DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4/2015 Sonderheft - page 9

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Sonderheft Finanzierung |2015
spanne der Universalbanken in Deutschland in
den 1990er Jahren über 3,00% und hat sich im
Niveau kontinuierlich bis Ende 2013 verringert:
Wenn auch die Wertberichtigungen für Kredite in
den letzten Jahren nach der Finanzkrise deutlich
niedriger ausgefallen sind als erwartet, so ändert
dies nichts an der Tatsache, dass sich das zinsab-
hängige Bankgeschäft als wesentlicher Teil eines
tradierten Geschäftsmodells überholt hat. ImGe-
gensatz zu den vergangenen Jahrzehnten können
sich die Banken heute und auch in Zukunft nicht
mehr auf eineman die Zinsentwicklung gekoppel-
ten (bilanzwirksames) Zinsgeschäft als einzigem
Wertschöpfungsinstrument ausruhen. Dies mag
auch dazu geführt haben, dass sich Banken in
den Jahren vor der Finanzkrise zu hoch riskanten
Geschäftenmit Derivatenwie den CDOs (als Form
der ABS) und entsprechenden Erfolgsaussichten
haben hinreißen lassen.
Reaktionen
Die EZB und der Gesetzgeber versuchen nun mit
aller Kraft, diesen Teufelskreis zu durchbrechen:
Die EZB kauft die noch in den Bankbilanzen ak-
tivierten Titel (Repo-Geschäft der EZB) auf, der
Gesetzgeber verschärft die Eigenkapitalvorschrif-
ten sowie die Anforderungen an die Risikovorsorge
und die nationalen Aufsichtsinstitutionen - meist
in Zusammenarbeit mit der EU - führen Stresstest
sdurch, um die Krisenanfälligkeit des jeweiligen
Bankensystems zu überprüfen.
Nebenbei bemerkt sind die Ergebnisse des letzten
Stresstests nicht wirklich beruhigend, auch wenn
die Banken ihr Eigenkapital deutlich aufgestockt
haben. Aber die Tatsache, dass in Europa jede
fünfte Bank den Stresstest nicht bestanden hat,
dass Kredite insgesamt mit weit über 100 Mrd. €
nicht abgeschrieben wurden, obwohl sie hätten
abgeschrieben werden müssen, und dass Aktiva
mit über 40 Mrd. € im Wert zu hoch angesetzt
worden sind, zeigt insgesamt, dass sich das Ban-
kensystem zwar allmählich aus dem „Krisental“
herausbewegt, aber noch lange nicht festen Boden
unter den Füßen hat. Notenbanken und Gesetzge-
ber können nur die Symptome kurieren, aber nicht
die Krankheitsursache an sich und die ist und bleibt
die schwindende Ertragskraft der Kreditinstitute.
Hier gilt die alte Kaufmannsweisheit: „Wer nichts
verdient, ist wirtschaftlich instabil.“
Die Ursache liegt im Verharren der Banken auf
einem Geschäftsmodell mit überkommenen
Produkten und Vertriebswegen. Non- und Near-
Banks wie Möbelhäuser, Automobilhersteller
oder Versicherungen sind innovativer und drin-
gen zunehmend in Teilsegmente der Kreditinsti-
tute ein, ohne dass die Kreditinstitute auf diese
Entwicklung eine klare und eindeutige Antwort
haben, wie z. B. auch auf die zunehmenden In-
novationen im Kommunikationsbereich und das
veränderte Zahlungsverhalten. Aus Bankenkreisen
ist immer wieder das Argument zu hören, dass mit
den neuen Kommunikationsmitteln kein zusätzli-
ches Geschäft zu machen ist. Was aber nicht das
eigentliche Problem ist, sondern es geht darum,
wie das Geschäft überhaupt „gehalten“ werden
kann. Oder das Thema des kostengünstigeren
und effizienteren Supermarkt-Banking statt dem
herkömmlichen stationären Vertrieb. Oder inno-
vative Produkte der Mittelstandsfinanzierung via
Anleihenmarkt. Oder eine wettbewerbsfähigere
Preispolitik. Oder innovative Produkte imBereich
der privaten Altersvorsorge als Antwort auf den
demografischen Wandel. Dieser Beispielskatalog
könnte noch weiter ausgeführt werden.
An dieser Stelle könnte sich die Immobilienbran-
che fragen: Was geht uns das an? Die Antwort:
Sehr viel. Denn Kreditinstitute sind und werden
auch auf absehbare Zeit die Hauptfinanzierer
der Immobilientransaktionen und -projekte blei-
ben. Knapp 60% der Immobilienfinanzierung in
Deutschland erfolgt durch die Kreditinstitute. Je
mehr diese unter Druck geraten, umso weniger
sind sie geneigt, Kredite auszuleihen und schon
gar nicht, risikoreichere Immobilieninvestments
zu finanzieren. So hat der Immobilienmarkt dies
in den letzten Jahren zu spüren bekommen: Stei-
gender Eigenkapitalanteil und Core-Immobilien
waren und sind Voraussetzungen für eine Kredit-
finanzierung.
Ausblick
Für die nahe Zukunft bleibt es dabei, dass die EZB
weiterhin die Geldmärkte mit Liquidität fluten
wird und dass die Zinsen bis 2017 in keinem Fall
nennenswert steigen werden. Die Kreditauslei-
hung der Banken wird weiter zurückgehen bzw.
stagnieren. Vor diesem Hintergrund ist der Im-
mobilienwirtschaft dringend zu raten, sich andere
Finanzierungsquellen zu erschließen.
Quelle: shutterstock.com, Foto: telesniuk
Die neue EZB-Zentrale in
Frankfurt/Main
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