CONTROLLER Magazin 5/2015 - page 88

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finanzieller Höchstgrenzen notwendig ist, als
vielmehr die kritische Würdigung weiterer Ver-
sprechungen, deren Einhaltung schwierig ist
bzw. zu einer einseitigen Chancen – Risiken
Verteilung führt.
Wird die
Zusammenarbeit verweigert
, er-
folgt die Durchsetzung der Ziele, welche
ohne Zusammenarbeit erreichbar sind. Ent-
schließt sich das Unternehmen dazu, unmit-
telbar zu handeln ohne formalen Kontakt auf-
zunehmen, betrifft dies primär Mitarbeiter
und Kunden. Dieses Vorgehen kann Reaktio-
nen des angeschlagenen Wettbewerbers
nach sich ziehen, wobei abgestimmte Ant-
worten festzulegen sind. Inwieweit Informati-
onen offengelegt werden, entscheidet eben-
falls die Unternehmensleitung. Beim Control-
ling werden die verschiedenen Reaktionen
zusammengeführt, wobei bei korrektem Vor-
gehen keine weiteren Maßnahmen erforder-
lich sind. Möglichen Drohungen ist kühl zu
begegnen, da bei allem Verständnis die Nut-
zung der eigenen Position der Stärke nicht
verwerflich ist.
Weitere Entwicklung
Eine Unternehmenskrise ist kein Dauerzustand.
Entweder erholt sich der Wettbewerber wieder,
die Geschäftstätigkeit wird eingestellt oder die
Insolvenz tritt ein. Im erstgenannten Fall erge-
ben sich keine besonderen Handlungen, wird
allerdings das Insolvenzverfahren eingeleitet,
stellen sich erneute Fragen.
Der Insolvenzverwalter wird grundsätzlich das
Ziel eines Fortbestandes des Unternehmens
haben. Wie dargestellt, wird der Unterneh-
menskauf nur selten für das eigene Unterneh-
men die optimale Option darstellen. Allenfalls
wenn bereits Übernahmegespräche geführt
wurden und diese primär an den Preisvorstel-
lungen des Verkäufers scheiterten, ergeben
sich nunmehr unter Umständen andere Vor-
raussetzungen. Überstürzte Handlungen sind
jedoch zu vermeiden.
Findet sich kein Käufer für das gesamte Unter-
nehmen, werden die einzelnen Vermögensge-
genstände veräußert. Die oben dargestellte Pri-
oritätenliste wird eine wertvolle Unterstützung
vor dem möglichen Kauf darstellen. So können
im Rahmen eines Verkaufes einzelner Aktiva
spontane Entscheidungen, welche sich mögli-
cherweise später als Fehleinschätzungen er-
weisen, vermieden werden.
Ein konkreter Fall der Schäfer KG
Die Schäfer KG ist ein mittelständisches, me-
tallverarbeitendes Unternehmen aus Solingen
im Bergischen Land. In der Region sind eine
Vielzahl vergleichbarer Unternehmen tätig, wo-
bei sich die Schäfer KG auf spezielle Produkte
für die kunststoffverarbeitende Industrie kon-
zentriert. In einem der regelmäßigen Gespräche
des Controllers mit dem Inhaber kam auch die
wirtschaftliche Lage der Branche zur Sprache.
Der Inhaber verwies auf die zufriedenstellende
Geschäftslage, ein unmittelbare Konkurrent,
die Baum GmbH stecke aber in ernsten Schwie-
rigkeiten, wie in der Branche gemunkelt würde.
Auf die Frage wie darauf reagiert würde, räum-
te der Inhaber ein, dass bisher nichts gesche-
hen sei. Die Gegenfrage lautet, ob denn über-
haupt Schritte sinnvoll sein würden. Der Cont-
roller versprach, kurzfristig ein Konzept zu ent-
wickeln.
Grundlage des weiteren Vorgehens konnten nur
belastbare Informationen sein. Da alle Beteilig-
ten wussten, dass
„wirtschaftliche Schwie-
rigkeiten“ viel bedeuten können
, wurden die
Abteilungsleiter des Unternehmens darum ge-
beten, die ihnen bekannten Informationen of-
fenzulegen. Bisher war im Unternehmen das
Thema noch nicht diskutiert worden. Aus
ver-
schiedenen Eindrücken konnte dabei ein
Gesamtbild
gewonnen werden. Der Personal-
leiter berichtet von mehreren
Initiativbewer-
bungen von Mitarbeitern
der Baum GmbH.
Der Vertriebsleiter wusste, dass die Baum
GmbH bei
Kunden auf Vorauszahlungen
drängte
und der Einkaufsleiter hatte von einem
gemeinsamen
Lieferanten
erfahren, dass die
Baum GmbH in den letzten Monaten
kein
Skonto
mehr ziehen würde und Zahlungen teil-
weise verspätet eingingen. Die einzelnen Facet-
ten ließen nur einen Schluss zu: die Baum
GmbH würde sich mit sehr
hoher Wahr-
scheinlichkeit in Schwierigkeiten
befinden.
Alle Beteiligten wurden aufgefordert, weiterhin
Informationen zu sammeln. Gleichzeitig sollte
die Angelegenheit jedoch äußerst vertraulich
behandelt werden und keinesfalls Gerüchte
über die Schwierigkeiten gestreut werden. Der
Controller moderierte die Informationssamm-
lung. Dies war deshalb nützlich, weil die Mei-
nungen über den Konkurrenten durchaus sub-
jektiv waren und Fakten und Mutmaßungen
nicht einfach zu trennen waren.
Nachdem die Schwierigkeiten des Konkurren-
ten offensichtlich geworden waren, kehrte sich
die anfängliche Zurückhaltung ins Gegenteil
um. Seitens der Abteilungsleiter kamen eine
Vielzahl von Vorschlägen auf, wie mögliche Vor-
teile aus der Situation realisiert werden könn-
ten. Ohne die einzelnen Vorschläge zu beurtei-
len, wurde rasch offensichtlich, dass sich diese
teilweise ausschlossen oder schlicht die Mög-
lichkeiten des Unternehmens überschreiten
würden. Um vorschnelle Schritte zu vermeiden,
Autoren
Dipl.-BW (FH) Steuerberaterin Susanne Schneider
ist im Rechnungswesen eines Investitionsgüterkonzern
in Essen tätig.
Daniel Pudliszewski
ist Bürokaufmann und im Gesundheitswesen tätig.
Reaktion auf Probleme eines Konkurrenten
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