DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 5/2017 - page 61

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36 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 VSBG). Für die Anzahl
der Beschäftigten (Kopfzahl) ist Stichtag der 31.
Dezember des jeweiligen Vorjahres.
Hiervon unabhängig bestimmt § 37 VSBG weiter,
dass jeder Unternehmer bei Verbraucherverträ-
gen – wie z. B. demGdW-Mustermietvertrag oder
andere vorformulierte Vertragsbedingungen – den
Verbraucher, dessen Beschwerde nicht beigelegt
werden konnte, auf die für ihn zuständige Verbrau-
cherschlichtungsstelle hinweisen und mitteilen
muss, ob das Unternehmen zur Teilnahme an ei-
nem Streitbeilegungsverfahren bei der entspre-
chenden Stelle bereit oder verpflichtet ist. Auch
hier ist die fehlende Bereitschaft mitzuteilen.
Die Folgen
Der Hinweis auf das alternative Streitbeilegungs-
verfahren hat bei über zehn Mitarbeitern zu er-
folgen:
1. Auf der Webseite des Unternehmens – ein Hin-
weis im Impressum sollte genügen.
2. Im vorformulierten Vertrag, d. h. einem Ver-
trag, der demRecht der Allgemeinen Geschäfts-
bedingungen im Sinne der §§ 305 BGB ff. un-
terfällt. Gemäß der gesetzlichen Definition in
§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind allgemeine Ge-
schäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von
Verträgen vorformulierten Vertragsbedingun-
gen, die eine Vertragspartei (Verwender) der
anderen Vertragspartei stellt. Solche Verträge
werden also nicht individuell ausgehandelt.
3. In einem Schreiben oder einer E-Mail bei Ver-
braucherverträgen, soweit einer Beschwerde
des Verbrauchers, hier des Mieters, nicht ab-
geholfen wurde. Gemäß § 310 BGB sind Ver-
braucherverträge solche zwischen einem Un-
ternehmer und einem Verbraucher.
In all diesen Fällen muss die Bereitschaft oder
fehlende Bereitschaft zur Teilnahme an einem
alternativen Streitbeilegungsverfahren erklärt
werden. Folgende Formulierungen bieten sich an:
• Alternative 1: Wir sind zur Teilnahme an einem
Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbrau-
cherschlichtungsstelle weder bereit noch ver-
pflichtet.
• Alternative 2: Wir sind zur Beilegung von
Streitigkeiten mit Verbrauchern (z. B. über
Mietstreitigkeiten) zur Teilnahme an einem
Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbrau-
cherschlichtungsstelle bereit. Die zuständige
Verbraucherschlichtungsstelle ist: Allgemei-
ne Verbraucherschlichtungsstelle des Zent-
rums für Schlichtung e. V. in Kehl am Rhein,
r Beilegung
der genannten Streitigkeiten werden wir in ei-
nemStreitbeilegungsverfahren vor dieser Stelle
teilnehmen.
Der Hinweis auf die zuständige
Verbraucherschlichtungsstelle
§ 37 VSBG bestimmt, dass der Unternehmer den
Verbraucher auf die für ihn zuständige Verbrau-
cherschlichtungsstelle unter Angabe von deren
Anschrift und Webseite hinzuweisen hat, wenn
die Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag
durch den Unternehmer und den Verbraucher
nicht beigelegt werden konnte. Der Unternehmer
gibt zugleich an, ob er zur Teilnahme an einem
Streitbeilegungsverfahren bei dieser Verbrau-
cherschlichtungsstelle bereit oder verpflichtet
ist. Gemäß Abs. 2 hat der Hinweis in Textform zu
erfolgen.
Nach der Gesetzesbegründung folgt die Pflicht aus
§ 37 Artikel 13 Abs. 3 der EU-Richtlinie 2013/11.
Sie trifft also Unternehmer, die eine Streitigkeit
aus einem Verbrauchervertrag nicht durch Ver-
handlungen mit dem Verbraucher (Kunden), zum
Beispiel im Rahmen eines unternehmenseigenen
Kundenbeschwerdesystems, beilegen konnten.
