personalmagazin 10/2018 - page 57

Herr Haffner, wie wichtig ist New Work in Ihrem Unter-
nehmen?
Andreas Haffner: New Work bekommt bei uns einen deutlich
größeren Stellenwert. Das hängt mit der Umsetzung unserer
Strategie 2025 zusammen. Für uns ist New Work ein Dreiklang.
Es geht um die Frage, wie unsere zukünftigen Methoden und
Prozesse aussehen, es geht um Kultur und es geht um Arbeits-
umgebung und Arbeitsbedingungen. Wir arbeiten an allen drei
Ecken. Beim Thema Methoden und Prozesse haben wir für uns
eine eigene Methodik namens „Agiles Arbeiten bei Porsche“ ent-
wickelt, die an die klassischen agilen Arbeitsformen angelehnt
ist. Diese haben wir dementsprechend auf unsere Bedürfnisse
angepasst.
Ist das neue Digital Office in Ludwigsburg ein Beispiel für
Ihre Veränderungen im Bereich Arbeitsumgebung und -be-
dingungen?
Das Digital Office in Ludwigsburg, das neben der Porsche Di-
gital GmbH auch ressortübergreifende Einheiten rund um Smart
Mobility beheimatet, ist nur ein Beispiel. Auch in Zuffenhausen
integrieren wir sukzessive neue Arbeitsumgebungen – insbeson-
dere dort, wo wir Renovierungen durchführen oder Neubauten
errichten. Dabei ist es für uns wichtig, dass die Mitarbeiter von
vornherein abgeholt werden. Wir haben eine Mockup-Fläche
erstellt – eine Visualisierung, bei der sich die Mitarbeiter an-
sehen können, wie die neue Arbeitsumgebung aussehen wird.
Das ist für uns extrem wichtig, da sich gerade ältere Mitarbeiter,
die Zweier- oder Vierer-Büros gewohnt sind, nicht immer leicht
damit tun, in neue Arbeitswelten einzutauchen. Deshalb haben
wir einen offenen und transparenten Prozess gewählt, um die
Mitarbeiter dafür zu gewinnen.
Wie nehmen Sie die Mitarbeiter mit, was die Methoden und
Prozesse angeht?
Agile Arbeitsweisen können wir nicht auf einmal über alles
stülpen, sondern wir haben ganz klein angefangen, auspro-
biert, und werden das Thema sukzessive auf weitere Projekte
erweitern. Natürlich können wir agile Arbeitsweisen nicht für
alles einsetzen. In der operativen Produktion oder auch in der
Entwicklung haben wir viele klassische und bewährte Prozesse,
die wir nicht von heute auf morgen verändern werden. Aber in
anderen Bereichen gibt es durchaus interessante Beispiele. So
wurden die Lade-App für den Taycan oder das Internetportal
„My Porsche“ agil entwickelt. Übrigens haben wir auch unser
Kulturbild mit einer agilen Methodik erarbeitet.
Können Sie mehr über die Entwicklung Ihres neuen Kultur-
leitbilds erzählen?
Uns war wichtig, die Mitarbeiter von vornherein mit einzubin-
den. Deshalb haben wir eine Bottom-up-Methode gewählt und
das Kulturleitbild über eine agile Herangehensweise mit einem
größeren Team von Mitarbeitern aus allen Ressorts entwickelt.
Das war ein spannender Prozess, weil wir aus dem Vorstand kei-
ne Vorgaben gemacht haben. Vielmehr haben wir die Mitarbeiter
gefragt: Was macht die Kultur bei Porsche aus? Wir haben auch
die Arbeitnehmervertretung intensiv mit eingebunden. Das
Ergebnis ist toll und vom Vorstand und Betriebsrat akzeptiert
und begrüßt. Jetzt wird das Kulturleitbild über verschiedene
Maßnahmen kommuniziert.
