DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4/2017 - page 59

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gegen die bisher abweichende Rechtsprechung
des BGH (BGH ZIP 2004, 407, 409; BerlKomm/
Keßler § 34 Rn. 3). Die Regelung lehnt sich un-
mittelbar an die bürgerlich-rechtliche Haftungs-
begünstigung zugunsten von Vereinsvorständen
an (§ 31a BGB), soweit diese unentgeltlich tätig
sind oder ihre Vergütung 720 € jährlich nicht über-
steigt. Nach der Begründung des Entwurfs sollen
diese strengen Vorgaben für die Genossenschaft
nicht unmittelbar gelten. Es ist somit Aufgabe
der Rechtsprechung, im konkreten Einzelfall im
Blick auf nebenamtliche Vorstandsmitglieder die
„Wesentlichkeitsgrenze“ hinsichtlich einer noch
„unentgeltlichen“ Tätigkeit abzustimmen. Eine
größere praktische Bedeutung dürfte die Rege-
lung gem. § 41 GenG vor allem im Blick auf die
– deutlich geringere – Aufwandsentschädigung
für Aufsichtsratsmitglieder entfalten.
Die General- oder Vertreterversammlung
§ 8 Abs. 2 Satz 2 des Entwurfs stellt klar, dass die
Satzung das Stimmrecht investierender Mitglieder
auch ganz ausschließen kann, um zu verhindern,
dass diese die nutzenden Mitglieder in der Gene-
ralversammlung überstimmen. Hier ergaben sich
in der Praxis nicht selten Probleme bei geringer
Teilnahme in der Versammlung. Zugleich korri-
giert der Entwurf einen Systemfehler der Novelle
2006, wonach in den Fällen, in denen das Mitglied
der Genossenschaft eine juristische Person oder
eine Personengesellschaft ist, eine natürliche Per-
son, die zu deren Vertretung befugt ist, zwar in
den Vorstand oder Aufsichtsrat bestellt werden
kann, jedoch als Vertreter nicht in Betracht kommt
(vgl. § 43a Abs. 2 Satz2 GenG). Nunmehr können
vertretungsberechtigte natürliche Personen des
Mitglieds auch zu Vertretern gewählt werden
(§ 43a Abs. 2 Satz 2 des Entwurfs).
Die Pflichtprüfung
Mit der Novelle werden die gem. § 53 Abs. 2 GenG
geltenden Größenkriterien für die Prüfung des
Jahresabschlusses und des Lageberichts moderat
angehoben (Bilanzsumme 1,5 Mio. €, Umsatzerlö-
se 3 Mio. €). Damit trägt der Entwurf demUmstand
Rechnung, dass die im Interesse der Mitglieder
und Gläubiger vorgesehene Pflichtprüfung durch
die Prüfungsverbände als „Betreuungsprüfung“
in entscheidendem Umfange dazu beigetragen
hat, die Genossenschaft zur insolvenzsichersten
Rechtsformdeutscher Provenienz zumachen. Zu-
gleich wird gem. § 53a des Entwurfs für Kleinst-
genossenschaften im Sinne von § 336 Abs. 2 Satz
3 HGB die Möglichkeit eröffnet, jede zweite (Ge-
schäftsführungs-) Prüfung nach § 53 Abs. 1 Satz
1 GenG als vereinfachte Prüfung durchzuführen,
die sich als „In-House-Prüfung“ im Verband auf
die Durchsicht bestimmter einzureichender Un-
terlagen erstreckt und somit kostengünstiger
durchgeführt werden kann.
Eine nicht zu vernachlässigende Neuerung von
noch kaum absehbaren praktischen Auswirkun-
gen bringt zudem § 58 Abs. 1 Satz 3 des Entwurfs.
Danach hat der Prüfungsverband „imPrüfungsbe-
richt dazu Stellung zu nehmen, ob und auf welche
Weise die Genossenschaft im Prüfungszeitraum
einen zulässigen Förderzweck verfolgt“. Dies er-
streckt sich nolens volens auch auf „Beteiligungen
anGesellschaften und Personenvereinigungen ein-
schließlich der Körperschaften des öffentlichen
Rechts“, da für diese gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG
der Fördergrundsatz gleichfalls uneingeschränkte
Geltung beansprucht, wobei die Erwirtschaftung
eines ausschüttungsfähigenGewinns zugunsten der
„Muttergenossenschaft“ als „Förderbeitrag“ den
Anforderungen des Gesetzes kaumgenügen dürfte.
Fazit
Insgesamt können die deutschen Wohnungs-
genossenschaften und ihre Verbände mit dem
vorliegenden Gesetzentwurf leben. Die nunmehr
vorliegende novellierte Fassung hat den ursprüng-
lichen Befürchtungen hinsichtlich der weiterge-
henden Freistellung der Genossenschaften von
der Pflichtprüfung und einer dysfunktionalen
Ausgestaltung der genossenschaftlichen Lei-
tungsstrukturen hinreichend Rechnung getragen.
Die vorgeschlagenen Änderungen sind durchweg
geeignet, die genossenschaftliche Unternehmens-
form im Wettbewerb mit anderen Akteuren zu
stärken und dem Fördergrundsatz als tragendem
Element genossenschaftlichen Wirtschaftens die
erforderliche Geltung zu verschaffen.
Quelle: GdW
Gemeinsam stark: Genossenschaften
eint ihr Prinzip der Gemeinschaftlich-
keit, sie unterstützen sich gegenseitig
– z. B. mit einer gemeinsamen Image-
kampagne oder einer Marketing­
initiative (siehe Logo l.)
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