NEUBAU UND SANIERUNG
20
7|2019
und Nutzungskonzept zu 70% und der gebotene
Kaufpreis zu 30% in die Bewertung einfließen.
Das Punktesystem, nach dem letztendlich ver-
fahren wird, ist allerdings etwas komplizierter:
„In Hamburg kann man insgesamt 1.000 Punkte
bekommen, bis zu 700 für inhaltliche Kriterien
des Konzepts, etwa soziale und energetische
Qualitäten, und bis zu 300 Punkte für den Preis“,
erklärt Seeger.
Und woher wissen Interessenten, wie viel sie
bieten müssen, um den Zuschlag zu bekommen?
„Den Preis kennt kein Bieter“, erklärt Seeger.
„Wir haben uns vor der Bewerbung schlicht zu-
sammengesetzt
und
gerechnet, was wir uns
leisten können, die öf-
fentlichen Bodenricht-
wertkarten angesehen,
unsere Gewerbepartner
gefragt, wie viel Miete
sie nach heutigemStand
für die Fläche bezahlen wollen. Dann haben wir
die wahrscheinlichen Erträge bei den Wohnungs-
mieten dazugezählt und die geplanten Baukosten
gegengerechnet. Das haben wir dann in einer Art
vereinfachten Ertragswertrechnung hochgerech-
net – die Basis für die Abgabe des Kaufpreisange-
bots an die Stadt“, so Seeger.
Fazit und Ausblick
Derzeit befinden sich über 120 Wohnungen bei
der dhu im Bau. Dazu kommt ein Projekt mit 109
geförderten Wohnungen im Stadtteil Lokstedt,
das nach den Kriterien der Hamburger Konzept-
vergabe, mit dem die Stadt seit 2010 arbeitet,
entsteht. „Die Erfahrungen haben gezeigt, dass
mit der Abkehr vom Höchstgebotsverfahren die
wohnungspolitischen Ziele besser erreicht werden
können. Die architektonischen, städtebaulichen
und sozialen Anforderungen können passgenau
für das jeweilige Grundstück erstellt werden“,
so Barbara Ketelhut, Sprecherin der Behörde für
Stadtentwicklung und Wohnen.
Interview mit Frank Seeger
„Eine Art Pokerspiel mit verkapptem
Höchstpreisverfahren“
Im Interview mit dem dhu-Vorstand geht es um Vorschläge, das
Konzeptverfahren zu verbessern, um u.a. Bauherren bessere
Planungssicherheit in der Konzepterarbeitung und der notwendigen
Wirtschaftlichkeitsprüfung zu geben.
Ist die Konzeptvergabe ein erfolgverspre-
chender Weg für die Schaffung preiswerten
Wohnraums?
Kostengünstiges Bauen funktioniert meiner An-
sicht nach mit der aktuellen Form der Konzept-
vergabe nicht. Einerseits, weil wir den Preis,
den die Stadt haben will, nicht kennen und auch
nicht wissen, was die anderen Interessenten bie-
ten. Deshalb müssen wir taktieren. Bieten wir zu
wenig, bekommen wir zu wenig Punkte, die wir
dann über den Konzeptentwurf aufholenmüssten.
Das ist aber ebenfalls eine Unbekannte. Gehenwir
zu hoch ran, gefährden wir den wirtschaftlichen
Erfolg des Projekts bzw. bauen zu teuer. Letztlich
läuft es dann doch auf eine Art Pokerspiel mit ver-
kapptem Höchstpreisverfahren hinaus.
Kritiker bemängeln, dass es keine eindeuti-
gen Kriterien für die inhaltliche Qualität gibt
und das ganze Verfahren intransparent ist.
Das ist richtig. Wer bauen will, braucht die Kar-
ten auf dem Tisch. Bauen ist ohnehin unheimlich
kompliziert geworden, die Verfahren langwierig.
Dazu kommen Baupreissteigerungen, steigen-
de Erschließungskosten, zahllose Auflagen für
Brandschutz, Lärmschutz und die energetischen
Vorgaben, die ja auch für das preiswerte Segment
gelten.
Wie müsste das Verfahren denn ausgestattet
sein, um zu funktionieren?
Wir haben der Hamburger Senatorin für Stadt-
entwicklung und Wohnen, Dr. Dorothee Stapel-
feldt, vorgeschlagen, das Konzept nachzuarbei-
ten. Wenn man weiß, was das Grundstück kostet,
kannman rechnen, obman zu demPreis einsteigen
kann.
Dann könnten Bauherren auch viel mehr Wert
auf die Konzeptqualität legen, den Nutzen für die
Bewohner und das Quartier. Denn dafür sind Ge-
nossenschaften ja prädestiniert. Preiswert baut
man dann aber noch lange nicht.
Wie viel regiert die Stadt bei der Konzeptver-
gabe in die Planungen hinein?
Genau genommen will da jeder mitreden. Die Be-
hörde will das Verfahren und nennt sofort eine
Reihe von Vorgaben. Dann kommt der Bezirk
und hat Wünsche, die zur Bezirkspolitik passen.
Weitere Protagonisten haben gute Gründe, dies
und das zu fordern, und wenn es die Außenwand
mit vertikaler Begrünung ist. Dieses „Wünsch
Dir was“, so legitim es sein mag, steht aber dem
kostengünstigen Bauen entgegen. Gefühlt ist bei
jeder Konzeptvergabe dann doch der Leuchtturm
gewollt und nicht das preiswerte Modell.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die Fragen stellte Sabine Richter.
Laut Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen gab es
in Hamburg 2017 und 2018 über 40 Konzeptausschrei-
bungen für ca. 3.600 Wohnungen. Damit soll Hamburg
bundesweit Vorreiter sein.