NEUBAU UND SANIERUNG
          
        
        
          
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            12|2017
          
        
        
          nis der Defizite des Massenwohnungsbaus der
        
        
          1960er und 1970er Jahre stellen die landesei-
        
        
          genen Wohnungsbaugesellschaften die Themen
        
        
          Urbanität und Nachhaltigkeit in das Zentrum
        
        
          ihrer Überlegungen zum Typenbau. Lebenszyk-
        
        
          luskosten, die langfristige Qualität der Gebäude,
        
        
          ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sowie
        
        
          Prozessoptimierung und Wirtschaftlichkeit sind
        
        
          weitere prägende Themen.
        
        
          Die Überlegungen für die Typenuntersuchungen
        
        
          der Wohnungsbaugesellschaften zeigen zwei
        
        
          grundsätzlich unterschiedliche Wege für neue
        
        
          Typenbauten und für das serielle Bauen auf: Ei-
        
        
          nerseits werden Typen vorgeschlagen, die auf
        
        
          modularen Grundrissanordnungen basieren,
        
        
          dabei aber unabhängig von der Konstruktion ge-
        
        
          dacht sind oder bewusst auf konventionelle Me-
        
        
          thoden zurückgreifen. Andererseits werden auf
        
        
          neuen Systemen basierende Häuser mit hohem
        
        
          Vorfertigungsgrad, Hybridtechnologien oder mit
        
        
          Modulanteil vorgeschlagen. Sie stellen neue An-
        
        
          forderungen an die amPlanungs- und Bauprozess
        
        
          Beteiligten und bedingen veränderte Planungs-
        
        
          und Arbeitsprozesse im Wohnungsbau.
        
        
          Auf einem Symposium Ende November 2017 im
        
        
          Deutschen Architektur Zentrum (DAZ) wurde der
        
        
          Diskurs mit der Öffentlichkeit weitergeführt.
        
        
          
            Interview mit Stefanie Frensch
          
        
        
          
            „Vorteile des Typenbaus liegen auf der Hand“
          
        
        
          Im Interview legt die Geschäftsführerin der HOWOGE Wohnungs-
        
        
          baugesellschaft mbH ihre Position dar und erklärt, wie man einer
        
        
          befürchteten Monotonie entgegenwirken kann.
        
        
          Quelle: HOWOGE
        
        
          
            Wenn die Nachfrage in den Großstädten be-
          
        
        
          
            friedigt werden soll, geht anscheinend nichts
          
        
        
          
            ohne serielles und modulares Bauen. Droht
          
        
        
          
            hier nicht architektonische Monotonie?
          
        
        
          Ein standardisierter Einsatz von Materialien oder
        
        
          auch definierte Ausstattungsstandards sind rele-
        
        
          vante Instrumente, wenn es um das Schaffen von
        
        
          bezahlbarem Wohnraum geht. Die Vorteile des
        
        
          Typenbaus liegen dabei auf der Hand: Die Stan-
        
        
          dardisierung und die Typisierung von Entwurfs
        
        
          elementen und Bauteilen können Planungs- und
        
        
          Bauzeiten verkürzen und die Produktion hoher
        
        
          Stückzahlen kann die Herstellungskosten redu-
        
        
          zieren.
        
        
          In Masse produziert und Reih‘ an Reih‘ gestellt
        
        
          ist Monotonie natürlich vorprogrammiert. Wir
        
        
          interpretieren Typenbau heute aber vor allem in
        
        
          der Entwicklung serieller und modularer Grund-
        
        
          rissanordnungen, die auch unabhängig von der
        
        
          Konstruktion gedacht werden können. Um Mo-
        
        
          notonie vorzubeugen, kann bei der Realisierung
        
        
          von Gebäudenmit hohemVorfertigungsgrad, mit
        
        
          Hybridtechnologien oder mit Modulanteil auf
        
        
          verschiedene Mittel zurückgegriffen werden: So
        
        
          kann z. B. der Einsatz von veränderten Fassaden-
        
        
          elementen, Brüstungen oder Fenstern Abwechs-
        
        
          lung schaffen.
        
        
          
            Typenbau ist nicht neu. Wie wollen Sie die
          
        
        
          
            Defizite des Massenwohnbaus der 1960 und
          
        
        
          
            70er Jahre vermeiden?
          
        
        
          Tatsächlich ist Berlin in Teilen geprägt durch den
        
        
          Massenwohnbau der 1960er und 1970er Jahre.
        
        
          Auch wenn die Fragen an den Wohnungsbau wie-
        
        
          der die gleichen sind, haben sich jedoch die Vor-
        
        
          zeichen und Bedingungen gewandelt. So haben
        
        
          wir heute ein neues Verständnis von Urbanität
        
        
          und Nachhaltigkeit, das auch die Lebenszyklus-
        
        
          kosten und die langfristige Qualität der Gebäude
        
        
          betrachtet.
        
        
          Typenhäuser müssen einen entscheidenden Bei-
        
        
          trag zur sozialen Weiterentwicklung der Stadt
        
        
          leisten und auf Fragestellungen wie soziale Mi-
        
        
          schung, Nutzungsmix, Nachhaltigkeit sowie sozi-
        
        
          ale Aspekte reagieren und optimierte, langfristig
        
        
          tragfähige, also flexible Lösungen bieten.
        
        
          Damit gehen wir heute einen anderen Weg. Ty-
        
        
          penhäuser können an diversen Standorten in der
        
        
          Stadt realisiert werden. Vorrangigwird es sich da-
        
        
          bei um eine ergänzende Bebauung von Arealen
        
        
          mit Geschosswohnungsbauten und zusammen-
        
        
          hängenden Ensembles wie z. B. Großsiedlungen im
        
        
          komplexen Wohnungsbau oder umNeubauten im
        
        
          Umfeld solcher Siedlungen und entsprechend ge-
        
        
          prägten großstädtischen Straßenzügen handeln.
        
        
          
            Wenn man modular mit reih- und stapelba-
          
        
        
          
            ren standardisierten Gebäudesegmenten
          
        
        
          
            baut – wozu braucht man da noch Architek-
          
        
        
          
            ten?
          
        
        
          Gute Architektur und Typenbau widersprechen
        
        
          sich keineswegs. Vielmehr ist das Gegenteil der
        
        
          Fall. Zwar lässt sich über Schönheit in der Archi-
        
        
          tektur trefflich streiten, doch ist unser Ziel, für
        
        
          jeden Standort den geeignetsten Städtebau und
        
        
          die beste Architektur zu finden. Die Durchführung
        
        
          vonwettbewerblichen Verfahren auch unter Betei-
        
        
          ligung von Architekturbüros ist dabei grundsätz-
        
        
          lich ein adäquates Mittel, um bewusst fordernd
        
        
          innovative Ideen herbeizuführen. Dies soll nicht
        
        
          nur eine hohe städtebauliche und architektonische
        
        
          Qualität sichern, sondern auch lagebezogenen Be-
        
        
          sonderheiten gerecht werden.
        
        
          Die HOWOGE initiiert dabei sowohl klassische
        
        
          städtebauliche Wettbewerbe als auch wettbe-
        
        
          werbliche Gutachterverfahren. In einemArchitek-
        
        
          ten-Ideenwettbewerb habenwir z. B. angestoßen,
        
        
          den Prototyp eines wirtschaftlich optimierten
        
        
          Punkthochhauses zu entwickeln.
        
        
          
            Vielen Dank für das Gespräch!
          
        
        
          Die Fragen stellte Sabine Richter.