DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 7/2019 - page 21

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werden. Dazu werden die Grundstücke Abschnitt
für Abschnitt ausgeschrieben und auf Grundlage
von Anforderungen der Stadt vergeben. Für das
Baufeld 4a, ein 6.154 m
2
großes Grundstück, hat
die Baugenossenschaft dhu eG im Juni 2018 den
Zuschlag von der Stadt bekommen. ImNovember
2018 wurde als Teil der Ausschreibung ein Archi-
tekturwettbewerb ausgelobt und sechs Büros
eingeladen. Am26. März 2019 wurde der Sieger­
entwurf in der Preisgerichtssitzung prämiert – er
stammt vom Hamburger Büro knbk Architekten,
die dafür ein Preisgeld von 30.000 € erhielten.
Mischung aus Gewerbe und Wohnen
In einem 4- bis 5-geschossigen U-förmigen Ge-
bäuderiegel will die Genossenschaft eine vielsei-
tige Mischung aus Wohnen (35%) sowie Büro und
Gewerbe (65%) im KfW-40-Standard errichten.
Geplant sind 40 barrierefreieWohnungen, zumeist
mit 2 bis 3 Zimmern, 57% davon sollen öffentlich
gefördert und mit einer Mietpreisbindung von 30
Jahren erstellt werden. Jede Wohnung soll mit
Balkon, Loggia oder Terrasse sowie einem Kel-
lerraum ausgestattet werden. Für die geförder-
ten Wohnungen kalkuliert die dhu 6,50 €/m
2
,
die frei finanzierten nach aktueller Planung mit
8,50 €/m
2
.
Darüber hinaus plant die dhu mit ihrem Koope-
rationspartner Arbeiterwohlfahrt (AWO) zehn
Cluster-Wohnungen für junge Ein-Eltern-Famili-
en. Hier werden schwangere Frauen, jungeMütter
und Väter ab 16 Jahren bei der Versorgung und
Erziehung ihrer Kinder sozialpädagogisch betreut.
DieWohnungen sindmit einer Pantryküche ausge-
stattet, die Bewohner können aber auch eine Ge-
meinschaftsküche sowie einen Aufenthaltsraum
für das gemeinsame Essen nutzen. Imersten Ober-
geschoss gibt es einen Zugang auf das begrünte
Dach mit der Kinderspiel- und Freizeitfläche.
Neue Geschäftsstelle
Auf demBaufeld 4a wird auch die neue Geschäfts-
stelle der Genossenschaft entstehen. Neben den
Geschäftsräumen ist im3. Obergeschoss des Mit-
telflügels ein Gemeinschaftsbüro für kleinere Un-
ternehmen, Vereine und Existenzgründer vorgese-
hen. Diese können in dieser Sharing-Office-Etage
einen oder mehrere Büroräume anmieten und sich
die Infrastruktur, Küche, Sanitärräume, Bespre-
chungsräume sowie Bürotechnik, nach Bedarf
teilen. Erste potenzielle Nutzer für die Gemein-
schaftsbüros sind die Interessengemeinschaft
Fuhlsbütteler Straße als Partner und Schnitt-
stelle im Quartier und der Nachbarschaftsverein
e-Mobilität. Das Deutsche Rote Kreuz e.V. möchte
in Kooperationmit der dhu Diensträume für einen
ambulanten Pflegedienst imGewerbebau einrich-
ten. Auf 100 m
2
sollen dieMitarbeiterbüros für die
ambulante Pflege von Klienten aus dem Umfeld
untergebracht werden. Die Genossenschaft plant
hier einen Veranstaltungsraum mit Pantryküche
und WC-Räumen für die eigenen Gremiensitzun-
gen, der auch von Mietern der Gemeinschaftsbü-
ros und den umliegenden Nachbarschaften ge-
nutzt werden kann. Damit will die Genossenschaft
die Vernetzung im Quartier fördern.
Für die Gewerbeflächen sieht das Nutzungskon-
zept imErdgeschoss Flächen für einenSupermarkt,
einen Drogeriemarkt, einen Bäcker mit Sitzbereich
und einen Kiosk vor. Als Kooperationspartner wur-
den bereits ein Rewe Supermarkt und ein Droge-
riemarkt gewonnen. Für die Gewerbeflächen hat
die dhu eine durchschnittlicheMiete von 14 €/m
2
angesetzt. Nach Ende des 1-jährigen Anhandga-
bezeitraums soll das Projekt von der dhu so weit
entwickelt sein, dass der Grundstückskaufvertrag
geschlossen wird. „Einiges muss noch nachgear-
beitet werden, da der Entwurf der Architekten in
Teilen von unserer Auslobung abweicht“, erklärt
Frank Seeger, Vorstand der dhu. ImFrühjahr 2020
soll Baustart sein, in vier Jahren soll das Projekt
dann stehen.
Grundstückspreis fließt nur zu 30% ein
Das Grundstück hat die Stadt Hamburg der dhu
nach der sog. Konzeptvergabe an die Hand gege-
ben. Nach dieser Matrix sollten Architektur
Straßenansicht in der
Visualisierung: Zum Kon-
zept der dhu gehört eine
Mischnutzung aus
35% Wohnen und 65%
Gewerbe
Quelle der Abbildungen: dhu
Die Realisierung von kostengünstigem Wohnraum stellt in vielen Kommunen eine der
größten und schwierigsten Aufgaben dar. Dabei sind die explodierenden Baulandpreise
eine der größten Hürden für den bezahlbaren Wohnungsneubau.
Bei dem derzeitigen geringen Angebot an Bauflächen wird es immer schwieriger, durch
Bieterverfahren einen Grundstückspreis zu erzielen, der preisgünstigen Wohnraum
überhaupt zulässt. Meist können aufgrund des Überbietungswettbewerbs der Käufer von
Grundstücken nur hochpreisige (Eigentums-)Wohnungen entstehen.
Im Zuge des Drucks auf die Wohnungsmärkte haben sich bei der Vergabe kommunaler
Grundstücke in den letzten Jahren Alternativen zum Bieterverfahren entwickelt. Dabei
wird die Liegenschaft nicht nach dem Höchstpreis vergeben, sondern nach dem Konzept,
das die nachhaltigsten Ansätze zur Weiterentwicklung des Quartiers anbietet.
Mit der sog. Konzeptvergabe können unterschiedliche Ziele befördert werden. Zum einen
kann mit der Vergabe der Grundstücke nach diesem Verfahren ein Bieterwettbewerb
ausgeschlossen werden. Damit wird verhindert, dass die Interessenten sich in einem
Preiskampf überbieten und somit den Grundstückspreis in die Höhe treiben. Zum anderen
können die Zielsetzungen der Gemeinden insbesondere im Hinblick auf bezahlbares bzw.
gefördertes Wohnen, aber auch auf andere Themen wie Nachhaltigkeit, Mobilität, soziale
Mischung, Architektur und örtliche Belange langfristig gesichert werden. Mit der Kon-
zeptausschreibung erhalten auch kleinere Akteure am Wohnungsmarkt eine Chance zur
Baulandentwicklung, die sich den Gemeinwohlzielen der Kommunen verpflichtet fühlen
und in einem Bieterverfahren keine Chance hätten.
KONZEPTVERGABE: ALTERNATIVE ZUM BIETERVERFAHREN
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