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          Grenzen. Je nach Situation gilt es die Entwick-
        
        
          lung zu beschleunigen oder zum Abwarten zu
        
        
          raten, sicherlich eine anspruchsvolle Aufgabe.
        
        
          
            Gerüchte und Informationen
          
        
        
          
            trennen
          
        
        
          Große, börsennotierte Unternehmen werden in-
        
        
          tensiv von der Öffentlichkeit beobachtet, veröf-
        
        
          fentlichen Quartalszahlen und stellen sich den
        
        
          kritischen Fragen der Fachpresse. Schon bei
        
        
          ersten Anzeichen einer Krise, nehmen die hart-
        
        
          näckigen Nachfragen zu, die Beobachtung wird
        
        
          weiter intensiviert. Demgegenüber bleiben klei-
        
        
          ne und mittelständische Unternehmen (KMU)
        
        
          von der Öffentlichkeit praktisch unbeobachtet.
        
        
          Die wenigen zugänglichen Daten sind schon
        
        
          aufgrund des langen Zeitraums zwischen Ent-
        
        
          stehung und Veröffentlichung kaum aussage-
        
        
          kräftig, weshalb andere Instrumente der Beob-
        
        
          achtung notwendig sind.
        
        
          Wo Rauch ist, ist nicht immer Feuer.
        
        
          Ge-
        
        
          rüchte über einzelne Unternehmen können
        
        
          bewusst gestreut werden. Das soll nicht dazu
        
        
          führen, sogenannte schwache Signale zu ig-
        
        
          norieren, allerdings
        
        
          gilt es Gerüchte von In-
        
        
          formationen zu trennen
        
        
          . Insbesondere in
        
        
          der Anfangsphase einer Unternehmenskrise
        
        
          gibt es kaum harte Fakten. Eine nützliche
        
        
          Informationsquelle sind die Mitarbeiter des
        
        
          eigenen Unternehmens, die um eine gezielte
        
        
          Informationssammlung gebeten werden kön-
        
        
          nen. Durch Befragung von externen An-
        
        
          sprechpartnern, wie Kunden und Lieferanten,
        
        
          kann ein relativ zuverlässiges Gesamtbild ge-
        
        
          wonnen werden. Ein weiterer wichtiger Früh-
        
        
          indikator ist die Zunahme von Bewerbungen
        
        
          von Mitarbeitern des Konkurrenten, selbst
        
        
          wenn diese nicht genaue Auskunft über ihre
        
        
          Beweggründe angeben wollen.
        
        
          Nur ein Controlling, das im ständigen Gespräch
        
        
          mit den einzelnen Abteilungen ist, offen auf An-
        
        
          regungen reagiert und aufgrund der vertrauens-
        
        
          vollen Zusammenarbeit auch schwache Signale
        
        
          erhält, kann hier erfolgreich sein.
        
        
          Formale Be-
        
        
          richtssysteme sind wichtig
        
        
          und sinnvoll,
        
        
          können
        
        
          jedoch keinen Ersatz für das ver-
        
        
          trauensvolle Gespräch
        
        
          bilden, da schwache,
        
        
          teilweise widersprüchliche Signale allenfalls im
        
        
          persönlichen Austausch berichtet werden, nicht
        
        
          aber schriftlich, formell weitergegeben werden,
        
        
          wenn der Unsicherheitsgrad zu hoch erscheint.
        
        
          An feste Zeitpunkte geknüpfte Berichte werden
        
        
          meistens entweder zu früh oder zu spät kommen.
        
        
          Auf Basis der verschiedenen Gespräche und
        
        
          Eindrücke kann das Controlling zu einer Ge-
        
        
          samteinschätzung gelangen. Unabhängig von
        
        
          den Resultaten kann es nur Einschätzungen
        
        
          geben; Gewissheit ist erst erreicht, wenn der
        
        
          Konkurrent übernommen oder ein Insolvenz-
        
        
          verfahren eingeleitet wurde. Dann sind die
        
        
          Möglichkeiten der eigenen Reaktionen bereits
        
        
          weitgehend begrenzt. Deshalb gilt es
        
        
          auf Basis
        
        
          der ersten Einschätzung drei Möglichkeiten
        
        
          zu unterscheiden
        
        
          :
        
        
          ·
        
        
          die Informationen sind derart gering,
        
        
          widersprüchlich oder stehen im Gegensatz
        
        
          zur ersten Einschätzung, so dass eine
        
        
          gezielte Beobachtung nicht lohnt,
        
        
          ·
        
        
          die Informationen ergeben Anhaltspunkte,
        
        
          welche jedoch als zu vage erachtet werden,
        
        
          um auf dieser Basis konkrete Handlungen
        
        
          einzuleiten, eine weitere, intensive Beobach-
        
        
          tung erfolgt,
        
        
          ·
        
        
          die Informationen sind ausreichend
        
        
          belastbar, um darauf aufbauend konkrete
        
        
          Maßnahmen einzuleiten und mit der Unter-
        
        
          nehmensleitung das weitere Vorgehen
        
        
          abzustimmen.
        
