ENERGIE UND TECHNIK
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10|2017
mung und dem Auswechseln der Fenster nicht
vorbei. Aber damit würde der Restwärmebedarf
mit regenerativen oder eben effizient erzeugten
Energien auf ein notwendiges Minimum abge-
senkt.
Letztlich entscheidet jedes Wohnungsunterneh-
men, ob und wie es Mieterstrommodelle reali-
sieren kann. Wohnungsgenossenschaften sind
hier durch die Gewerbesteuerbefreiung engere
Grenzen gesetzt, weswegen bei ihnen das Contrac-
ting, also das Beauftragen Dritter mit Installation,
Wartung und Belieferung sowie Abrechnung der
Energieerzeuger, als einzige Möglichkeit in Frage
kommt.
Contracting-Modelle benachteiligt
Doch gerade im Contracting ergibt sich auch die
größte steuerliche Hemmschwelle für denMieter-
strom. Zwar müssen Eigenverbraucher nur 40%
der EEG-Umlage zahlen. „Bei Mieterstrommo-
dellen führt das Einschalten eines Dienstleisters
de facto dazu, dass auf den Mieterstrom 100%
der EEG-Umlage gemäß § 60 EEG 2017 anfällt,
und dies, obwohl diese Dienstleister Mieterstrom
oftmals überhaupt erst ermöglichen“, so Birgit
Arnold, geschäftsführende Vizepräsidentin des
Contractorenverbandes VfW. Aber auch ohne
Dienstleister wird es nicht besser. Denn auch dann
ist die volle EEG-Umlage zu zahlen.
„Trotzdemmuss die Genossenschaft oder das Un-
ternehmen wissen, was es will“, so Florian Henle
vom Öko- und Mieterstromdienstleister Polar-
stern. „Will sie nur die Anlage besitzen, suchen
sie ein Investment oder wollen sie das Ganze selbst
betreiben?“ Seiner Erfahrung nach wollen die
meisten Unternehmen nicht den regulatorischen
Rattenschwanz haben, der bei der Einbindung von
Stromerzeugern und der Einspeisung von Strom
nötig ist. Sie setzen daher auf Contracting-Lö-
sungen.
Einer der erfahrenen Contractoren ist die Berli-
ner Energieagentur (BEA). Seit über 20 Jahren
hat sie 65 Mieterstromprojekte in Berlin und im
Brandenburger Umland realisiert und betreibt
sie noch heute. „Genossenschaften setzen häu-
fig auf Contracting“, weiß auch Volker Gustedt
von der BEA. Auch die „normale“ Wohnungs-
wirtschaft bevorzuge diese Lösung. „Sie wollen
sich auf ihr Kerngeschäft, das in Vermietung und
Bewirtschaftung liegt, konzentrieren“, nennt
Gustedt die Beweggründe. Ihm sind auch Bei-
spiele bekannt, wo Wohnungsbaugesellschaften
das selbst machen wollten und eigene Töchter
gründeten.
Wie kam Ihre Genossenschaft eigentlich auf
den Mieterstrom?
Die Bremer Höhe Berlin sollte 1999 an privaten
Investoren verkauft werden. Als Genossen ist es
uns mit einigen Anstrengungen gelungen, das zu
verhindern. Grundlage dafür war auch ein trag-
fähiges Energiekonzept. Denn bis dahin wurden
die Wohnungen noch mit Kohleöfen beheizt. Wir
brauchten also eine zukunftsfähige Wärmever-
sorgung, und das war ein Blockheizkraftwerk.
Stand die Lieferung des selbst erzeugten
Stroms an eigene Mieter von Anfang an im
Vordergrund?
Ja, bei KWK hat das schon damals nur funktio-
niert, wenn Sie den Strom an die eigenen Mie-
ter veräußert haben. Wir haben das Modell aber
ausgeschrieben nach dem damaligen Berliner
Energiestandard. Die Berliner Energieagentur
hat schließlich als Contractor das komplette
Modell übernommen und garantiert uns heute
noch Strom- und Wärmepreise, die immer min-
destens um 5% unter denen der GASAG oder von
Vattenfall liegen.
Contracting ist genau das Richtige für eine Woh-
nungsgenossenschaft wie unsere, um die Gewer-
besteuerfreiheit zu behalten. Für die Berliner
Energieagentur war es übrigens auch das erste
größere Projekt.
Haben denn alle mitgemacht?
Wir haben heute einen Anschlussgrad von 100 %.
Im Vorfeld haben wir natürlich mit allen Mitglie-
dern der Genossenschaft gesprochen. Wichtig ist
auch, dass wir keinen, auch nicht die Mieter, die
nicht Mitglied sind, diskriminieren und von denen
höhere Stromgebühren verlangen. Da steht der
Genossenschaftsgedanke im Vordergrund.
Vielen Dank für das Interview.
Die Fragen stellte Frank Urbansky.
Interview mit Klaus Mindrup
„
Wir brauchten eine zukunftsfähige
Wärmeversorgung
“
Für Wohnungsgenossenschaften gibt es – auch nach der zum 25. Juli in Kraft
getretenen Mieterstromnovelle – große Hürden, Mieterstrommodelle umzusetzen.
Das Aufsichtsratmitglied der Berliner Wohnungsgenossenschaft Bremer Höhe eG
und Mitglied des Deutschen Bundestages erklärt, wie die Genossenschaft Mieter-
strom anbieten und die Vermietungstätigkeit gewerbesteuerbefreit halten konnte.
Wohnungseinheiten:
462
BHKW:
70 kWel und 160 kWth
PV-Anlage:
231 Module
Leistung:
47 kWp
Brennwertkessel:
531 kWth + 950 kWth
CO
2
-Minderung:
ca. 479 t/a
Arbeitspreis:
etwa 24,9
c
t/kWh
MIETERSTROMMODELL DER
BREMER HÖHE EG
Quelle: Thomas Immo