8
Sonderheft Finanzierung |2015
Neben den negativen volkwirtschaftlichen Aus-
wirkungen, sollten Anleger vermehrt Risiken ein-
gehen, können sich aber auf Unternehmensebe-
ne ganz konkrete Verlustsituationen einstellen,
wenn risikoreiche Anlagen getätigt werden. Im
derzeitigen Zinsumfeld sollte daher besonders auf
das Risiko-Nutzen-Verhältnis geachtet werden.
Betrachtet man die aktuelle Situation auf den An-
lagemärkten, zeigt sich ein Bild, dass für sichere
Anlagen kaum noch auskömmliche Zinserträge
erzielt werden können. Die Bankeneinstände für
ein-, zehn- und dreißigjährige Laufzeiten zeigen,
dass kaum noch Luft nach unten ist.
Gibt es gesetzliche Anforderungen
an Geldanlagen?
Über das Eingehen von Risiken bei Geldanlagen
können Wohnungsunternehmen im Rahmen ih-
rer Geschäftspolitik in der Regel frei entscheiden,
da es keine direkten gesetzlichen Vorgaben gibt.
Grundsätzlich sollte aber eine Anlagestrategie
mit Anforderungen an das Risikoprofil von Geld-
anlagen im Unternehmen erarbeitet und ggf.
mit den Aufsichtsgremien abgestimmt werden,
um Haftungsfragen für die Geschäftsführung
zu minimieren. In der Anlagestrategie wird der
Rahmen und das Risikoprofil für Geldanlagen
festgelegt. Neben den traditionellen Kontoanla-
gen bei Banken definiert das Unternehmen dabei
den gesamten Bereich der zugelassenen Invest-
mentarten mit Volumenbegrenzung (z. B. Pfand-
briefe, Bankschuldverschreibungen, Staats- und
Unternehmensanleihen, Fondsanteile) als auch
Einzelkontrahentenlimite.
Anders sieht es bei Wohnungsgenossenschaften
mit Spareinrichtung aus. Diese haben die bank-
aufsichtsrechtlichen Vorgaben der MaRisk (Min-
destanforderungen an das Risikomanagement) zu
beachten. Jegliche Form der Geldanlage muss im
Rahmen des Risikotragfähigkeitskonzeptes Be-
rücksichtigung finden und einem angemessenen
Risikocontrolling unterworfen werden.
Liquiditätsmanagement im
Wohnungsunternehmen – Pflicht oder Kür?
Wohnungsunternehmen sollten ein aktives Li-
quiditätsmanagement betreiben. Dabei sollte
neben der strategischen Liquiditätsreserve die
Reinvestition der liquiden Mittel in den Woh-
nungsbestand im Vordergrund des Liquiditäts-
management stehen.
Grundsätzlich muss das Unternehmen jederzeit
in der Lage sein, seinen Zahlungsverpflichtungen
nachzukommen. Dabei kommt dem Aufbau einer
Liquiditätsreserve eine tragende Bedeutung zu.
Neben der langfristigen Finanzierung des Anlage-
vermögens wird es auch kurz- und mittelfristige
Finanzierungsbedürfnisse, wie z. B. den Ankauf
vonWohnungen oder Bestandsmodernisierungen,
geben, für die freie Liquidität benötigt wird.
Die Liquiditätsreserve eines Wohnungsunterneh-
mens wird üblicherweise nach Laufzeitkategorien
unterteilt. Sie umfasst dabei
• die operative Liquidität (täglich verfügbare
Liquidität),
• die Krisenvorsorge (Barreservemit einemkurz-
bis mittelfristigen Anlagehorizont bis ca. 12
Monate) und
• die strategische Liquiditätsreserve (mittel- bis
langfristige Liquidität mit einer Anlagedauer
von mehr als einem Jahr).
Die täglich verfügbare Liquidität sollte von Woh-
nungsunternehmen i. d. R. in Formvon Kontogut-
haben bei Banken (laufende Konten bzw. Geld-
marktkonten) in risikolosen Anlagen vorgehalten
werden.
Die Barreserve mit einem kurz- bis mittelfristi-
gen Anlagehorizont kann einerseits ebenfalls über
Kontoguthaben bei Banken (Festgelder, Termin-
gelder), andererseits z. B. über kurzlaufende An-
leihen mit bester Bonität geparkt werden.
Die mittel- bis langfristige Liquiditätsreserve
verfolgt das Ziel, eine angemessene Rendite zu
erwirtschaften. Die Anlage kann in Anleihen,
Pfandbriefen oder über Fonds (z. B. mit Kapitaler-
haltungsgarantie) erfolgen.
WP/StB Ingeborg Esser
Hauptgeschäftsführerin des GdW
und Vorstand GdW Revision AG,
Berlin
WP Christian Gebhardt
Referent Betriebswirtschaft,
Standardsetting, Rechnungsle-
gung, Prüfung und Förderung,
GdW Berlin
Chancen und Risiken von kurzfristigen Zinsbindungen
Geldanlagen in Zeiten niedriger Zinsen
„Im aktuellen Niedrigzinsumfeld bestehen Anreize, dass Anleger vermehrt Risiken eingehen“,
heißt es im aktuellen Finanzstabilitätsbericht der Deutschen Bundesbank, der am 25. November 2014
im Rahmen einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main vorgestellt wurde. Zwar sieht die Deutsche
Bundesbank das Streben nach Rendite als ein normales Verhalten an, befürchtet aber negative
Auswirkungen, wenn kein ausreichender Risikopuffer vorhanden ist.
Die Investition liquider Mittel in den Wohnungsbestand sollte
bei gleichzeitiger Absicherung der notwendigen Liquidität oberste
Priorität haben.
SONDERHEFT FINANZIERUNG