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SPEZIAL
_DIGITAL HR
personalmagazin 05/18
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
scheidungen bei Besetzungsprozessen
ersetzt. All dies wird digital über ein ent-
sprechendes, agiles IT-System abgebil-
det. Dieses ersetzt aber natürlich nicht
das persönliche Gespräch, welches auch
im digitalen Zeitalter unabdingbar ist.
Mit der Personalbeurteilung ändern
zunehmendmehr Unternehmen auch die
Vergütung. So ist bei Daimler beispiels-
weise das Erreichen individueller Ziele
nicht mehr an den Bonus geknüpft. Dage-
gen erhalten Teamziele und die gemein-
schaftliche Teamleistung einen höheren
Stellenwert. Ähnlich sehen das auch
andere Unternehmen und stellen aktu-
ell ihre Vergütungs- und Bonuslogiken
um (zum Beispiel Bosch). In agilen Um-
feldern und Unternehmen wird inner-
halb von Teams in kurzen Zyklen und
crossfunktional zusammengearbeitet.
Dieser Logik stehen einjährige Zielver-
einbarungen mit individueller erfolgsab-
hängiger Vergütung diametral entgegen.
Personalserviceprozesse
Ein wesentlicher Aspekt zukunftsfähi-
ger Personalverwaltungs- und -service-
prozesse ist die digitale Personalakte.
Ein solches Dokumentenmanagement-
system ist die Basis für schnelle,
günstige und konsistente HR-Prozesse
und -Services. Die Inhalte der digitalen
Personalakte entstammen dabei sowohl
anderen IT-Systemen (zum Beispiel Per-
sonalstammdatensystemen) als auch
eingescannten Dokumenten, deren
Inhalte im Idealfall über künstliche
Intelligenz ausgelesen und in eine
strukturierte Form überführt werden.
Wichtige Quellen sind zum Beispiel
Bewerbungsunterlagen, Arbeitsverträ-
ge, Leistungsbeurteilungen, Zeugnisse,
Versetzungen, Beförderungen, Beschei-
nigungen oder relevanter Schriftver-
kehr. Aufgrund der personenbezoge-
nen Daten ist bei der Gestaltung der
digitalen Personalakte ein adäquates
Berechtigungskonzept mit passenden
Zugriffsrechten und einem effizienten
Freigabe-Workflow wichtig.
Am Beispiel der Zeugniserstellung
zeigt sich sehr schön, wie sich die-
ser Kern-HR-Prozess in den letzten
Jahr(zehnt)en durch technologische Ent-
wicklungen verändert hat. Während der
Zeugnisinhalt und -aufbau weitgehend
unverändert geblieben ist, wurde der
Erstellungsprozess zunehmend digitaler.
Heute lassen sich fast alle Prozessanteile
der HR-Abteilung automatisieren, ledig-
lich die Führungskraft muss noch aktiv
handeln und eine Bewertung im System
abgeben. Diese Entwicklung lässt sich
ähnlich auch auf andere Personalver-
waltungs- und -serviceprozesse wie Ur-
laubsgenehmigung, Krankmeldung oder
Reisekostenbelegerfassung übertragen.
Die Rolle des Personalers verschiebt sich
vor diesemHintergrund zunehmend vom
„operativenMacher“ zumProcess Owner,
der den Prozessablauf, die Prozessbetei-
ligten und den Prozessinhalt rechtssicher
und möglichst einfach für die Nutzer (al-
so Führungskräfte) definiert, aktualisiert
und überwacht. Eingreifen muss er nur,
wenn etwas einmal nicht funktioniert.
Ein interessanter Ansatz, um zukünf-
tig noch mehr HR-Aufgaben direkt vom
Mitarbeiter ausführen zu lassen, sind
Mobile Self-Service-Apps. Diese ermög-
lichen den orts- und zeitunabhängigen
Zugriff auf personenbezogene Daten.
Die Zeiterfassung bei Kundenprojekten
oder Reisebuchungen kann so deutlich
effizienter erfolgen. Beispielsweise kann
eine Reise mobil vom Mitarbeiter ge
plant und beantragt, vom Vorgesetzten,
der eventuell gerade selbst unterwegs
ist, mobil genehmigt und die Abrech-
nung schon während der Wartezeit am
Flughafen vorbereitet werden. Ange-
fallene Papierbelege können mit dem
Smartphone fotografiert und direkt an
die Reisekostenstelle verschickt werden.
Potenzial für die Gestaltung digitaler
Workflows bietet auch die Blockchain-
Technologie. Beim Schweizer Unterneh-
men Syngenta beispielsweise wird im
Rahmen eines stark digitalen Personal-
verwaltungsprozesses, bei dem zum
Beispiel die Krankmeldung per SMS
zur automatischen Anpassung von Ein-
satzplänen führt, mittels einer kleinen
Blockchain-Anwendung geprüft, ob eine
per Foto vom Smartphone gesendete Ar-
beitsunfähigkeitsbescheinigung korrekt
ist, das heißt ob es den Arzt gibt, seine
Bescheinigungen tatsächlich so ausse-
hen und die Praxis zum Ausstellungs-
zeitpunkt geöffnet war.
Auch das Thema People Analytics
hat großes Potenzial – insbesondere für
das Personalcontrolling. Die immer grö-
ßeren Mengen an personalbezogenen
Daten bieten vielfältige Möglichkeiten
für Automatisierungen und bessere
Entscheidungen. Einer von vielen mög-
Thorsten Petry/Wolfgang Jäger (Hrsg.):
Digital HR. Smarte und agile Systeme,
Prozesse und Strukturen im Personal-
management. 494 Seiten, Haufe 2018.
59,90 Euro.
Was bedeutet die Digitalisierung für das
Personalmanagement und wie kann der
Wandel sinnvoll gestaltet werden?
Führende Köpfe aus dem HR-Bereich
beantworten diese Fragen anhand von
Best-Practice-Beispielen aus verschie-
denen Branchen. Die Autoren stellen
konkrete Lösungsansätze in Form von
Konzepten und Tools vor. Der Heraus-
geberband liefert Personalern damit
das Rüstzeug für die erfolgreiche
Veränderung von Strategien, Prozessen,
Strukturen und Systemen.
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