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kombiniert ist. Mit diesem Anlagensystem der
Etagenstationen erreicht man sehr niedrige
Rücklauftemperaturen im Netz. Dies führt zu
einer Effizienzsteigerung der Gesamtanlage, da
die Wärmeversorgung über ein Zweileiternetz
erfolgt und Netzverluste erheblich vermindert
werden. Je komplexer aber die Technik im Ge-
bäude wird, desto höher wird der Aufwand, ein
einwandfreies Zusammenspiel aller Komponen-
ten sicherzustellen. Denn auch die beste Planung
basiert stets auf Annahmen.
Aufgabe
Die Erfahrungen aus den letzten Sanierungsmaß-
nahmen des Heimatwerks hatten gezeigt, dass
die Heizungsanlagen häufig nicht bedarfsgerecht
eingestellt wurden. Außerdem erfolgte die Wär-
mebereitstellung oft nicht in Abhängigkeit von
der Außentemperatur. Da die Heizungsanlagen
auch häufig mit erheblichen Fehlfunktionen star-
teten, gab es öfter Klagen der Mieter.
Um das Ziel eines einwandfreien Zusammen-
spiels aller Komponenten zu erreichen, war es
unabdingbar, die Anlage perfekt zu planen, eine
optimale Betriebsführung sicherzustellen, Ener-
gieströme zu messen sowie eine Betriebs- und
Effizienzüberwachung zu gewährleisten (siehe
Abbildung 1). Die Aufgabe bestand also darin,
technische oder organisatorische Maßnahmen
zu ergreifen, durch die Verbräuche erfasst oder
bewertet werden konnten. Um energetische
Missstände an der Anlage und im Gebäude er-
kennen und bewerten zu können, wurde in einem
nun zur Sanierung anstehenden Bauabschnitt mit
18 Wohnungen ein spezielles Monitoring-System
eingeführt. Die Basis dafür bildete zunächst je-
doch die Anbindung der Heizungsanlagen bzw.
ihrer Komponenten an das Internet. Auf diese
Weise können Heizungsfachfirmen und Anlagen-
betreiber die Effizienz der Heizung steigern, den
Energieverbrauch reduzieren, eine komfortable
Bedienung und zeitsparenden Service gewähr-
leisten und im Störfall schnell reagieren.
Und so funktioniert‘s …
An allen Erzeuger- und Verbrauchstellen wurden
zur Datenerfassung geeichte Wärmemengenzäh-
ler mit M-Bus-Modul installiert. Dadurch kann
die Effizienz bewertet und aussagefähiges Da-
tenmaterial zum unmittelbar heizungsbezogenen
Verbraucherverhalten in den 18 Wohneinheiten
ermittelt werden. In den Pufferspeichern und den
Vor- und Rückläufen der Heizungsanlage wurden
ferner Sensoren zur Temperaturerfassung ange-
schlossen und miteinander vernetzt.
Im Minutentakt wurden alle relevanten Werte
(Temperaturen im Heizungssystem, Volumen-
ströme im Netz und Stromverbräuche) von ei-
nem intelligenten E/A-Modul erfasst, an einen
Datenlogger übermittelt und zur Aufzeichnung
bereitgestellt. Die geloggten Daten wurden
per Funk über eine Internet-Schnittstelle an
ein webgestütztes Energiemanagementsystem
übermittelt. Der Webserver ist in der Lage, die
Energie- und Prozessdaten auf einer grafischen
Oberfläche (Web-GUI) visuell darzustellen (siehe
Abbildung 2).
Durch die unmittelbare Auswertung der Messda-
ten und die grafische Darstellung konnte nun erst
eine Netzanalyse erfolgen, die die Energieströme
im System verdeutlicht und die Anlage bewertet.
