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4|2017
Personalwesen
Pflege und Beruf – doch vereinbar?
Die demografische Entwicklung verändert auch die Firmenkultur. Fortschrittliche Arbeitgeber haben
verstanden, dass Familienfreundlichkeit ein wichtiger Baustein künftigen Personalmarketings ist.
Aber: Die Akzeptanz der Angebote durch die Mitarbeiter hängt von einer offenen Kommunikation ab
und vom Vorleben durch das Management. Ein Bericht über die Umsetzung in der alltäglichen Betriebs-
realität der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt.
Die Zahlen sind alarmierend: Laut Bundesinstitut
für Bevölkerungsforschung (BiB)wird innerhalb der
nächsten15 Jahre der Anteil der gebrechlichen Se-
niorenumetwa35%steigen.WährendimJahr2013
noch2,4Mio. Personen als pflegebedürftig imSin-
ne des XI. Sozialgesetzbuches eingestuft wurden,
werden es 2030 nach neuesten Hochrechnungen
rund 3,5 Mio. Menschen sein. Noch prekärer: Die
Zahl der Pflegefälle in der Altersklasse der 80- bis
89-Jährigen wird ummehr als ein Viertel steigen,
die der Pflegebedürftigen über 90 Jahre wird auf
900.000 in die Höhe schnellen und sich damit im
Vergleich zu heute fast verdoppeln. „Wesentliche
Triebfeder dieser Entwicklung ist die Alterung der
Babyboomer-Jahrgänge, also derMenschen, die in
den1950er- und1960er-Jahren geborenwurden“,
erklärt Dr. Stefan Kühntopf vom BiB.
Starke Belastung für jüngere Generationen
Die Zahlen des BIB malen ein düsteres Bild: Wäh-
rend heute der Anteil der unter 20-Jährigen bei
18% der Gesamtbevölkerung liegt, ist der Anteil
der über 65-Jährigen bereits auf über 21%geklet-
tert. Dieses Verhältniswird sich in den kommenden
Jahrzehnten drastisch verändern: Bis 2060 rechnet
das BiB für die unter 20-Jährigen nur noch einen
Anteil von 16% an der Gesamtbevölkerung aus,
die älteren Menschen ab 65 Jahren werden dann
rund 31% stellen. Analog dazuwird die arbeitende
Bevölkerung von heute knapp 50 Mio. auf unter
40 Mio. Personen sinken.
Amdeutlichsten aber zeigt sich die Belastung künf-
tiger Generationen amsog. Altenquotient. Die Zahl
gibt das Verhältnis zwischen der erwerbstätigen
Bevölkerung zwischen 20 und 64 Jahren im Ver-
gleich zu den über 65-Jährigen an und spiegelt so
die ökonomische Belastung der Folgegeneration.
Dieser Altenquotient wird, laut BiB, von 34,6 in
2014 auf 61,1 steigen. Anders ausgedrückt: Auf
100 Erwerbsfähige kommen 2060 rund 61 Men-
schen, die über 65 Jahre alt sind.
Die Lage ist bereits heute so dramatisch, dass die
Pflegewirtschaft Alarm schlägt. „Die Zahlen sind
eine deutliche Warnung. Wenn die Politik nicht
schnell umsteuert, droht uns bald eine massive
Versorgungslücke“, befürchtet der Geschäftsfüh-
rer der bundesweit tätigen Pflegeheim-Beratung
Terranus, Hermann Josef Thiel. Die Auslastung der
stationären Einrichtungen liege, so Thiel, bereits
jetzt bei über 90%, mit steigender Tendenz.
Pflege durch Angehörige überwiegt
Von den 2,6 Mio. Pflegebedürftigen, die Leis-
tungen aus der Pflegekasse beziehen, wird heute
der überwiegende Teil zuhause versorgt. Rund
1,86 Mio. (71%) leben weiterhin im eigenen
Heim. Bei 1,25 Mio. Eingeschränkten stemmen die
Angehörigen die Arbeit alleine, in etwa 616.000
Fällen unterstützt sie ein ambulanter Dienst. Nur
764.000 Pflegefälle (29%) wohnen in einemHeim
und werden dort stationär betreut.
Heike D. Schmitt
hd…s Agentur für Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
Wiesbaden
Quelle: Katrin Denkewitz
Der hessische Sozialminister Stefan Grüttner und Ricarda Schwingen vom Fachbereich
Personal und Organisation der Nassauische Heimstätte/Wohnstadt mit der Charta-Urkunde