DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 8/2015 - page 57

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8|2015
Komplexität reduzieren, Kosten senken
Weil sich Vorschriften, Normen und Auflagen
nun mal nicht beeinflussen lassen, bleibt nur ein
Weg, die Baukosten zu reduzieren: Man muss die
Prozesse optimieren. Und zwar bereits in der
Planungsphase. Genau da setzt das Konzept der
Mikrolofts an. Im Bewusstsein der Schwierigkeit
der Aufgabe, hat die Familienheim Schwarzwald-
Baar-Heuberg eG die unterschiedlichsten Exper-
ten an einen Tisch geholt: Dazu zählten die erfah-
renen Architekten Gerhard Janasik und Manfred
Schneider. Komplettiert wurde die Runde durch
Bauingenieure, Statiker, Gebäudetechniker und
Energieplaner.
Die Zielsetzung hat die Genossenschaft vorge-
geben: ein neues Konzepthaus zu entwickeln,
das maximalen Wohnkomfort und eine moderne
Ausstattung zu einemgünstigenMietpreis ermög-
licht. Konkret bedeutet das: Die Kaltmiete sollte
unterhalb 7,- €/m
2
liegen. Die „6“ musste also
vor dem Komma stehen. Denn auch in Villingen-
Schwenningen liegen die Mietpreise im Neubau
mittlerweile zwischen 8,- und 9,- €/m
2
.
Was zunächst nach der Quadratur des Kreises
klingt, ist dem Expertenzirkel nach einem Jahr
intensiver Zusammenarbeit schließlich geglückt.
Den Teilnehmern wurde schnell klar, dass eine
effiziente Verzahnung sämtlicher Gewerke den
größten Hebel zur Kosteneinsparung darstellt. Des
Weiteren wirkt sich der Verzicht auf ein Treppen-
haus, die Reduzierung von Leitungssträngen auf
ein Minimum und die Festlegung einheitlicher
Fenstergrößen kostensenkend aus. Die Ergebnisse
der arbeitsintensiven Planungsrunden mündeten
schließlich in das Mikroloft-Konzept. Ein „cleve-
rer“ Gebäudetyp, der ohne Satteldach, Keller und
Technikräume auskommt. Statt Tiefgarage gibt
es Carports. Die Mikrolofts lassen sich als 2- bis
5-Geschosser realisieren. Den Fahrstuhl gibt es
nur ab drei Geschossen.
Ob übereinander, nebeneinander oder hinterei-
nander - selbst Laien gelingt es, die Baukörper
problemlos der jeweiligen Grundstückssituation
bebauungsplankonform anzupassen. Einen Ar-
chitekten braucht es dazu nicht mehr, denn das
Mikroloft entsteht in modularer Bauweise mit
ständiger Wiederholung identischer Maßeinheiten
und einer inwändig offenen Bauweise. Der Ener-
gieeffizienzstandard KfW 70 sorgt für niedrige
Nebenkosten.
Kompakt und trotzdem top
Die kompakten Wohnungsgrundrisse mit einer
Größe von 50 bis 65 m
2
sind hochwertig ausge-
stattet. Jede Wohnung hat einen großzügigen
Balkon, Parkettböden, eine hochwertige Elek-
troausstattung sowie zwei Abstellräume. ZumBa-
sispaket gehören zudemeine bodengleiche Dusche
mit zeitgemäßen Armaturen und Thermostatre-
gelung. Der besondere Clou: Die Wohnungen sind
zu 50% schwellenfrei und lassen sich bei Bedarf
sogar rollstuhlgeeignet konfigurieren. Mit ihrer
puristischen Industriearchitektur sehen die Mik-
rolofts obendrein auch noch sehr schick aus. Und
der Mietpreis? 6,43 €/m
2
!
In Bestlage günstig wohnen
„Einfach schön wohnen“, der Slogan der Famili-
enheimSchwarzwald-Baar-Heuberg in Villingen-
Schwenningen ist für die Baugenossenschaft Ver-
sprechen und Verpflichtung zugleich. Es versteht
sich daher fast von selbst, dass dieMikrolofts nicht
in unliebsamen Randlagen errichtet werden,
sondern dort, wo jeder gerne wohnen möchte:
in Bestlage. Die ersten acht Einheiten, mit denen
die Baugenossenschaft an den Start ging, sind im
wahrsten Sinne des Wortes „weggegangen wie
warme Semmeln“.
So geht es weiter
Und weil das Interesse an diesem Wohnungstyp
auch an anderen Standorten in der Region enorm
ist, ließ der offizielle „Rollout“ nicht lange auf
sich warten. Anfang dieses Jahres fiel in Bad
Dürrheim der Startschuss für den ersten großen
Bauabschnitt mit 35 Einheiten. Dort werden die
Mikrolofts allerdings auf ausdrücklichen Wunsch
des Gemeinderats mit einer Tiefgarage gebaut.
Auch eine 90-m
2
-Penthouse-Wohnungmit Dach-
terrasse wird es bei diesem Bauvorhaben geben.
Anscheinend kommen Architektur und Konzept so
gut an, dass jetzt auch Gutverdiener das Wohn-
konzept hip finden, das eigentlich für Menschen
entwickelt worden ist, die auf dem freien Markt
mit ihrem zur Verfügung stehenden Budget nur
schwer fündig werden. Das spricht für die Ex-
pertenrunde, die das Konzept entwickelt hat.
Der Coolness-Faktor, den die Mikrolofts für Nor-
mal- bis Gutverdiener haben, wird dann eher zum
Risikofaktor, wenn das Konzept mehr und mehr
auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten wird. Denn
der ursprüngliche konzeptionelle Ansatz, soziale
Ungleichheiten zu minimieren, wird mit dieser
Zielgruppe konterkariert.
Quelle: Familienheim Schwarzwald-Baar-Heuberg eG
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„Wohnungsbau-Studie 2015“ Verbändebündnis
Wohnungsbau
Sebastian Merkle, geschäftsführender Vorstand und Azubi Jan Halbherr
zwischen Axel Gedaschko und Prof. Hansjörg Bach
Quelle: Aareon
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