MARKT UND MANAGEMENT
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8|2017
DW-Zukunftspreis 2017
GWG Kassel: Mit kleinem Aufwand ein großes Problem gelöst
Einrohrheizsysteme sind noch immer in vielen Wohnanlagen ein Ärgernis für Mieter und Wohnungs-
unternehmen. Die GWG Kassel hat für dieses Problem eine kostengünstige Lösung namens indiControl
gefunden und wurde dafür mit dem DW-Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft 2017 ausgezeichnet.
„Fachleute bestätigen uns, wie einfach und geni-
al unsere Idee ist“, sagt Peter Ley stolz. Der Ge-
schäftsführer der Gemeinnützige Wohnungsbau-
gesellschaft der Stadt Kassel m. b. H. (GWGKassel)
– des kommunalen Wohnungsunternehmens der
nordhessischen Stadt mit rund 8.500Wohnungen
– hat allen Grund zur Zufriedenheit. Denn das von
seinem Unternehmen entwickelte Produkt bietet
eine unaufwändige und kostengünstige Lösung für
ein Problem, vor dembundesweit vieleWohnungs-
unternehmen stehen: für die Einrohrheizsysteme,
wie sie vor allem in den 1960er und 1970er Jahren
in großer Zahl eingebaut wurden.
Etwa 1,5Mio. Wohnungen in Deutschland werden
noch immer auf dieseWeise beheizt. BeimEinrohr-
heizsystem führt eine Heizleitung durch mehrere
Wohnungen, wobei die Heizkörper wie an einer
Perlenkette aufgereiht sind. Damit auch der letzte
Heizkörper in dieser Kette noch genügend Wär-
me abstrahlen kann, muss die Vorlauftemperatur
hoch sein – mit der Folge, dass die Heizkörper am
Anfang der Kette oft überversorgt sind. Selbst bei
geschlossenen Thermostatventilen gibt das Sys-
tem über die Heizungsleitung ungeregelt Wärme
ab. Den Bewohnern bleibt dann keine andereWahl,
als (z.B. im Schlafzimmer) die Raumtemperatur
durch das Öffnen der Fenster zu regulieren.
Verschärft wird das Problem, wenn einHaus ener-
getisch saniert und mit einem Wärmedämmver-
bundsystemgedämmt worden ist. „NachModerni-
sierungsmaßnahmen hattenwir Beschwerden von
Kunden, die über unerwünscht hohe Raumtempe-
raturen klagten“, berichtet Peter Ley. Umeine Lö-
sung zu finden, „habenwir lange experimentiert“.
Schließlich hatte Heiko Steppan, der GWG-Team-
leiter Heizungsanlagen, die durchschlagende Idee.
Diese zielt darauf ab, den Volumenstrom (Durch-
flussmenge und -geschwindigkeit der Heizanlage)
bedarfsgerecht zu steuern. Das Systemsetzt dafür
auf separat regelbare Teilheizkreise, diemit je zwei
Temperaturfühlern und einemmotorischen Ventil
ausgestattet werden. Eine zentrale Steuereinheit
regelt dann für jeden Teilheizkreis die Ventilstel-
lung. Das erfolgt, indem die Steuereinheit die
Messdaten der Temperaturfühler konstant mit ei-
nem anlagenspezifisch ermittelten Referenzwert
abgleicht. Je nachdem, wie die Temperaturdiffe-
renz ausfällt, gibt die Steuereinheit das Signal zur
Erhöhung oder zur Reduktion des Volumenstroms.
Die Folgen: Das Raumklima verbessert sich, und es
wird weniger Heizenergie verbraucht (siehe auch
DW 9/2016, S. 44).
Hohe Energieeinsparung
Dass diese auf den Namen indiControl getaufte
patentierte Systemlösung für die Regelung von
Einrohrheizungen funktioniert, beweist die GWG
Kassel in ihrem eigenen Bestand, in dem 2.200
Wohnungen mit einem Einrohrheizsystem ver-
sorgt werden. Gut 1.000 Einheiten hat das kom-
munale Unternehmen bereits auf indiControl
umgestellt und dabei eine durchschnittliche Ener-
gieeinsparung von 27% erzielt. Ein weiterer Vor-
teil liegt darin, dass es zu weniger Streitigkeiten
umdie Nebenkostenabrechnung kommt. Die sind
in Wohnanlagen mit Einrohrheizung nicht selten,
weil Mieter ähnlich viel für die Heizung bezahlen
müssen, unabhängig davon, ob sie sparsam mit
Wärme umgehen oder intensiv heizen.
Allerdings verlangt das System von den Mietern
eine Änderung ihres Verhaltens. „Der Kunde muss
lernen, dass er jetzt über den Heizkörper heizen
muss“, verdeutlicht Ley. Es komme schon mal zu
Beschwerden vonMietern, die Heizung funktionie-
re nicht. Die GWG-Mitarbeiter stellen dann oft fest,
dass der Thermostat auf null steht – der Mieter hat
sich offensichtlich daran gewöhnt, dass sich seine
Wohnung allein über die Heizleitung erwärmt. Des-
THEMA DES MONATS
Christian Hunziker
freier Immobilienjournalist
Berlin
Quelle: GWG Service GmbH
Schematische Darstellung
eines Gesamt- und eines Teil-
Heizkreislaufs. indiControl
kann sowohl bei horizontal als
auch bei vertikal eingebauten
Heizungsleitungen eingesetzt
werden