Controller Magazin 4/2017 - page 89

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Auswahl des richtigen
Lösungsweges
Eine sorgfältige Abwägung der Möglichkeiten
von Alternativverfahren vermeidet zeit- und
kostenintensive Fehlentscheidungen. Mit der
Auswahl des richtigen Lösungsweges für die
jeweilige rechtliche Auseinandersetzung wird
die Geschäftsbeziehung nicht gefährdet und
eine schnelle und möglichst gütliche Einigung
zwischen den Parteien erzielt.
Entscheidungskriterien
Die Auswahl der Konfliktlösung hängt von der
Komplexität der Situation und der Bedeutung des
Konfliktpartners ab. Abbildung 1 zeigt die Fakto-
ren der günstigsten Lösung. Der Anwalt kann die
Durchsetzung der Mandanteninteressen im Ein-
zelfall gewährleisten,
wobei die Erfolgswahr-
scheinlichkeit eines Rechtsstreites das pri-
märe Entscheidungskriterium ist
. Das Cont-
rolling verfolgt hingegen einen umfassenderen
Ansatz: die Sicherung des langfristigen Unter-
nehmenserfolges. Dabei fließen die Ansichten
des Rechtsberaters ein, sind allerdings nicht allei-
nige Entscheidungsgrundlage. Analogien zu an-
deren Entscheidungen, bspw. in Budgetgesprä-
chen, können durchaus gezogen werden, ist es
doch auch Aufgabe des Controllings, divergieren-
de Ansichten und Interessen zusammenzuführen.
Komplexität der Situation
Die meisten unternehmerischen Aktivitäten
stellen Standardprozesse dar, wofür entspre-
chende Standardverträge existieren, bspw. für
Lieferanten- bzw. Kundenaufträge. Diese Ver-
träge werden vielfach angewendet, um für bei-
de Vertragsparteien die notwendige Rechtssi-
cherheit zu schaffen. Neben eindeutig be-
schriebenen Leistungen und Gegenleistungen
gibt es auch Vereinbarungen, die ambivalent
formuliert sind – zumindest aus Sicht eines Be-
teiligten. Typische Beispiele sind:
·
Die Leistung eines externen Partners baut auf
Vorausetzungen auf, die der Kunde liefert. So
soll der Baugrund für ein Gebäude vorberei-
tet sein, oder benötige Zulieferungen müs-
sen zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen
Menge und Qualität vorhanden sein.
einander zuführt, um als Ziel eine gütliche Eini-
gung zu erwirken. Der Mediator ist im Gegensatz
zum Schlichter eine unbeteiligte Person, die den
Parteien keinen Vergleichsvorschlag unterbrei-
tet; vielmehr wird die Lösung von den Parteien
selbst erarbeitet. Der Mediator ist lediglich ein
Helfer für die Kommunikation zwischen den Par-
teien und verfügt im Gegensatz zum Richter
über keine Entscheidungskompetenz. Vorteil der
Mediation ist, dass die Parteien aktiv an einer
Lösung für ihre Streitigkeit arbeiten und Anfang,
Inhalt und Ergebnis des Verfahrens selbst be-
stimmen. Für die meist formlos stattfindende
Mediation spricht auch die Zeit- und Kostener-
sparnis. Der Nachteil der Mediation liegt darin,
dass kein außenstehender Dritter eine Entschei-
dung in der Streitsache trifft, sondern die Partei-
en für den Erfolg selbst verantwortlich sind.
Kann keine Einigung erzielt werden, fallen die
Kosten der Mediation zusätzlich zu den Kosten
eines ordentlichen Gerichtsverfahrens an.
Kompromiss
„Miteinander sprechen“ erscheint einfach –
und sollte grundsätzlich von den Parteien ange-
strebt werden. Nur eben grundsätzlich, nicht
aber im relevanten Einzelfall. Hier gilt es für die
Involvierten, selbstkritisch das eigene Verhalten
zu hinterfragen. Weiterhin gilt es für das Cont-
rolling zu klären, inwieweit das Geschäftsmo-
dell die Notwendigkeit zur Kompromisssuche
beinhaltet. Sind die Transaktionen tendenziell
konfliktanfällig, kann eine Weiterbildung im Be-
reich der Kompromissfindung hilfreich sein. Da-
bei gilt es festzulegen, in welchen Situationen
die Kompromisssuche den ersten Lösungsan-
satz darstellt, aber auch parallel darzustellen,
wo diese Möglichkeit nicht besteht bzw. nicht
gewünscht wird. Insbesondere wenn aktiv nach
Möglichkeiten zusätzlicher Erlöse über ein
„Claim Management“ und Auftragsnachträge
gesucht wird, bleibt die Frage offen, ob auf die-
ser Vorgehensweise eine belastbare Geschäfts-
beziehung aufgebaut werden kann.
nen Kompromiss für beide Parteien zu erzielen
und damit die Geschäftsbeziehung aufrechtzu-
erhalten im Vordergrund. Auch der im Vergleich
zum ordentlichen Gerichtsverfahren schnellere
und kostengünstigere Ablauf stellt einen Vorteil
der Schlichtung dar. Ist eine gütliche Einigung
nicht möglich, steht den Parteien immer noch
ein ordentlicher Rechtsweg offen. Der Nachteil
der Schlichtung liegt darin, dass es sich hierbei
um einen unverbindlichen Kompromiss zwi-
schen den Parteien handelt; dies kann dazu
führen, dass eine Partei im Anschluss an eine
Schlichtung ein ordentliches Gerichtsverfahren
anstrengt, sofern dies nicht durch die Schlich-
tungsverordnung ausgeschlossen ist.
Schiedsverfahren
Das Schiedsverfahren wird vor einem Streitfall
anstelle des ordentlichen Rechtsweges vertrag-
lich vereinbart. Dann entscheidet nicht ein or-
dentlichen Gericht, sondern ein privates
Schiedsgericht endgültig und für die Vertrags-
parteien bindend über die Streitigkeit. Es gibt
sowohl institutionelle Schiedsgerichte als auch
sogenannte ad-hoc-Schiedsgerichte, bei denen
die Parteien erst im jeweiligen Streitfall die
Schiedsrichter bestimmen. Das Schiedsverfah-
ren hat gegenüber dem ordentlichen Gerichts-
verfahren den Nachteil, dass keine Rechtsmittel
wie Berufung oder Revision existieren. Aller-
dings bietet das Schiedsverfahren viele Vorteile,
da sich die Parteien bereits vor einer Streitigkeit
auf den jeweiligen Schiedsrichter und den Ort
der Verhandlungen einigen können. Zudem ist
die Verfahrensdauer meist kürzer als die eines
ordentlichen Rechtsweges – und die Gefahr, im
Streitfall eventuell einen Prozess nach ausländi-
schem Recht führen zu müssen, entfällt.
Mediation
Die Mediation ist eine Form der Vermittlung, bei
der der Mediator die Parteien schrittweise auf-
Abb. 1: Entscheidungsparameter der Konfliktlösung
CM Juli / August 2017
1...,79,80,81,82,83,84,85,86,87,88 90,91,92,93,94,95,96,97,98,99,...116
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