DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4/2018 - page 51

Dr. Axel Tausendpfund, Vorstand/Verbandsdirektor, Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft e.V.,
Frankfurt am Main
Vom Reden allein werden keine Wohnungen gebaut
Vor uns liegt eine gewaltige Anstrengung. Diese können wir nur meis-
tern, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen sich zusammentun. In
Hessen haben wir nach Prognosen des für uns zuständigen Umwelt-
ministeriums einen jährlichen Neubaubedarf von rund 37.000 Woh-
nungen bis zum Jahr 2020. Tatsächlich fertiggestellt werden aber nur
20.000 Einheiten. Wir haben also ein riesiges Delta. Allerdings ist wie
in vielen anderen Bundesländern auch in Hessen der Wohnungsmarkt
ausgesprochen heterogen. Einerseits gibt es die Hotspots, insbesondere
das Rhein-Main-Gebiet, also Frankfurt und sein Umland. Andererseits
bekommen Sie im Werra-Meißner-Kreis eine wunderschöne Villa mit elf
Zimmern für 180.000 €. Dafür gibt es in Frankfurt vielleicht gerade so
eine 2-Zimmer-Wohnung. Auch in Rheinland-Pfalz unterscheiden sich
die Wohnungsmärkte stark: Die Rheinschiene mit Städten wie Mainz,
Speyer und Ludwigshafen boomt. Dort ist der Wohnungsbedarf höher
als das Angebot. Der Westerwald und die Westpfalz hingegen haben
eher mit rückläufigen Bevölkerungszahlen und Leerstand zu kämpfen.
Die Beispiele zeigen, dass wir unterschiedliche Lösungen brauchen, um
den Problemen wirksam zu begegnen.
Die meisten Wohnungen, die in den Hotspots gebaut werden, entstehen
im hochpreisigen Segment. Mittlerweile werden dort teils Preise zwi-
schen 6.000 und 7.000 €/m
2
aufgerufen.
Erstaunlicherweise finden sie auch Käufer
– der Markt dafür ist also offensichtlich
vorhanden. Bezahlbare Mietwohnungen
bauen fast ausschließlich unsere Unter-
nehmen, also die kommunalen Gesell-
schaften, die Genossenschaften und die
kirchlichen Unternehmen.
Um mehr bezahlbaren Wohnraum in den
Ballungszentren zu schaffen, brauchen
wir in Hessen und Rheinland-Pfalz in erster Linie mehr Grundstücke.
Wir werden dabei nicht darum herumkommen, wieder auf der grünen
Wiese Bauland auszuweisen. Denn Nachverdichtung ist zwar sinnvoll
und wichtig, kann aber allein den Bedarf nicht abdecken.
Was wir hingegen nicht brauchen, sind noch mehr Vorschriften. Trotz-
dem haben wir bei der Novellierung der hessischen Bauordnung die
Erfahrung gemacht, dass nicht etwa Vorschriften gestrichen worden
sind, sondern dass manche Anforderungen im Gegenteil noch höher
geschraubt worden sind. Gleichzeitig wurde eine Chance verpasst, mit
dem Instrument des Bauordnungsrechts das Bauen wieder einfa-
1...,41,42,43,44,45,46,47,48,49,50 52,53,54,55,56,57,58,59,60,61,...76
Powered by FlippingBook