… in der Praxis
Bei der Inbetriebnahme einer Anlage wurde fest-
gestellt, dass es Fehler in der Parametrierung der
Wärmeerzeuger sowie bei der Installation des
Zweileiternetzes in den Wohnungen gab. Diese
Fehler führten zu einer negativen Energieeffizienz,
d. h. die luftgeführten Wärmepumpen arbeiteten
aufgrund zu hoher Systemtemperaturen (Vor- und
Rücklauf) mit einer schlechten Jahresarbeitszahl
(JAZ < 2,0). Der Gasbrennwertkessel wies eine
extrem hohe Schalthäufigkeit auf, so dass der
Kesselnutzungsgrad unter 83% lag.
Gleichzeitig existierten in den Wohnungen noch
versteckte (bzw. nicht dokumentierte) Bypässe
im Rohrleitungsnetz. Bypässe waren in der Alt-
anlage erforderlich, um einen zu hohen Pumpen-
druck, der durch geschlossene Heizkörperventile
hervorgerufen wurde, abzubauen. Bei der neu-
en Anlagentechnik jedoch waren diese Bypäs-
se schädlich, da sie zur einer unnötig erhöhten
Rücklauftemperatur führten. Diese Fehler konn-
ten nur durch die installierte Messtechnik des
Monitoringsystems aufgedeckt werden. So war
es möglich, Energieströme, Systemtemperaturen
sowie Gas- und Stromverbräuchen zu erfassen und
Missstände zeitnah festzustellen und zu beheben
(wie die Abbildungen 3 und 4 zeigen).
Die Energieerzeugung konnte dadurch optimiert
werden und die JAZ lag nach der Anpassung deut-
lich > 3,5. Auch der Energieverbrauch wurde bei
den Bestandgebäuden auf 70 kWh/m
2
a gesenkt.
Die Energieeinsparung lag damit (klimabereinigt)
bei 38%. Zum Vergleich: Der bundesweite durch-
schnittliche Verbrauch liegt bei 156 kWh/m
2
a.
Fazit zumMonitoring
Monitoring ist für die Zukunft unumgänglich,
da die Berechnungen zur Auslegung der Wär-
meerzeugeranlagen oftmals nicht stimmen, die
Regelwerke zur Heizlastberechnung nicht ange-
passt werden und die Schere zwischen Theorie und
Praxis weit auseinandergeht.
Durch ein Monitoring wird nicht nur Energie ein-
gespart. Monitoring führt infolge des Erkennt-
nisgewinns auch zu einer erheblichen Kosten-
minimierung in der Sanierungsphase. Zu häufig
nämlich werden die Komponenten überdimensi-
oniert. Dies war beispielsweise auch bei dem hier
beschriebenen bereits in den vergangenen drei
Jahren sanierten Riegel mit je 18 Wohneinheiten
an der Wallensteinstraße der Fall. Dort wurde ge-
mäß der durchgeführten Heizlastberechnung DIN
EN 12831 eine Kesselleistung von 50 kW berech-
net. Eine Kesselleistung von 35 kWwäre, aufgrund
der im Monitoring gewonnenen Erkenntnisse,
ausreichend gewesen. Nur ein optimal dimen-
sionierter Wärmeerzeuger bringt auch optimale
Nutzungsgrade.
Für das Heimatwerk folgt für
die Zukunft daraus:
Bei den noch anstehenden Heizungsmodernisie-
rungen und grundsätzlich im Neubau wird der
Einsatz eines Monitorings fester Bestandteil sein.
Zu erkennen, wie effizient eine Heizungsanlage
arbeitet und wo es Einsparmöglichkeiten gibt,
wird eine bundesweite Herausforderung für die
kommenden Jahre sein und auch eineMöglichkeit,
die klimapolitischen Vorgaben zu erreichen.
Weitere Informationen:
d
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Der Merksatz „nur wer genau weiß, wohin Energie fließt, kann seine
Verbräuche senken“ klingt banal, verdeutlich jedoch die hochkomplexen
Zusammenhänge:
Da die Systeme immer komplexer werden, ist es sonst fast nicht mehr
möglich, die Anlagen zu verstehen und auszuwerten.
Konnektivität unterstützt darüber hinaus Heizungsfachfirmen im Ar-
beitsalltag, da die „internetfähige Heizungsanlage“ direkt über den PC
oder das Smartphone des Installateurs vernetzt ist.