Die Wohnungswirtschaft 4/2019 - page 28

NEUBAU UND SANIERUNG
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4|2019
Ausstattung: Materialien statt Farben
Der Neubau, den das Friedrichshafener Architek-
turbüro Hildebrand + Schwarz geplant hat, ist
energieeffizient und genügt modernen Ansprü-
chen. Vor allem ist es gelungen, trotz der Vielzahl
an Bewohnern eine Wohlfühlatmosphäre in dem
Haus zu schaffen. Das über alle Geschosse offe-
ne Foyer bietet üppige Lufträume. Ganz bewusst
wurde nicht auf Farben, sondern auf Materialien
Wert gelegt: Die Fassaden werden von gebrann-
ten Klinkern, großformatigen Natursteinplatten
und einer Kupferbekleidung geprägt. In Foyer und
Treppenhaus setzt sich dieser Ansatz fort, hier ist
Porphyr verlegt.
Aber natürlich wird das Haus den Ansprüchen
seiner Bewohner auch aus einer funktionalen
Perspektive gerecht: Es hat einen Aufzug, 19
extrabreite Stellplätze für Autos und 19 für Fahr-
räder in der Tiefgarage. Hinzu kommt der große
Garten, den alle Mieter im Haus nutzen können.
Er bietet nicht nur eine hohe Aufenthaltsquali-
tät, sondern lädt die Senioren zur Gartenarbeit
ein. Einzelne (Hoch-)Beete sind unterfahrbar
gebaut, sodass man sich nicht immer bücken
muss und auch Rollstuhlfahrer im Beet arbeiten
können. Neben Kräutern, Gemüse und Obst, das
die Hausbewohner ernten können, sorgt u.a. eine
Wildblumenwiese für Wohlgerüche mitten in der
Stadt. Eine Wasserpumpe und ein Wassertrog,
Bänke zum Verweilen sowie eine Rosenpergola
ergänzen das Konzept.
6,5Mio. € hat die SWG in das „Haus Vitalis“ inves-
tiert, das den älteren Mietern des kommunalen
Unternehmens – sowohl aus bautechnischer als
auch konzeptioneller Sicht – ein selbstbestimmtes
Leben in den eigenen vier Wänden ermöglicht.
Blick in das Foyer: Alle Stockwerke sind über einen Aufzug zu erreichen
Das neue Seniorenhaus in der Frontansicht: Auf drei Geschossen
sind 1.650 m2 Wohnfläche entstanden
1
Wohnwünsche im Alter, tns Emnid, 2011
Anzahl Wohneinheiten:
Neun Wohnungen
plus drei WGs mit 18 Appartements
Wohnfläche gesamt:
1.650m
2
Überbaute Grundfläche:
820 m
2
Umbauter Raum:
11.620m
2
Miete:
10 €/m
2
Finanzierung:
Eigenmittel sowie Bank­
darlehen inkl. KfW-Mittel
Grundstücksgröße:
2.000m
2
Gesamtkosten:
6,5 Mio. €
Architekten:
Hildebrand + Schwarz, Friedrichshafen
Kooperationspartner:
Bruderhaus Diakonie Reutlingen
ECKDATEN DES PROJEKTS
eigeneMini-Küche. Gemeinsam stehen allen sechs
Bewohnern auf über 90 m
2
ein großzügiges, nach
ihren Vorstellungen eingerichtetes Wohnzimmer
und eine komplett ausgestattete Küche samt Ess-
ecke zur Verfügung. Ein Hauswirtschaftsraumund
ein Gäste-WC komplettieren das Angebot. „Be-
wirtschaftet“ wird die Wohnung von allen sechs
Bewohnern, die eine kleine Gesellschaft (GbR)
bilden und nach dem Mehrheitsprinzip Entschei-
dungen treffen, die alle angehen. Während die
Mieter der WG „Seeperlen“ und „Windrose“ ohne
jegliche Betreuungsleistung ihr Leben meistern,
sind die Bewohner der WG „Irisblüte“ in der Mehr-
zahl bereits pflegebedürftig – der eine mehr, die
andere weniger. Hier profitiert die Wohngemein-
schaft von einem WG-Zuschlag, den die Pflege-
kassen seit 2017 zahlen, wenn mindestens drei
der WG-Bewohner Pflegegeld erhalten. Mit dem
„WG-Bonus“ pauschal von 214 € pro Person zahlt
die WG eine Alltagsbegleiterin, die drei Stunden
täglich nicht nur hauswirtschaftliche Unterstüt-
zung anbietet, sondern für ein reges Miteinander
in der Wohngemeinschaft sorgt.
Komplettiert wird das „Haus Vitalis“ von einer
Tagespflegeeinrichtung, die die Bruderhaus Dia-
konie Reutlingen betreibt. Hier werden tagsüber
15 Gäste vor allem mit gerontopsychiatrischem
Pflegebedarf betreut. Die Tagespflege bietet ei-
nerseits die Öffnung des Hauses nach außen, sorgt
intern aber gleichzeitig für eine starke personelle
und fachliche Präsenz. Sie wird auch von Bewoh-
nern des Hauses genutzt, die einen höheren Be-
treuungs- und Unterstützungsbedarf haben – eine
ideale Ergänzung.
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