Was heißt eigentlich bezahlbares Wohnen?
Europaweit hat man sich darauf geeinigt,
dass eine Warmmiete dann als bezahlbar
gilt, wenn sie ein Drittel des verfügbaren
Haushaltseinkommens nicht überschreitet.
Nun sind hohe Preise i. d. R. ein Signal für
ein zu knappes Angebot. Eigentlich müssten
wir in erster Linie über eine Ausweitung des
Angebots reden. Alles, was an den richtigen
Orten in den richtigen Marktsegmenten für
Angebotsausweitung sorgt, ist per se erst einmal gut – sowohl im Miet-
als auch im Eigentumssegment. Ich betone das ausdrücklich, auch wenn
unsere Unternehmen originär für den Bau von Mietwohnungen stehen.
Wohnungen müssen allerdings auch bezahlbar sein. Eine Analyse, die wir
bei Prognos in Auftrag gegeben haben, zeigt, wie groß im Neubau die
Differenz ist zwischen der Miete, die als bezahlbar gelten kann, und der
Miete, welche die Unternehmen aufgrund der hohen Grundstückspreise
und Baukosten verlangen müssen. In Berlin z.B. beträgt dieser Unterschied
mittlerweile fast 6 €/m
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Dabei gibt es unterschiedliche Kostenblöcke. Die wichtigsten sind das
Grundstück, das eigentliche Wohngebäude und Zusatzanlagen wie Stell-
plätze. Um beim Grundstück anzufangen: Von 2011 bis 2016 sind die
Baulandpreise in denjenigen Regionen, in denen wir am meisten bauen
müssen, um über 40% gestiegen. Bei dieser Preissteigerung kann kein
günstiger Wohnraum mehr entstehen. Deshalb ist nicht nur der Bund, son-
dern sind auch die Länder und Kommunen gefordert, ihre Grundstücke
nicht nach dem Höchstgebot zu vergeben. Es gibt zwar immer mehr Kon-
zeptausschreibungen. Aber eine Konzeptausschreibung ist nicht per se gut,
sondern nur dann, wenn sie tatsächlich zu günstigen Mieten führt.
Selbst wenn es gelingt, Bauland zu aktivieren, gibt es ein weiteres Hin-
dernis: die Planungskapazität. Zwischen 1990 und 2015 sind in den Pla-
nungsämtern der Kommunen 40% des Personals abgebaut worden. Jetzt
wollen die Kommunen die Planungsämter zwar wieder aufstocken, aber so
schnell bekommen sie die Stellen gar nicht besetzt. Auch scheuen sich viele
Kommunen, eigenes Personal einzustellen, weil sie nicht wissen, ob sie
dieses wirklich langfristig brauchen. Hier ist es eine Überlegung wert, über
Pooling nachzudenken, wie es in Nordrhein-Westfalen geschieht.
Beim Gebäude selbst sind die Maßnahmen zur Energieeinsparung und die
Vorgaben zur Barrierefreiheit die hauptsächlichen Kostentreiber. Bei der
Energieeffizienz liegt die Lösung darin, nicht noch strengere Anforderun-
gen an die Gebäudehülle zu stellen und damit die Kosten weiter in die Höhe
zu treiben, sondern stattdessen eine dezentrale, C0
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-arme Energieerzeu-
gung voranzutreiben, die sowohl für den Verbraucher als auch für den
Klimaschutz wesentlich günstiger ist.
Wir müssen auch über den Bestand sprechen. Er soll nach dem Willen der
Politik energetisch saniert und altersgerecht umgebaut werden. Beide
Anforderungen lassen sich aber nur dann erfüllen, wenn sie wirtschaftlich
und sozial verträglich sind. Momentan gehen die Anforderungen weit darü-
ber hinaus. Beim altersgerechten Umbau sollten sich deshalb die Kranken-
und Pflegekassen stärker an der Finanzierung beteiligen.
Unter dem Strich sind alle gefordert. Die Wohnungswirtschaft muss beim
Bauen und Sanieren effizienter werden. Aber auch Länder, Kommunen und
Bund müssen Verantwortung übernehmen. Wir können es uns nicht mehr
leisten, über das Problem nur zu reden. Wir müssen gemeinsam handeln.
Axel Gedaschko, Präsident, GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., Berlin
Wir brauchen wieder ein starkes Bauministerium
Die Rahmenbedingungen für die Wohnungs-
wirtschaft sind momentan gut. Wenn wir
einmal von den strukturschwachen Regionen
absehen, so haben die Wohnungsunterneh-
men eine vergleichsweise gute Vermie-
tungssituation. Die Zinsen sind niedrig, und
vielerorts steht Kapital zur Verfügung. Damit
sind gute Voraussetzungen für Investitionen
in Neubau und Bestand gegeben.
Um die Investitionskraft und den Investiti-
onswillenabertatsächlichzuaktivieren,sindeinigeMaßnahmenerforderlich.
Die wichtigste Voraussetzung aus Sicht jedes Investors ist Verlässlichkeit.
Wenn sich die energetischen Anforderungen, die mietrechtlichen Vorgaben
oder andere Rahmenbedingungen permanent ändern, dann wird es für jeden
Investor schwierig, sein Investment – das in der Wohnungswirtschaft auch
immer ein langfristiges Investment ist – zu kalkulieren.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie es gelingen kann, neben kommuna-
len und genossenschaftlichen Unternehmen auch Dritte dafür zu begeistern,
in den Wohnungsbau zu investieren. Hier wäre es hilfreich, nicht jeden priva-
ten Investor, der mit seiner Investition natürlich einen Geschäftszweck ver-
folgt, zu stigmatisieren und ihm unredliche Motive zu unterstellen. Natürlich
sollte man aufpassen, dass die Investition nicht zulasten der Betroffenen
geht; aber grundsätzlich muss es nicht schlecht sein, wenn ein Investor ein
Eigeninteresse verfolgt. Wichtig ist es doch, die Wirtschaftlichkeit sicherzu-
stellen. Das ist auch eine Frage der Ansprüche, die wir ans Wohnen haben.
Ich will keinesfalls einer Billigbauweise das Wort reden, die zulasten des
Mieters geht. Aber wir haben nun einmal enorm hohe Anforderungen an die
Gebäudequalität, die dann zu Baukosten führen, die sich mit der Forderung
nach bezahlbaremWohnen nicht immer vereinbaren lassen.
Zu den Rahmenbedingungen gehört auch die Frage, wie schnell gebaut wer-
den kann. Lange Planungs- und Genehmigungsprozesse sind für jeden Inves-
tor – egal, ob es ein kommunales, ein genossenschaftliches oder ein privates
Unternehmen ist – ein Hindernis. Denn je länger sich dieser Prozess hinzieht,
desto teurer wird das Bauen. In diesem Zusammenhang muss auch die Frage
gestellt werden, ob wir wirklich so viele Vorschriften beim Bauen brauchen.
Nötig ist es aus meiner Sicht also, Rahmenbedingungen zu schaffen, die für
Investoren attraktiv sind. Mit Investoren meine ich nicht Spekulanten, son-
dern Bestandhalter, die eine langfristige, auskömmliche Rendite anstreben.
Thomas Ortmanns, Vorstandsmitglied, Aareal Bank AG, Wiesbaden
Investoren brauchen verlässliche Rahmenbedingungen
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4|2018
MARKT UND MANAGEMENT