Immobilienwirtschaft 7/2015 - page 23

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-8.2015
Lotsen für Wohneigentümer
können Sanierungsquote steigern
I
mRahmen der Energiewende kommt der Energieeffizienz eine herausragende Bedeu-
tung zu. Niemand stellt diese Erkenntnis in Frage – bei der Suche nach den richtigen
Wegen scheiden sich allerdings die Geister. Bedauerlicherweise gibt es in vielen Fällen
auf den ersten Blick oft keinen eindeutigen wirtschaftlichen Gewinner bei Maßnahmen
zur Energieeinsparung – sieht man einmal von der Dämmstoffindustrie oder einzelnen
Anlagenherstellern ab. Erst auf den zweiten Blick wird erkennbar, dass durch massive
CO
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-Einsparungen gesamtgesellschaftliche Kosten des Klimawandels wie zum Beispiel
für Deicherhöhungen reduziert oder ganz eingespart werden können.
Folgerichtig fördert der Bund zumBeispiel über die KfWMaßnahmen anGebäuden,
in Quartieren und zur Neuausrichtung der Energieversorgung, um diese wirtschaftlich
tragfähig umsetzen zu können. ImLaufe der vergangenen Jahre hat man jedoch erkannt,
dass es nicht ausreicht, nur Investitionen zu fördern. Deshalb wurde auch die Konzept-
erstellung und energiewirtschaftliche Fachberatung in den Förderkanon aufgenommen.
Die aktuelle Sanierungsquote von Gebäuden von rund einem Prozent macht allerdings
deutlich, dass es mit der bisherigen Förderung nicht möglich sein wird, das Einsparziel
der Bundesregierung zu erreichen. Reflexartig werden auf Basis dieser Erkenntnis Auf-
stockung der Bundesmittel für die Investitionsförderung verlangt.
Persönliche Unterstützung
Bisherige Erfahrungen zeigen aber eine andere Proble-
matik auf. Der Knackpunkt liegt nämlich in erster Linie darin, die eher abwartenden
Privateigentümer von einer energetischen Sanierung zu überzeugen, damit sie die schon
bestehenden Fördertöpfe überhaupt in Anspruch nehmen. Doch die Unsicherheiten
der Privateigentümer lassen sich nicht durch eine energiewirtschaftliche Fachberatung
beseitigen. Vielmehr braucht diese Zielgruppe persönliche, eventuell auch finanzielle
Unterstützung, empfinden doch viele Eigentümer die Antragstellung von Fördermitteln
als kompliziert. Sinnvoll wäre deshalb die Einrichtung eines wirklichen Sanierungslot-
sen für Immobilieneigentümer. Er könnte eine Vielzahl von Aufgaben übernehmen, die
direkt auf die Privateigentümer ausgerichtet sind: etwa das Investitionsinteresse wecken
und bei der Auswahl von Energieberatern, Architekten und Ingenieuren unterstützen.
Auch die Hilfe bei der Beantragung von Fördermitteln und der Erfüllung von Berichts-
pflichten würden dazu zählen. Dies geht weit über die derzeit zu leistenden Aufgaben
des Sanierungsmanagements im Rahmen des KfW-Programms „Energetische Stadtsa-
nierung“ oder des Energieberaters hinaus.
Öffentliche Mittel einsetzen
Da nicht zu erwarten ist, dass Immobilieneigentümer
bereit sind, für entsprechende Leistungen eines Sanierungslotsen zu zahlen, müsste
die Aufgabe öffentlich getragen werden. Die Finanzierung ist durch die zusätzlichen
Steuereinnahmen einer erhöhten Sanierungsquote und die eingesparten gesamtgesell-
schaftlichen Kosten zu begründen. Mit der Einführung eines Sanierungslotsen bliebe es
nicht nur bei einem Appell an die Eigentümer, tätig zu werden. Vielmehr würden diese
„handfest“ von Personen unterstützt, die ein Eigeninteresse an Investitionen haben. Der
Deutsche Verband hat sich in seiner Arbeitsgruppe „Energie, Immobilien und Stadt-
entwicklung“ intensiv mit der Rolle eines Sanierungslotsen auseinandergesetzt. Künftig
wird er diese Idee weiter konkretisieren, umzu einer erhöhten Sanierungsrate und damit
zum Erreichen der Klimaziele beizutragen.
Axel Vogt, Leiter Immobilienkunden bei der
Investitionsbank Schleswig-Holstein, Kiel;
Schatzmeister Deutscher Verband
Um Privateigentümer zu
aktivieren, ihre Gebäude
energetisch aufzuwerten,
ist eine umfassende Beratung
und Begleitung notwendig.
Der Deutsche Verband fordert
„Sanierungslotsen“.
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Axel Vogt, Kiel
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