DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 5/2017 - page 50

ENERGIE UND TECHNIK
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5|2017
zwei Temperaturniveaus. Eine Hochtempera-
turwärmepumpe erzeugt ca. 55 °C Vorlauftem-
peraturen für die Warmwasserbereitung über
Frischwasserstationen. Die zweite Wärmepumpe
versorgt die Fußbodenheizung auf Niedertem-
peraturniveau. Als Wärmequelle dienen neun
Erdsonden mit bis zu 100 m Bohrtiefe. Auf den
Dächern der EnergiePlus-Häuser sind jeweils 29,6
kWp bzw. 182m
2
Photovoltaikanlagen installiert.
Der Strom der PV-Anlagen wird direkt für den
Betrieb der Wärmepumpe und zur Deckung des
Strombedarfs in den Wohnungen genutzt. Teil
des Energiekonzepts ist ein innovatives Ener-
giemanagement mit einem zentralen 3-kWh-Li-
Ionen-Batteriespeicher. Dieser trägt dazu bei, dass
erneuerbarer Stromüberschuss in die Abendzeiten
verschoben und so die Eigenstromnutzung erhöht
werden kann.
Die Eigennutzung des Photovoltaikstroms liegt
bei den KfW-70-Gebäuden bei 35%. Durch den
Einsatz der Batterie erhöht sich der Eigennut-
zungsgrad der EnergiePlus-Gebäude trotz grö-
ßerer Photovoltaikanlage auf 45%. Der lokale
erzeugte PV-Strom steht für die Bewohner zur
Verfügung. Diese können das in Zusammenarbeit
mit den Stadtwerken Konstanz entwickelte Mie-
terstrommodell nutzen, das eine Versorgung mit
lokal erzeugtemPhotovoltaikstromzu attraktiven
Strompreisen ermöglicht.
Bilanz
Im EnergiePlus-Standard wird sowohl end- als
auch primärenergetisch über die Photovoltaik-
anlage mehr Energie erzeugt, als das Gebäude
inklusive seines Nutzerstrombedarfs verbraucht.
Die KfW-70-Gebäude erzeugen fast die Hälfte
ihres Endenergiebedarfes und 80% ihres Primär-
energiebedarfes regenerativ. Die CO
2
-Emissionen
der Gebäude imEnergiePlus-Standard sind um18
t/a geringer als die der Gebäude imKfW-Effizienz-
haus-70-Standard (siehe Grafiken oben, Achtung:
y-Achse unterschiedliche Einheiten).
Der baukonstruktive Aufbau der vier Häuser ist
identisch und entspricht der Qualität des KfW-
Effizienzhaus-70-Standards. Ein Investitionskos-
tenunterschied zwischen EnergiePlus- und KfW-
70-Standard schlägt sich imWesentlichen in den
Technikkosten nieder. Die Investitionskosten der
technischen Anlagen im Gebäude lagen im KfW-
70-Standard bei ca. 540 €/m
2
Wohnfläche, und im
EnergiePlus-Standard mit Batterie bei ca. 700 €/
m
2
Wohnfläche (inkl. MwSt, ohne Aufzuganlagen).
Dies bedeutet Mehrkosten bezogen auf die tech-
nischen Anlagen imGebäude für den EnergiePlus-
Standard von 160 €/m
2
Wohnfläche. Den höheren
Investitionskosten für den EnergiePlus-Standard
stehen niedrigere laufende Kosten für den Ener-
giebezug sowie höhere Eigenerträge gegenüber.
Monitoring
In den mit unterschiedlichen Konzepten zur
vernetzten Energieversorgung ausgestatteten
Mehrfamilienhäusern wurde im Rahmen eines
über das Bundesministerium für Wirtschaft und
Energie (BMWi) geförderten Forschungsprojektes
ein umfangreiches intelligentenMess- undMoni-
toringsystem installiert. Im nun folgenden zwei-
jährigen technischenMonitoring der Wohnanlage
werden die Energiestandards und die Effizienz der
Anlagentechnik durch das Institut für Gebäude-
und Solartechnik der TU Braunschweig im realen
Betrieb bewertet. Die Daten der Strom-, Wasser-,
Gas- und Wärmemengenzähler der Heizungsan-
lage und der Wohnungen werden digital erfasst
und anonymisiert ausgewertet. Hieraus sollen
wertvolle Erkenntnisse über die Realisierung,
den laufenden Betrieb undWirtschaftlichkeit von
EnergiePlus-Mehrfamilienhäusern erzielt werden.
Fazit
Die kommunale Gesellschaft macht sich mit die-
sem Projekt zu einem Vorreiter der regionalen
Energiewende und dokumentiert ihre Verantwor-
tung für den Klimaschutz. Deshalb wurdemit den
Stadtwerken ein Konzept entwickelt, das neben
der Kaltmiete auch die Betriebskosten der Mieter
im Blick hat.
Das Projekt soll die Akzeptanz des Ausbaus von
erneuerbaren Energien stärken, indemStrom lokal
erzeugt und vermarktet wird, sodass Stromkunden
und Mieter einen direkten Bezug zu den Anlagen
haben. Bezahlbare Mieten, geringe Heizkosten
und ein besonders günstiger Strompreis sind ein
Gewinn für alle Beteiligten.
Quelle: ESG-plan
EnergiePlus-Gebäude – wie die der
WOBAK – werden von der EGS-plan nach
den Leitlinien des AktivPlus e. V geplant.
Ziel des AktivPlus e. V. ist die Entwicklung
eines zukunftsfähigen Standards für Ge-
bäude und Quartiere. AktivPlus-Gebäude
sind ganzheitlich geplante Gebäude, die
eine hohe Energieeffizienz aufweisen und
lokal erneuerbare Energien nutzen. Die
Bewohner sollen direkt durch einen hohen
Wohnkomfort und eine fortlaufende Quali-
tätssicherung profitieren.
AKTIVPLUS E. V.
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
Endenergie (kWh/m
2
*a)
ENDENERGIE-BILANZ
0
EnergiePlus
KfW70
40
50
60
10
20
30
PV
Lüftung
Nutzerstrom
Badheizkörper
Gaskessel
Wärmepumpe
inkl. Hilfsstrom
Endenergie (kWh/m
2
*a)
PRIMÄRENERGIE-BILANZ
0
EnergiePlus
KfW70
80
100
120
20
40
60
PV
Lüftung
Nutzerstrom
Badheizkörper
Gaskessel
Wärmepumpe
inkl. Hilfsstrom
End- und Primärenergie – Bilanz der Energiestandards:
Die CO2 Emissionen der Gebäude im EnergiePlus Standard sind um 18 t/a geringer
als die Gebäude im KfW-Effizienzhaus 70 Standard
1...,40,41,42,43,44,45,46,47,48,49 51,52,53,54,55,56,57,58,59,60,...80
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