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10|2016
Wohnen im Denkmal
Elstal: vom Schandfleck zum Schmuckstück
Jahrzehntelang wurde die denkmalgeschützte Eisenbahnersiedlung in dem westlich von Berlin
gelegenen Elstal vernachlässigt. Dann entschied sich die Deutsche Wohnen AG für eine umfangreiche
Sanierung – und freut sich jetzt über eine hohe Nachfrage vor allem durch junge Familien.
Holger Schreiber verbindet mit der Eisenbahner-
siedlung Elstal viele persönliche Erinnerungen. In
der Schulstraße wuchs seine Mutter auf, erzählt
der Bürgermeister der Gemeinde Wustermark, zu
der Elstal gehört. Acht Personen teilten sich da-
mals eine 2,5-Zimmer-Wohnung. Allerdings gab
es, wie Schreiber berichtet, auch größereWohnun-
gen, in denen die Lokführer wohnten. Die galten
nämlich als etwas Besseres: „Die Frau Lokführer“,
erzählt Schreiber schmunzelnd, „wurde in den Lä-
den bevorzugt bedient.“
Errichtet wurde die etwa 25 kmwestlich von Ber-
lin gelegene Siedlung zwischen 1919 und 1938.
Gedacht war sie für Mitarbeiter des Rangierbahn-
hofs, der bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts in
Wustermark angelegt worden war. Diesen bot sie
eine hohe Wohnqualität, orientierte sie sich doch
an den Vorstellungen des österreichischen Archi-
tekturtheoretikers Camillo Sitte und den Prinzipi-
en der Gartenstadt. Entsprechend verfügte jede
Wohnung über einen 100 m
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großen Nutzgarten.
Mittelpunkt der Anlage war der Marktplatz (der
heutige Karl-Liebknecht-Platz), um den sich die
Infrastruktur mit diversen Läden und sogar eine
Kirche gruppierte.
Doch aus der einst privilegiertenWohnanlage wur-
de mit der Zeit ein Problemfall: Über Jahrzehnte
hinweg wurde kaum in die Häuser investiert. Die
Folgenwaren ein desolater baulicher Zustand und
Christian Hunziker
freier Immobilienjournalist
Berlin
Der Marktplatz ist das Zentrum der Eisenbahnersiedlung Elstal
Quelle aller Fotos: Deutsche Wohnen, Foto: Anja Steinmann
NEUBAU UND SANIERUNG