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4|2019
„Die Kalkulation der Instandhaltungskosten ge-
hört zu den schwierigeren Aufgaben bei der Er-
mittlung der Aufwendungen, die durch die Miete
zu decken sind.” Dieses Zitat aus dem Handbuch
über Kosten und Wirtschaftlichkeit in der Woh-
nungswirtschaft1 aus dem Jahr 1953 zeigt, dass
die Thematik ein Dauerthema ist. Und zu Recht,
denn 30 ct von je 1 € Mieteinnahmen wenden die
Wohnungsunternehmen für die Instandhaltung
auf. Der wertorientierten Planung und Kontrolle
der Instandhaltungskosten kommt damit eine
besondere Bedeutung zu.
Weitere Anwendungsgebiete, bei denen verläss-
liche Kennzahlen für Instandhaltungskosten be-
nötigt werden, sind die Investitionsrechnung und
die Immobilienbewertung. Bei beiden Methoden
müssen Instandhaltungskosten in die Zukunft
prognostiziert werden. Damit haben Instandhal-
tungskosten sowohl Einfluss auf die Wirtschaft-
lichkeit von Neubau- und Bestandsinvestitionen,
als auch auf die Höhe des Immobilienwertes.
Bei der bilanziellen Betrachtung der Instandhal-
tungskosten stellt sich die Frage, ob Erhaltungs-
aufwand oder aktivierungspflichtige Herstel-
lungskosten vorliegen. Eine Aktivierungsrichtlinie
hilft hier für eine sachgerechte Zuordnung der
Instandhaltungskosten.
Was ist das optimale Budget für
Investitionen in den Bestand?
Diese Frage stellte sich eine Arbeitsgruppe der
Arbeitsgemeinschaft großer Wohnungsunter-
nehmen (AGW) unter dem Vorsitz von Manfred
Bestandsmanagement in der Wohnungswirtschaft
Strategien – Prozesse – Lösungen
Um den Wert von Immobilien langfristig zu sichern, sind Investitionen in den Bestand erforderlich.
Aber in welcher Höhe sind diese Investitionen wirtschaftlich notwendig bzw. sinnvoll? Derzeit gibt es
für die Wohnungswirtschaft keine einheitlichen Kennzahlen zur Instandhaltung, die in homogener
Qualität und hoher Validität als allgemeingültige Benchmarkwerte zur Verfügung stehen.
THEMA DES MONATS
ENERGIE UND TECHNIK
zwar kurzfristig zu einer Ergebnisverbesserung
führen, langfristig wirken sich diese aber negativ
aus. Auch erhöhte technische Anforderungen an
Wohngebäude haben Einfluss auf zukünftige In-
standhaltungskosten.
Betriebswirtschaftliche Analyse
Im Rahmen von Finanzierungs-, Bewertungs- und
Bilanzierungsbetrachtungen vonMietwohngebäu-
den wird üblicherweise von einem Lebenszyklus
von 50 bis 80 Jahren ausgegangen. Daraus folgt,
dass die Lebensdauer einer Immobiliemit 50 Jahren
eine jährliche Wertminderung von 2% erfährt (bei
80 Jahren 1,25%). UmdieserWertminderung ent-
gegenzuwirken, sind Investitionen in den Bestand
mindestens in Höhe der Abschreibungen erforder-
lich, wobei sich dieNutzungsdauer bei Modernisie-
rungen über die 50 Jahre hinaus verlängert.
Aktuelle Studien gehen von einer wesentlich
kürzeren Nutzungsdauer aus. Aufgrund der ver-
schärften energetischen Anforderungen werden
anteilig immer mehr komplexe technische Anla-
gen verbaut. Durch diese Anteilsverschiebungen
bei den Bauwerkskosten hat sich die mittlere
Nutzungsdauer im modernen Wohnungsbau auf
36 Jahre reduziert. Die Höhe der Abschreibun-
gen lag bei den GdW-Unternehmen in 2017 bei
16,32 €/m
2
Wohnfläche.
Analyse der Regelungen der
II. Berechnungsverordnung (II. BV)
In der Praxis wird bei der Frage nach der Höhe
der Instandhaltungskosten häufig auf die II. BV
verwiesen. Die Instandhaltungskostenpauschale
ist indexiert und wird alle drei Jahre anhand der
Entwicklung des Verbraucherpreisindexes ange-
passt. Aktuell liegen die Werte zwischen 8,78
und 14,23 €/m
2
Wohnfläche. Nach der II. BV sind
Instandhaltungskosten die Kosten, die während
WP Christian Gebhardt
Referatsleiter Betriebswirtschaft,
Rechnungslegung und Förderung, GdW,
Vorstand GdW Revision AG,
Berlin
Sydow bereits im Jahr 2012. Dabei wurden fol-
gende Denkansätze zu Herleitung eines Investi-
tionsbudgets betrachtet.
Retrospektive Analyse
Die retrospektive Analyse betrachtet die Investi-
tionen in Instandhaltung und Modernisierung in
der Vergangenheit.
In Summe haben die GdW-Unternehmen rund
16,20 €/m
2
Wohnfläche für Instandhaltung und
Instandsetzung im Jahr 2017 ausgegeben.
Fraglich ist, ob eine vergangenheitsbezogene Be-
trachtung verlässliche Daten für eine zukünftige
Budgetierung der Instandhaltungskosten liefert.
Beeinflusst werden die Zahlen zum einen durch
den technischen Zustand der Gebäude, aber auch
durch strategische Entscheidungen. So können
Einsparungen bei den Instandhaltungskosten
Nach DIN 31051 setzt sich die Instand-
haltung aus drei Teilbereichen zusammen.
Sie umfasst sämtliche Maßnahmen zur
Bewahrung des Soll-Zustands (Wartung),
zur Wiederherstellung des Soll-Zustands
(Instandhaltung) sowie zur Feststellung
und Beurteilung des Ist-Zustandes (Inspek-
tion) der Wohngebäude.
Davon abzugrenzen sind bauliche Maßnah-
men, die den Gebrauchswert der Gebäude
nachhaltig erhöhen, die allgemeinen
Wertverhältnisse auf Dauer verbessern
oder nachhaltige Einsparungen von Ener-
gie und Wasser bewirken. Diese werden als
Modernisierung bezeichnet.
DEFINITION INSTANDHALTUNGS-
KOSTEN NACH DIN 31051