DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 12/2017 - page 28

NEUBAU UND SANIERUNG
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12|2017
KZA stehen dem seriellen Bauen gerade im
Bereich Wohnungsbau/Nachverdichtung in
den Städten sehr positiv gegenüber. Worin
sehen Sie allgemein die Vorteile – für die
Bauherren, für die künftigen Bewohner, für
die Städte selbst?
Der modulare Wohnungsbau zeichnet sich durch
ein höheres Tempo aus, das allen Beteiligten zugu-
tekommt. Er ist damit ein gutes Mittel, der hohen
Nachfrage nach Wohnraum gerecht zu werden.
Nicht nur Bauherren, sondern auch Nachbarn pro-
fitieren von der kurzen Bauzeit. Sie erklärt sich
dadurch, dass die Vorproduktion der Module in der
Halle stattfindet. Das geringe Gewicht der Module
macht sich außerdem gerade bei Aufstockungen
positiv bemerkbar. Bestehende Quartiere lassen
sich auf dieseWeise in kurzer Zeit nachverdichten.
Serielles Bauen hat leider immer noch
ein Imageproblem: Wie begegnen Sie als
Architekten dem Vorwurf, modulares Bauen
sei „Container-Architektur“ oder der „neue
Plattenbau“?
Anders als diese Vorurteile suggerieren, sieht unser
Konzept nicht das eine Musterhaus vor, das land-
auf, landab gebaut wird. Vielmehr habenwir einen
Wohnungsbaukasten konzipiert, aus demman die
unterschiedlichsten Gebäudetypologien entwi-
ckeln kann. Auch die Fassade jedes Hauses lässt
sich individuell anpassen. Die Angst vor Gleichför-
migkeit ist somit aus unserer Sicht unbegründet.
Wie wichtig ist für Sie der Aspekt der Nach-
haltigkeit beim seriellen Bauen?
Nachhaltigkeit hat für uns bei jedemProjekt einen
hohen Stellenwert. Der Stahlmodulbau bietet hier
den Vorteil, dass sich Gebäude komplett demon-
tieren und an anderer Stelle neu errichten lassen.
Dabei kann die Beplankung bestehen bleiben, die
Module lassen sich aber auch auf ganz neueWeise
zusammensetzen.
Welche Kriterien machen aus Ihrer Sicht
Modulbau besonders wirtschaftlich?
Der hohe Grad der Vervielfältigung trägt maß-
geblich zur Wirtschaftlichkeit von Projekten bei:
Durch die Herstellung der Elemente in Serie sinken
die Kosten.
Was schätzen Sie an der hier verwendeten
Stahlmodulbauweise ammeisten?
Neben den Vorteilen der Leichtbauweise schätzen
wir vor allem die Offenheit des Systems: Obwohl
bestimmte Modulabmessungen wirtschaftlicher
sind als andere, kann man viele Projektparameter
individuell entwickeln und bleibt somit flexibel.
Damit ein Projekt gelingt, ist aber auch die Zusam-
menarbeit der Beteiligten entscheidend. Hier haben
wir Alho als guten Projektpartner kennengelernt.
Sie haben für Vonovia die neue Wohnanlage
in der Imigstraße in Dortmund realisiert.
Welche Besonderheiten gab es jeweils hin-
sichtlich des Entwurfs, des Raumprogramms
und der Vorgaben durch den Bauherrn?
Eine Herausforderung beim Projekt in Dortmund
bestand darin, dass das Gebäude nicht unterkellert
werden sollte. Diese Vorgabe haben wir umge-
setzt, indem die Abstellräume in die Wohnungen
integriert wurden. Außerdem sollten unterschied-
liche Mietergruppen angesprochen werden. Das
haben wir durch einen breit gefächerten Woh-
nungsmix geschafft, der auch rollstuhlgerechten
Wohnraum beinhaltet – vor dem Hintergrund der
Grundstücksabmessungen in einer sehr kompak-
ten Hülle und zu einem wirtschaftlichen Preis.
Wie lief die Zusammenarbeit hinsichtlich der
Planung und Bauausführung ab?
Sehr gut. Der Kontakt war sehr eng: Wir haben
uns schon in einem frühen Planungsstadium
wöchentlich zu einer Besprechung mit allen Pro-
jektbeteiligten getroffen. Damit konnte eine gute
Bauausführung gewährleistet werden.
Welche Detaillösungen konnte der Hersteller
beim Projekt Dortmund Imigstraße bieten?
Da fallenmir spontan die Balkone ein. Sie konnten
jeweils mit einemZwei-Stützen-System realisiert
werden, wo sonst bei der Vonovia standardmäßig
vier Stützen zum Einsatz kommen.
Worin unterscheiden sich Planungsabläufe
für Wohnanlagen in Modulbauweise von
konventionell errichteten Gebäuden? Wo
profitiert der Architekt?
Anders als bei konventionell errichteten Gebäu-
den sind die Module vom Prinzip immer gleich
aufgebaut, sodass auch die Herangehensweise an
Projekte stärker standardisiert ist. Das macht ei-
nen früheren Austausch sinnvoll. Als Architekten
haben wir grundsätzlich den Anspruch, Lösungen
und Details zu entwickeln, die prägend für ein
Gebäude sind. Diese Möglichkeit haben wir in be-
stimmtem Maße auch beim Modulbau: Trotz der
in weiten Teilen vorgegebenen Standardisierung
müssen die Gebäude nicht ihre Einzigartigkeit
verlieren – weder städtebaulich noch architek-
tonisch. Wir nennen es gerne „Individualität in
Serie“.
Vielen Dank für das Interview.
Die Fragen stellte Iris Darstein-Ebner.
Interview mit Nina Bendler
„Wir nennen es Individualität in Serie“
Immer mehr Architekturbüros befassen sich mit seriellem Wohnungsbau.
So auch Koschany + Zimmer Architekten (KZA) aus Essen. Für Vonovia,
das größte deutsche Wohnungsunternehmen, konzipierte und realisierte
KZA mit dem Hersteller Alho ein Projekt in Stahlmodulbauweise. Nina Bendler,
Architektin, Direktorin und Prokuristin bei KZA, zur Bauweise und zur
Zusammenarbeit.
Quelle: Ingo Rappers
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