Dabei betont die Gesetzesbegründung, dass die
Informationspflicht insbesondere auch für Un-
ternehmer gilt, die an Streitbeilegungsverfahren
nicht teilnehmen. Sie müssten dem Verbraucher
klar sagen, dass sie eine Teilnahme am Schlich-
tungsverfahren ablehnen, um diesem Mühe und
Kosten zu ersparen, die durch die vergebliche
Anrufung der angegebenen Verbraucherschlich-
tungsstelle entstehen könnten (vgl. BT-Drucks.
18/5089).
Bildlich gesprochen hat also der Hinweis dann
zu erfolgen, wenn das Unternehmen den „au-
ßergerichtlichen“ Versuch der Einigung beenden
möchte. Die Gesetzesbegründung aber benennt
nicht den Zeitpunkt, an dem feststeht, dass der
Streit unternehmensintern nicht beigelegt werden
konnte. Auch wird kein Aufschluss darüber gege-
ben, ob die Informationspflicht auch dann besteht,
wenn der Unternehmer seiner Informationspflicht
entsprechend nachgekommen ist, aber der Streit
wider Erwarten doch nochweitergeführt wird und
erneut ohne Einigung endet. Es dürfte hier eine
unsachgemäße Förmelei sein, erneut eine entspre-
chende Information zu verlangen. Dies gilt auch
deshalb, da sich die entsprechende Information
bereits aus der Webseite und dem Vertrag ergibt.
Aus diesemGrund erscheint der gesetzlich vorge-
sehene dreifache Hinweis auf die Beteiligung am
Schlichtungsverfahren übertrieben. ImGrundsatz
ist der Hinweis imAGB-Vertrag völlig ausreichend.
Vom Verbraucher, der am Rechtsverkehr teil-
nimmt, kann bei Streitigkeiten verlangt werden,
in den Vertrag zu schauen und sich entsprechend
zu informieren. So aber entsteht für Unterneh-
mer, also auch für Wohnungsunternehmen, ein
zusätzlicher bürokratischer Aufwand, an dessen
Sinnhaftigkeit man durchaus zweifeln darf und
der das Verhältnis zwischen Vermieter undMieter
durchaus belasten kann. Letzteres ist gerade im
Mietrecht zu vermeiden.
Sanktionen
Beim Verstoß eines Unternehmers gegen die In-
formationspflichten besteht die Möglichkeit für
den Verbraucher, gegen den Unternehmer An-
sprüche wegen der Verletzung vorvertraglicher
oder vertraglicher Pflichten geltend zu machen.
Dies dürfte insbesondere dann der Fall sein, wenn
der Verbraucher eine Streitbeilegungsstelle auf-
gesucht hat, der Unternehmer aber nicht darauf
hingewiesen hat, dass er das Streitbeilegungsver-
fahren nicht betreibt.
Verbraucherschutzverbände könnten weiter die
Einhaltung der Informationspflichten über das Un-
terlassungsklagegesetz geltendmachen. Verstöße
gegen Informationspflichten sind allerdings nicht
bußgeldbewährt.
Wohnungsunternehmen mit
Spareinrichtung (WumS)
Die entsprechenden Ausführungen gelten auch
für WumS, dabei sind insbesondere Hinweise in
die Sparordnung aufzunehmen. Für Wums sind
jedoch - abseits von Mietstreitigkeiten - andere
Schlichtungsstellen zuständig. Soweit es sich um
Bankgeschäfte (Einlagengeschäfte) handelt, ist
die Schlichtungsstelle bei der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht, in Bonn
d bei
Fernabsatzverträgen über Bankgeschäfte (Einla-
gengeschäft) die Schlichtungsstelle bei der Deut-
Fazit
Wohnungsunternehmenmüssen ihre Verträge und
ihren Internetauftritt dahingehend überprüfen, ob
sie die Informationspflichten des VSBG erfüllen.
Die Umsetzung der Informationspflichten ist zwar
kein direkter Prüfungsgegenstand der genossen-
schaftlichen Pflichtprüfung bzw. Jahresabschluss-
prüfung, jedoch gehört sie zur ordnungsmäßigen
Geschäftsführung.
Die wohnungswirtschaftlichen Prüfungsverbände
und ihre nahestehenden Wirtschaftsprüfungsge-
sellschaften beraten Sie gern bei Fragen zumVer-
braucherstreitbeilegungsgesetz.
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
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