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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
REAL ESTATE TALK DIGITALISIERUNG
kleinereWohnungsgenossenschaften etwa
unter 1.500 Wohneinheiten die Datensi-
cherheit in Zukunft nicht mehr selbst
gewährleisten können. Die brauchen die
professionelle Unterstützung eines Re-
chenzentrums über die Cloud.
Und der zweite Aspekt?
Dr. Thies:
Der betrifft das Internet of
Things. Wenn erstmal Daten am Wasser-
hahn und am Fenstergriff erhoben wer-
den, betreten wir echtes Neuland. Wenn
wir sehen können, wer richtig und wer
falsch lüftet, bringt das ganz neue Steu-
erungsmöglichkeiten. Und wenn nachts
der Wasserhahn tropft, muss ich keine
App mehr starten, um etwas zu melden.
Das hat der Wasserhahn dann selbst erle-
digt und er kann repariert werden, wäh-
rend ich bei der Arbeit bin. Das generiert
plötzlich ganz andere Daten und zieht
neue Player ins digitale Ökosystemhinein.
Hersteller von Installationen etwa waren
bislang die Lieferanten unserer Kunden.
Nun müssen sie alle ins ERP-System in-
tegriert werden. Das ist eine Komplexität,
die förmlich explodiert.
Wie stark können eigentlich die Kunden
auf Veränderungen bei den IT-Herstel-
lern hinwirken, Herr Schneider?
Schneider:
Natürlich entscheidet der
Kunde, was er von unseren Innovati-
onen annimmt. Der Kunde denkt ty-
pischerweise aus seinen Prozessen und
Geschäftsmodellen heraus. Eine wichtige
Frage ist auch: Wie stark bleiben dieWoh-
nungsunternehmen bei ihremderzeitigen
Kerngeschäft – der Vermietung? Wenn
sich die Belegungsdauer amerikanischen
Verhältnissen von nur wenigen Monaten
annähern würde, änderten sich auch hier
Prozesse und Geschäftsmodelle. Und klar
ist: Wenn sich die Geschäftsmodelle un-
serer Kunden ändern – etwa hin zu grö-
ßerer Serviceorientierung, was wir jetzt
schon feststellen –, dann bieten wir dafür
natürlich Lösungen an.
Wie ändert das Serviceverlangen der
Kunden Ihre Lösungen?
wir. Die machen es erlebbar und zeigen,
wie einfach es geht. Menschen erledigen
heute viele Dinge allein und dezentral, für
die es vorher ganze Abteilungen gab.
Die Frage lautet also: Was muss ich ei-
gentlich sinnvoll noch selber machen?
Was kann ich den Kunden erledigen las-
sen? Was kann ich dem Dienstleister mit
dazugeben? Da wird irgendjemand eine
Idee haben – ich hoffe wir! – und die wird
vieles verändern.
Wo nehmen Sie, Herr Dr. Thies, die stärk-
sten Veränderungen wahr?
Dr. Carsten Thies, Haufe Gruppe:
Zu
den genannten wichtigen Aspekten zwei
Ergänzungen: Erstens ist Digitalisierung
kein Selbstzweck.Wir als Software-Anbie-
ter sind die Treiber. Doch auch uns zieht
der Markt. Für Konsumenten muss ein
digitales Produkt schön aussehen, Spaß
machen oder komfortabel sein. Bei den
Unternehmen jedoch ist amEnde die GuV
entscheidend, das Kostensparen. Oder ob
Prozesse optimiert und Ressourcen einge-
spart werden können. Als ERP-Anbieter
kennen wir die Prozesse und können die-
se Effekte benennen, berechnen und das
Potenzial aufzeigen. Welche der daraus
abgeleiteten Vorteile allerdings wann im
Markt ankommen, können auch wir nicht
immer so genau vorhersagen.
Außerdem: Uns etablierte B-to-B-Anbie-
ter hindert oft die Trägheit in Unterneh-
men, Veränderungen durchzuführen. Das
beobachtenwir auch beiWohnungsunter-
nehmen. Bezüglich der Digitalisierung ist
ihre Einstellung sehr heterogen. Es gibt
Wohnungsunternehmen, die sich von der
Digitalisierung nicht direkt berührt sehen.
Was sagen Sie diesen?
Dr. Thies:
Wir gehen davon aus, dass die
meisten Anwendungen in die Cloud ver-
lagert werden. Es stellt sich nur noch die
Frage, wann. Dagegen wird der Mangel
an Datensicherheit in der Cloud ins Feld
geführt. Meine Meinung dazu ist: Die Da-
ten, die on premise liegen, sind viel gefähr-
deter als Daten in einem professionellen,
seriösen Rechenzentrum. Ich denke, dass
Aber ein wenig treibt die Technik doch!
Kramer:
Natürlich, wenn plötzlich
360-Grad-Immobilienmanagement auf
handelsüblichen Geräten möglich ist,
dann hat das Zugkraft. Unser größter
Kunde Vonovia hat 6.000 Mitarbeiter.
Diese werden ab nächstem Jahr alle über
unsere easysquare Plattformmobil zusam-
menarbeiten. Das wird einiges erleichtern.
Faszinierend! Zum einen, weil das plötz-
lich funktioniert, zum anderen, weil es
ganz viel Geld spart.
Geht es mehr um Funktionieren oder
um Geldsparen?
Kramer:
Es geht umDatenfluss ohne Me-
dienbruch. Das können wir in Teilen ja
schon länger in der Immobilienwirtschaft.
Das war alles nur etwas teuer. Skepsis in
Bezug auf Digitalisierung kann man nur
zerstreuen, indem man bezahlbare Syste-
me zur Verfügung stellt. Und das machen
„Und was machen die
Unternehmen, wenn
sie nicht mehr genug
Fachkräfte bekommen?
Dann bieten wir ihnen
Technologie, die weniger
Manpower benötigt!“
Hans-Georg Schneider,
Aareon AG
In Kooperation mit