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im Bauwerk belassen, sie sind jedoch jetzt nicht
mehr zu sehen. An ihrer Stelle zieren nun die –
optisch identischen –Werkstoffbänke die Fassade.
Von den 25 cm Verbunddämmung, die den Sa-
nierern für das Dach vorschwebten, waren die
Denkmalschützer zunächst nicht angetan, denn
das charakteristische Flugdach durfte nicht verän-
dert werden. Die Nassauische Heimstätte schnitt in
enger Absprachemit demAmt die Dachsparren ab,
sicherte dieWinddichtheit, brachte die Dämmung
an und setzte die Flügel an neue Sparren an. „Wir
haben hier die Skyline von Hanau um 25 cm er-
höht“, sagt Brinkmann. Kosten der Dachversetzung
für das ganze Ensemble: rund 100.000 €.
Für einweiteres Detail konnte bislang keine zufrie-
denstellende Lösung gefundenwerden: Das Klein-
mosaikpflaster, das in unregelmäßigen Grautönen
den Arkadengang und die Säulen verschönert, war
nirgendwo aufzutreiben. „Das gibt es leider nur
noch selten als recycelteWare in Bauhöfen“, weiß
Brinkmann nach Recherchen zu berichten. Die Ver-
antwortlichen hätten deshalb vorläufig entschie-
den, die Originale dort zu belassen – auch wenn
sie an einigen Stellen herausgebrochen oder mit
Graffiti überzogen sind.
Schlüsselobjekt des Stadtumbaus in Hanau
Die Sanierung zog sich insgesamt über einige
Jahre hin: Bereits im Jahr 2005 wurden Setzris-
se, das städtische Kanalnetz unter dem Gebäude
und die Abwasserleitungen saniert. 2012 folgten
die Balkone, im Jahr darauf schließlich wurde die
Wärme- und Warmwasserversorgung von Heizöl
auf Fernwärme umgestellt. 2014 begann dann die
eigentliche energetischeModernisierung. Bemer-
kenswert dennoch, dass alle Mieter während der
Maßnahme in ihrenWohnungen bleiben konnten.
Dr. Westphal: „Natürlich waren nicht alle Bewoh-
ner begeistert von den dauernden Bauarbeiten,
jedoch gab es auch viele, die gesagt haben: Ich
wohne jetzt seit 50 Jahren hier, aber erst jetzt
fühle ich mich so richtig zu Hause!“
Das Kammgebäude wurde behutsam
erneuert und wärmegedämmt. Dank der
Rekonstruktion prägender baulicher Details
an den Fenstersimsen, Dachüberständen
und Einfassungen der Schaufenster sowie
des Kleinmosaikpflasters entstand ein
kleines Juwel
Quelle: Nassauische Heimstätte/Wohnstadt
Adresse:
Flur 30, Flst. 353/3, Am Freiheitsplatz 5, 7/7a, 9, 11/11a, 13, 15 sowie
Fahrstraße 11, 13
Bauherr:
Nassauische Heimstätte
Architekt:
Nassauische Heimstätte
Baujahr:
1957
Wohnraum:
56 Wohnungen plus zehn Ladengeschäfte
Beschreibung:
Abfolge von vier 5-geschossigen Wohn- und Geschäftsbauten mit
zwischengeschalteten zweigeschossigen Ladentrakten – dadurch entsteht
die Form eines liegenden Kamms
Besonderheiten:
Asymmetrische Flugdächer, schiefwinklige Balkone mit Riemchenverzie-
rung – stilistisch an Hans Scharoun angelehnt, schlanke Treppenhäuser
mit vertikal durchlaufenden Fensterbändern, Laubengang unter einer
Pfeilerkonstruktion mit Kleinmosaikpflaster und vieles mehr
Dämmung:
10 cm Wärmedämmungsverbundsystem mit 25 cm Aufdachdämmung,
6 cm Kellerdecke, Ergebnis: Mit 77 kWh/m2 per anno rund 50% weniger
Heizwärmebedarf, Isolierfenster mit VSG-12 Zweifachverglasung,
U-Wert 1,6 W/m
2
k, entlang der Schaufensterfront
Technik:
Umstellung der Heizung und der Warmwasserversorgung auf Fernwärme,
zentraler Wärmetauscher (Rückbau der Gasleitungen und Gas-Wasser-
Heizer)
Gesamtinvestition
für die Sanierung:
über 3 Mio. €
Zuschuss:
KfW-Förderprogramm und Fassadenprogramm der Stadt Hanau
STECKBRIEF KAMMGEBÄUDE, HANAU
NEUBAU UND SANIERUNG
Das denkmalgeschützte Kammgebäude
am Hanauer Freiheitsplatz sollte wieder
ein Schmuckstück werden – und das ist
es nicht nur als Visualisierung geworden
Quelle: HHVISION