        
          Die Ergebnisse dieser Informationssammlung
        
        
          sind in jedem Fall äußerst vertraulich zu behan-
        
        
          deln.
        
        
          Zu vermeiden ist
        
        
          , dass Mitarbeiter des
        
        
          Unternehmens als
        
        
          Gerüchtequelle
        
        
          zitiert und
        
        
          identifiziert werden. Führen derartige Gerüche
        
        
          zur Schädigung des Konkurrenten, sind Scha-
        
        
          densersatzansprüche nicht auszuschließen. Im
        
        
          Fall belastbarer Informationen, ist die Unter-
        
        
          nehmensleitung zu informieren und das Vorge-
        
        
          hen abzustimmen. Der folgende Text soll Ihnen
        
        
          dafür als Anleitung dienen.
        
        
          
            Gründe der Schwächung
          
        
        
          
            des Konkurrenten
          
        
        
          Mittelständler sind gewohnt rasch zu handeln,
        
        
          entsprechend werden neue Ziele entwickelt,
        
        
          welche oftmals aggressiv formuliert werden,
        
        
          sobald ein Konkurrent Schwäche zeigt. Die –
        
        
          möglicherweise – einmalige Chance empfiehlt
        
        
          es sich zu nutzen, bevor weitere Wettbewerber
        
        
          den gleichen Kenntnisstand erlangen.
        
        
          Kunden
        
        
          sollen gewonnen, Marktsegmente erobert,
        
        
          evtl. auch der Konkurrent direkt übernom-
        
        
          men werden.
        
        
          Zwar werden weitere Motive
        
        
          kaum eingeräumt, nicht selten stehen hinter
        
        
          diesen sachlichen Argumenten
        
        
          auch persönli-
        
        
          che Verletzungen
        
        
          , welche Unternehmensver-
        
        
          antwortliche erlitten haben.
        
        
          Rache ist aller-
        
        
          dings selten ein guter Ratgeber.
        
        
          Im ersten Schritt ist das
        
        
          Ausmaß der Schwä-
        
        
          chung
        
        
          des Wettbewerbers
        
        
          zu bestimmen
        
        
          , da
        
        
          erst auf dieser Basis genaue Ziele entwickelt
        
        
          werden können. Ein Problem wird das Fehlen
        
        
          interner Unterlagen des Konkurrenten darstel-
        
        
          len. Wenn eine Veröffentlichungspflicht des
        
        
          Jahresabschlusses besteht, sollte dieser spä-
        
        
          testens jetzt beschafft und analysiert werden.
        
        
          Für gewöhnlich werden zahlreiche Informatio-
        
        
          nen aufzuspüren sein, insbesondere wenn es
        
        
          sich um einen lokalen Konkurrenten mit ver-
        
        
          gleichbarem Angebot handelt. Hier kann die
        
        
          Datenbeschaffung offen durchgeführt werden,
        
        
          stellt es doch kein Vergehen dar, öffentlich zu-
        
        
          gängliche Informationen zu sammeln, Gesprä-
        
        
          che zu führen und für eigene Zwecke auszu-
        
        
          werten. Bei der Informationssammlung gilt es
        
        
          alle Bereiche des Unternehmens einzube-
        
        
          ziehen
        
        
          , z. B. kann die Einschätzung von ge-
        
        
          meinsamen
        
        
          Kunden und Lieferanten
        
        
          helfen,
        
        
          die Lage zu beurteilen.
        
        
          Grundsätzlich wird ein Konkurrent kaum lang-
        
        
          jährig am Markt erfolgreich gewesen sein,
        
        
          wenn nicht auch entsprechende Stärken vorlie-
        
        
          gen. Gleichermaßen werden jedoch Schwä-
        
        
          chen bestehen, ansonsten wären die aktuellen
        
        
          Probleme nicht erklärbar. Hier gilt es ein
        
        
          diffe-
        
        
          renziertes Bild
        
        
          zu entwickeln.
        
        
          Bei den Antworten, welche unternehmensin-
        
        
          tern gefunden werden, sind auch
        
        
          die Intentio-
        
        
          nen der Fachbereiche zu berücksichtigen
        
        
          .
        
        
          Dabei wird kaum ein Bereich einräumen, dass
        
        
          die eigenen Leistungen im direkten Vergleich
        
        
          mit dem Konkurrenten schlechter zu bewerten
        
        
          sind. Mangelnder Verkaufserfolg vom Vertrieb
        
        
          wird gerne mit den überlegenen Produkten des
        
        
          Konkurrenten begründet, während vielleicht die
        
        
          Produktionsverantwortlichen den besseren
        
        
          Vertrieb des Konkurrenten als kritischen Faktor
        
        
          anführen. Am Ende der Informationssammlung
        
        
          ist ein differenziertes Bild zu zeichnen, wobei es
        
        
          
            CM September / Oktober 2015