für sich
zu gewinnen.
Um ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen, setzen die
Unternehmen der Immobilienbranche jedoch auf eher konser-
vative Aspekte: Fort- und Weiterbildungen (16 Prozent), fle-
Negative Folgen durch die offenen Stellen sind für die Firmen
bereits sichtbar und spürbar: 20 Prozent der Befragten sehen
das Unternehmenswachstum in Gefahr, 18 Prozent eine Über-
alterung der Belegschaft und 15 Prozent eine geringere Inno-
vationskraft. In der Summe sind die Auswirkungen heute zwar
noch nicht dramatisch für die Betriebe – dennoch besteht immer
dringenderer Handlungsbedarf.
WO DRÜCKT DER SCHUH GENAU?
Innerhalb der Branche haben
die größten Probleme, Nachwuchspositionen zu besetzen, Pro-
jektentwickler (14 Prozent aller Befragten), Property Manager
(sowohl technisch als auch kaufmännisch je zwölf Prozent) sowie
Asset Manager (zehn Prozent) (Frage 3). Für Positionen in den
Bereichen Investment, Marketing, Vermietung, Service, Finan-
zen, IT und Personal gibt es hingegen deutlich weniger Probleme,
ausreichend geeignete Bewerberinnen und Bewerber zu finden.
Entsprechend unterschiedlich fällt auch die Einschätzung der
befragten Firmen aus. BesondersMakler und imBereich Büroim-
mobilien tätige Unternehmen schätzen die Situation als kritisch
ein und sehen sehr häufig einen Nachwuchskräftemangel. Bei
Maklerunternehmen sagen dies 86 Prozent, von den befragten
Büroimmobilienunternehmen sind es 83 Prozent. Bei denWohn-
immobilienunternehmen beantworten indes nur 48 Prozent die
Frage mit Ja, bei den Projektentwicklern sind es 42 Prozent.
Eine Rolle spielt auch der Unternehmenssitz: Es gibt große
regionale Unterschiede auf dem immobilienwirtschaftlichen Ar-
beitsmarkt in Deutschland. 45 beziehungsweise 36 Prozent der
befragten bundesweit aktiven Unternehmen sagen, es gebe ganz
oder teilweise einen Nachwuchskräftemangel in der deutschen
Immobilienwirtschaft. Unternehmen aus Baden-Württemberg
schätzen die Situation deutlich schlechter ein: Hier beantworten
73 Prozent der befragten Firmen die Frage mit Ja, bei Betrieben
aus Nordrhein-Westfalen sind es 50 Prozent. Hingegen sagen nur
29 Prozent der befragtenUnternehmen aus Bayern, dass die Bran-
che einNachwuchsproblemhat. Auch die Firmen in Sachsen und
Berlin sind vergleichsweise optimistisch: Hier liegen die Zahlen
bei 33 und 36 Prozent.
FEHLENDE QUALIFIKATION DER BEWERBER
Warum aber werden
offene Stellen in der Immobilienbranche nicht besetzt? Mit gro-
ßem Abstand der Hauptgrund bei den Befragten sind fehlende
Qualifikation der Bewerber (28 Prozent) und zu wenige oder so-
gar gar keine Interessenten (18 Prozent). Gehaltsvorstellungen
der Bewerberinnen und Bewerber sind ebenfalls Grund für nicht
besetzte Stellen (zehn Prozent). Insgesamt bedeutet dies, dass fast
jedes dritte Unternehmen Bewerbungen nicht ausreichend quali-
fizierter Bewerber bekommt und fast jedes fünfte Unternehmen
generell nicht genug Bewerbungen erhält. Es gibt also deutliche
Defizite imBereich der Arbeitgeberattraktivität und einOptimie-
rungspotenzial bei der Unternehmenspositionierung. Interessant:
Nur sechs Prozent der befragten Unternehmen sehen das Bran-
»
„Bei HR-Marketing und Emplo-
yer Branding hat die Immobi-
lienbranche die Steinzeit noch
nicht verlassen. ‚Business as
usual‘ klappt nicht mehr, wenn
es insgesamt immer weniger
Berufseinsteiger gibt und
Kandidaten die Wahl haben.“
Roman Diehl,
Vorstand International Campus AG
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