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            2|2016
          
        
        
          
            MARKT UND MANAGEMENT
          
        
        
          
            Interview mit Prof. Dr. Claudia Mast
          
        
        
          
            „Kommunikation ist kein Selbstzweck –
          
        
        
          
            zum Storytelling gehört entscheidend
          
        
        
          
            auch das Storydoing“
          
        
        
          Die Bedeutung der Kommunikation über Nachhaltigkeitsthemen wird in der Fachwelt häufig
        
        
          thematisiert, hingegen weniger die Nachhaltigkeit der Kommunikation selbst. Gibt es dafür überhaupt
        
        
          eine Grundlage? Was kann in der Kommunikation nachhaltig sein, welche Kriterien greifen hier?
        
        
          
            Quelle: Universität Hohenheim
          
        
        
          
            Von Kommunikationsfachleuten wurde
          
        
        
          
            bisher selten die Nachhaltigkeit der Kommu-
          
        
        
          
            nikation selbst thematisiert. Wie ordnen Sie
          
        
        
          
            das ein?
          
        
        
          Nachhaltigkeit als Thema der Kommunikation ist
        
        
          zu einem Buzzword geworden. Es wird geradezu
        
        
          inflationär benutzt, wenn es um werbewirksame
        
        
          öffentliche Präsentationen von Organisationen
        
        
          und Unternehmen geht. Und nicht zu verges-
        
        
          sen – es wird auch häufig missbraucht, wenn via
        
        
          Kommunikationsmaßnahmen den Zielgruppen
        
        
          gegenüber eine vermeintliche Nachhaltigkeit vor-
        
        
          gegaukelt wird. „Greenwashing“, rufen dann die
        
        
          Kritiker zu Recht (siehe DW1/2016, S. 38). Daher
        
        
          wird jetzt zunehmend über die Nachhaltigkeit der
        
        
          Kommunikationsprozesse selbst nachgedacht, die
        
        
          in vielen Fällen einfach ins Leere laufen oder auch
        
        
          kritischen Stimmen indirekt Recht geben.
        
        
          Denn eine Kommunikation der sog. Corporate
        
        
          Social Responsibility, die nicht auf verantwor-
        
        
          tungsbewusstem Handeln in der Wirtschaft im
        
        
          Sinne der Nachhaltigkeit basiert, ist einfach nicht
        
        
          glaubwürdig – ebensowenig eine Kommunikation
        
        
          vonWorthülsen undModebegriffen. DieMenschen
        
        
          durchschauen, dass eine solche „Werbung“ eben
        
        
          nicht durch die Wirklichkeit gedeckt ist. Oder
        
        
          sie erkennen, dass solche Informationen nichts
        
        
          wert sind. Eines ist klar: Kommunikation kann
        
        
          verantwortungsbewusstes Handeln in der Wirt-
        
        
          schaft nicht ersetzen, wohl aber unterstützen und
        
        
          verstärken. Daran ändert sich auch nichts, wenn
        
        
          man jetzt verstärkt über die Nachhaltigkeit der
        
        
          Kommunikation nachdenkt.
        
        
          
            Der Begriff Nachhaltigkeit hat seinen
          
        
        
          
            Ursprung in der deutschen Forstwirtschaft.
          
        
        
          
            Bei einer nachhaltigen Forstwirtschaft geht
          
        
        
          
            es darum, in einem bestimmten Zeitraum
          
        
        
          
            nur so viel Holz zu schlagen, wie in diesem
          
        
        
          
            Zeitraum nachwachsen kann. Kann man den
          
        
        
          
            Begriff auf die Kommunikation, den Umgang
          
        
        
          
            mit Kommunikation beziehen? Engt er nicht
          
        
        
          
            die Fähigkeit eines Unternehmens ein, flexi-
          
        
        
          
            bel auf Situationen zu reagieren?
          
        
        
          Von nachhaltiger Kommunikation spricht man
        
        
          dann, wenn es um Glaubwürdigkeit, Vertrauen
        
        
          und Verantwortung geht. Die Kommunikations-
        
        
          prozesse und -maßnahmen werden auf den Prüf-
        
        
          stand gestellt, ob sie mit Blick auf die Zeitachse
        
        
          und die unterschiedlichen Akteure  in sich stimmig
        
        
          undmit Blick auf die Nachhaltigkeitsdimensionen
        
        
          verantwortbar sind. Ausschlaggebend aber ist die
        
        
          Perspektive der Menschen, an die sich die Kom-
        
        
          munikation richtet und die ggf. betroffen sind.
        
        
          Das sind unterschiedliche Perspektiven und He-
        
        
          rangehensweisen. Allerdings gilt auch hier: Die
        
        
          Verwendung des Schlagwortes „Nachhaltigkeit“
        
        
          garantiert keineswegs, dass solche Kommunikati-
        
        
          onsprozesse auch ihr Ziel erreichen. Wichtig sind
        
        
          intakte Kommunikationsbeziehungen und über-
        
        
          zeugende, zutreffende Aussagen, auf die sich die
        
        
          Menschen verlassen können.
        
        
          
            Wie kann man die gängige Definition von
          
        
        
          
            Nachhaltigkeit (ökonomisch, ökologisch,
          
        
        
          
            sozial) auf Kommunikation übertragen?
          
        
        
          Die Dimensionen der Nachhaltigkeit beziehen sich
        
        
          auf die Sachebene, also die Gegenstände und The-
        
        
          men, worüber kommuniziert wird. Einem Kom-
        
        
          munikationsprozess attestiert man das Attribut
        
        
          „nachhaltig“ dann, wenn leistungsfähige und
        
        
          glaubwürdige Beziehungen zu den Stakeholdern
        
        
          einer Organisation oder eines Unternehmens be-
        
        
          stehen. Hier geht es also darum, ob sich zwischen
        
        
          den Akteuren Vertrauen entwickeln kann. Das ist
        
        
          nur möglich, wenn Reden und Tun in Überein-
        
        
          stimmung sind und auch die Kommunikation auf
        
        
          Vertrauen und Verständigung ausgerichtet, d. h.
        
        
          
            „Die Verwendung des Schlagwortes ‚Nachhaltigkeit‘ garantiert
          
        
        
          
            keineswegs, dass Kommunikationsprozesse auch ihr Ziel erreichen.
          
        
        
          
            Wichtig sind intakte Kommunikationsbeziehungen und überzeu-
          
        
        
          
            gende, zutreffende Aussagen, auf die sich die Menschen verlassen
          
        
        
          
            können.“