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10|2017
Erneuerung durch Umbau
Eigentlichwollte der damalige Besitzer, das Woh-
nungsunternehmen Rochdale, die Wohnzeile ab-
reißen. Wegen schwerer Gebäudeschäden stand
sie seit 2009 leer. Die notwendige Renovierung
hätte rund 70 Mio. € gekostet. Um den Bau doch
noch zu retten, bot Rochdale den herunterge-
kommenen Komplex für einen symbolischen Euro
zumVerkauf an. Interessentenmussten jedoch ein
kosteneffizientes Sanierungskonzept vorlegen.
Den Zuschlag erhielt das Konsortium De Flat mit
dem Investor Kondor Wessels Vastgoed; die Um-
baupläne entwickelten die Architekturbüros NL
Architekten und XVW Architectuur.
Die Architekten konzentrierten sich darauf, die
Gebäudestruktur freizulegen und zu optimieren.
Sie entfernten die externen Aufzugsschächte und
andere Anbauten aus den 1980er Jahren und in-
tegrierten die Schächte in die bestehenden Trep-
penkerne. Im Erdgeschoss vergrößerten sie den
inneren Korridor und schufen neue, höhere Durch-
gänge, wodurch das Gebäude leichter wirkte. Die
Waschbetonfassaden, Brüstungen und Lauben-
gänge wurden mittels Sandstrahl vom Schmutz
befreit. Zu den Kosten dieser Sanierungsmaß-
nahmen äußert sich der Investor Kondor Wessels
Vastgoed auf Anfrage nicht.
Günstige Wohnungen zum Selbstausbau
Die entkerntenWohnungen hattenweder Bad, Kü-
che noch irgendeine Raumeinteilung. Der Ausbau
lag bei den künftigen Bewohnern. Um zu verhin-
NEUBAU UND SANIERUNG
Das Gesicht der Großsiedlung Bijlmermeer hat sich in den letzten Jahren gewandelt
dern, dass dabei ein formaler Wirrwarr entstand,
entwickelten die Architekten einen Katalog aus
Fenster-Tür-Kombinationen für die Eingänge in
den Laubengängen sowie Varianten für die Zusam-
menlegung vonWohnungen. Alle 500Wohnungen
wurden schnell verkauft, auch wenn Bijlmermeer
nachwie vor nicht zu den beliebten Vierteln Ams-
terdams gehört.
Diesen Erfolg erklärt WillemGaymans von Kondor
Wessels Vastgoed u. a. mit dem erschwinglichen
Preis von 1.200 €/m
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, dem Konzept „Wohnungen
zumSelbstausbau“, den vielen „Tagen der offenen
Tür“ und der großen Aufmerksamkeit für das Pro-
jekt in den holländischenMedien. DiemeistenKäu-
fer, so Gaymans, waren froh, sich überhaupt eine
Wohnung leisten zu können. Etliche kombinierten
aber auch zwei oder mehr Wohnungen – wie z. B.
eine Gruppe von Gläubigen, die in dem Hochhaus
ein Kloster mit Brauerei gründete. Ein außerge-
wöhnlicher Ort für ein Kloster, aber auch ein Hin-
weis darauf, wie vielfältig die Wohnbedürfnisse in
europäischen Großstädten mittlerweile sind.
Große, freundlich helle und moderne Erschließungsflächen prägen das Gebäude nun