DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 11/2015 - page 45

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11|2015
Altengerechtes Wohnen
Graue Wohnungsnot
Droht Deutschland eine „graue Wohnungsnot“? Gibt es in Deutschland genügend altengerechte
Wohnungen – heute und in der Zukunft? Um diese Frage zu beantworten, muss zunächst einmal
geklärt werden, was unter altengerechten (oder barrierefreien) Wohnungen verstanden wird. Danach
kann erst das derzeitige Angebot und der zukünftige Bedarf ermittelt werden. In diesem Artikel
werden die hierzu sehr unterschiedlichen Positionen aufbereitet.
Es gibt keine einheitliche Definition von alten-
gerechten Wohnungen; jedoch soll eine alten-
gerechte Wohnung am Bedarf älterer Menschen
ausgerichtet sein. Imallgemeinen Sprachgebrauch
werden hierfür auch die Begriffe „barrierefrei“,
„barrierearm“, „behindertengerecht“, „rollstuhl-
gerecht“ oder „seniorenfreundlich“ verwendet.
Gesetzlich definiert ist einzig der Begriff „barri-
erefrei“ in §4 BGG (Behindertengleichstellungs-
gesetz) wie folgt: „Barrierefrei sind bauliche und
sonstige Anlagen, … wenn sie für behinderte
Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne
besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne
fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.“ Dies
könnte auch im weiteren Sinne entsprechend auf
altengerechte Wohnungen zutreffen.
Bestand
Nach dem Zensus 2011 des Statistischen Bun-
desamtes waren 11,2 Mio. oder 28,1 % aller
Haushalte mit einem Haupteinkommensbezie-
her 65 Jahre und älter. Gleichzeitig gab es rund
40,5 Mio. Wohnungen in Deutschland; wie viele
davon barrierefrei sind, wurde statistisch jedoch
nicht erfasst.
Die Schätzungen über das gesamte barrierefreie
Wohnungsangebot in Deutschland variieren
nach dem „Wohnatlas“ (KDA, Wüstenrot Stif-
tung, 2014) zwischen ein und drei Prozent des
Wohnungsbestandes. Somit könnten zwischen
400.000 und 1,2 Mio. Wohnungen barrierefrei
bzw. altengerecht sein, wobei diese aber von
unterschiedlichen Nutzergruppen nachgefragt
werden.
Bei den Seniorenhaushalten lebten nach der Re-
präsentativbefragung der Studie „Wohnen im
Alter“ (BMVBS, 2011) von 962 befragten Haus-
halten 5,2% inWohnungen, die sowohl inner-
Prof. Dr. Günter Vornholz
Immobilienökonomie
EBZ Business School
Bochum
16.000
35
8.000
15
12.000
25
4.000
5
14.000
30
6.000
10
10.000
20
2.000
0
0
Anteil der 65- bis 75-Jährigen in %
Anzahl der 65- bis 75-Jährigen in Tausend
Anteil der 75-Jährigen und Älteren in %
Anzahl der 75-Jährigen und Älteren in Tausend
BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG ÄLTERE MENSCHEN
2014
2020
2045
2015
2040
2025
2050
2030
2055
2035
2060
Quelle: EBZ
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