Wie wichtig ist dabei, dass Sie zusammen mit Ihrem Vor-
standsvorsitzenden Oliver Blume und demKonzernbetriebs-
ratsvorsitzenden Uwe Hück einer von drei Kulturpaten sind?
Es muss immer Menschen geben, die sich intensiv dafür ein-
setzen, dass die Unternehmenskultur gelebt wird. Wir haben
lange überlegt, wer die Patenrolle übernehmen sollte, und im
Vorstand dann entschieden, dass Oliver Blume und ich das von
Vorstandsseite aus begleiten. Es war aber auch wichtig, dass die
Arbeitnehmervertretung mit eingebunden ist. Denn in vielen
Unternehmen gibt es eine Kultur, die vom Vorstand gewünscht
ist, aber von Arbeitnehmerseite nicht mitgetragen wird. Deshalb
wollten wir auch dem Vorsitzenden des Betriebsrats eine aktive
Rolle zuweisen. Unser Betriebratsvorsitzender Uwe Hück war
aber sofort bereit, auch eine Patenrolle zu übernehmen. Er war
schon im Entstehungsprozess von Anfang an mit dabei.
Ihr Unternehmen investiert stark in Start-ups im Bereich
künstliche Intelligenz und Mobilität. Heißt das, dass sich
Porsche immer mehr in Richtung Technologiekonzern ent-
wickelt und moderne Arbeitsformen diese Entwicklung
unterstützen sollen?
Vom Grundsatz her bleiben wir ein Unternehmen, das noch
viele Jahre unsere heutigen Produkte – natürlich technisch wei-
terentwickelt – verkaufen wird. Aber Sie haben recht: Früher
stand im Mittelpunkt unseres Unternehmensleitbilds, dass wir
exklusive Sportwagen verkaufen. Das haben wir geändert und
sagen: Wir verkaufen exklusive und sportliche Mobilität. Das ist
viel weiter gefasst. Uns ist klar, dass es zunehmend schwieriger
wird, mit dem heutigen Geschäftsmodell auf Dauer erfolgreich zu
sein. Wie alle anderen Automobilunternehmen sind wir auch auf
der Suche, das heutige Geschäftsmodell zu erweitern. Daher kann
man schon sagen, dass wir uns in Richtung einer Tech-Company
weiterentwickeln. Allerdings sind die Fahrzeuge heute schon
hightech. Es gibt kaum ein Produkt, das vielschichtiger ist als
ein Automobil. Die Vernetzung der Steuergeräte und Software
im Fahrzeug ist heute schon enorm komplex. Aber mit der An-
bindung an zentrale Servereinheiten, die im Back-End stehen
und permanent mit dem Auto kommunizieren, wird das noch
deutlich zunehmen. Das Auto wird auch mit anderen Fahrzeugen
im Straßenverkehr kommunizieren. Es wird sozusagen zu einem
zweiten mobilen Endgerät für die Kunden. Wir müssen sicherstel-
len, dass der Kunde die Infrastruktur, die er heute außerhalb des
Autos nutzt, in Zukunft auch innerhalb des Autos nutzen kann.
Aber der „Garagenduft“, der Ihr Unternehmen seit seiner
Gründung begleitet hat, bleibt erhalten?
Den versuchen wir beizubehalten. Er ist auch ein wichtiger Be-
standteil unseres Kulturleitbilds. Der Grundgedanke „Wir wollen
weiterhin sportlich unterwegs sein“ äußert sich darin, dass wir
uns als Organisation schnell und agil aufstellen. Auch den Pio-
niergeist, der seinen Ursprung vor 70 Jahren in einer Garage in
Andreas Haffner ist Vorstand für das Personal- und
Sozialwesen sowie Arbeitsdirektor bei der Dr. Ing. h.c.
F. Porsche AG. Der Jurist ist 1997 ins Unternehmen
eingestiegen und nach Stationen bei Volkswagen im
Jahr 2015 zu Porsche zurückgekehrt.
Neue Arbeitsformen
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