personalmagazin 5/2018 - page 54

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SPEZIAL
_DIGITAL HR
personalmagazin 05/18
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Im Zuge der Digitalisierung verändern
sich aber nicht nur die Lerninhalte, son-
dern es werden auch andere Lernansät-
ze notwendig. In einer VUCA-Umwelt
wird es immer schwerer, vonseiten der
Personalentwicklung im Voraus zu pla-
nen, wann wer welche Kompetenzen
benötigt und diese von zentraler Stelle
koordiniert, rechtzeitig und umfassend
zu vermitteln. Dementsprechend muss
sich die Art und Weise des Lernens in
Unternehmen verändern. Kernaspekte
adäquater Lernansätze im digitalen
Zeitalter sind:
•Situationsspezifisches Lernen („On
Demand Learning“)
•Lernen am Arbeitsplatz („Workplace
Learning“, „Experiential Learning“)
•Lernen in kleinen Happen („Learning
Nuggets“, „Micro Learning“)
•Informelles Lernen („Informal Lear-
ning“)
•Gemeinsames oder gegenseitiges Ler-
nen („Social Learning“, „Collabora-
tive Learning“, „Learning Coaches“)
•Lebenslanges Lernen
Veränderte Lern-Rollen und neue
Lerntechnologien
Mit den Lernansätzen verändern sich
auch die Rollen der am Lernen Betei-
ligten. Lernen wird aufgrund von grö-
ßerer Dynamik und Komplexität sowie
geringerer langfristiger Planbarkeit zu-
nehmend eigenverantwortlich stattfin-
den. Jeder Mitarbeiter ist dann selbst
dafür verantwortlich, das individuell
und situationsspezifisch nötige Wissen
zu erlangen und entsprechende (Lern-)
Kompetenzen zu entwickeln. Die Lern-
initiative und -verantwortung geht so-
mit von der jeweiligen Führungskraft
und der PE-Abteilung zu den Mitarbei-
tern über. Die Führungskraft wird vom
Lernbeauftrager („Sie müssen A kön-
nen.“) und Trainingsfreigeber („O.K.,
Sie dürfen Training B besuchen.“) zum
Lernbegleiter („Wie kann ich Dein Ler-
nen unterstützen?“) und Entwicklungs-
coach („Du musst zusehen, dass Du für
Aufgabe C gewappnet bist.“).
Die PE-Abteilung wird zunehmend
vom Lehrstoffdesigner („Wir bieten die
Trainings A bis Z an.“) und Lehrer („A
müssen Sie folgendermaßen machen ...“)
zum Lern(plattform)kurator („Hier hast
Du jederzeit Zugang zu verschiedenar-
tigen Lerninhalten und -technologien.“)
und Lernbegleiter („Wie kann ich Dein
Lernen noch weiter unterstützen?“). Ein
Lernumfeld zu gestalten, das all diese
Aspekte unterstützt, ist die strategische
Kernaufgabe der Personalentwicklung
für die nächsten Jahre.
Erfreulicherweise bieten sich im Zuge
der Digitalisierung auch neue techno-
logische Möglichkeiten, einen solchen
Lernansatz zu unterstützen (Lerntech-
nologie). Im Folgenden soll nur kurz auf
einige ausgewählte digitale Lerntechno-
logien eingegangen werden.
Vor demHintergrund der dargestellten
Entwicklungsrichtung der Lernansätze
verwundert es nicht, dass sich Soziale
Netzwerke und Wikis im Laufe der letz-
ten Jahre fest in der Personalentwick-
lungswerkzeugkiste etabliert haben.
Der Kernprozess der Personalbeschaffung wird künftig vermutlich mehr und mehr
von Künstlicher Intelligenz (KI), Algorithmen und Softwareprogrammen übernom-
men. Ein solches „Robot Recruiting“ hat mehrere Aspekte.
Bei der Veröffentlichung von Stellenanzeigen kann KI helfen, die Anzeige richtig zu
klassifizieren, das heißt der richtigen Jobkategorie zuzuordnen und die von der Ziel-
gruppe gesuchten Keywords einzubauen.
Auch kann KI dabei unterstützen, die am besten passenden Jobbörsen und Social
Media-Kanäle für ein spezifisches Jobangebot auszuwählen.
KI-Chatbots können Bewerberfragen über verschiedenste digitale Kanäle beantworten.
Heutzutage bereits relativ weit verbreitet ist das sogenannte »CV-Parsing«, bei dem
die wesentlichen Daten (z. B. Adresse, schulischer und beruflicher Werdegang) aus
einem in digitaler Form vom Bewerber verschickten Lebenslauf oder einem vom
Bewerber angegebenen Onlineprofil (z. B. bei Xing, Linkedin) automatisch in eine
Bewerberdatenbank überführt werden.
Der nächste Schritt ist die Nutzung von Algorithmen und Softwareprogrammen bei der
Identifikation interessanter und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit interessierter
Kandidaten bei Xing, Linkedin oder sonst irgendwo im Internet, die sich gar nicht
explizit beworben haben.
Auch das Matching, das heißt der Abgleich von Kandidaten- und Stellenprofil, kann
natürlich automatisiert erfolgen. Hier könnten auch Eigenschaftsprofile von in der
Vergangenheit erfolgreichen Mitarbeitern mit einfließen.
Potenziell kann über ein erweitertes automatisiertes Matching auch für einen
interessanten, aber auf die aktuelle Stelle nicht optimal passenden Kandidaten ein
alternativer Job im Unternehmen gefunden und vorgeschlagen werden.
Ein automatisiertes Online-Assessment wird heute schon bei vielen Unternehmen
eingesetzt.
Digitale Assistenten könnten zukünftig auch die ersten (Prescreening-)Interviews
übernehmen.
Selbstverständlich kann der Robot-Recruiter, der auf alle relevanten Daten zugreifen
kann, auch das Erstellen der entsprechenden Arbeitsverträge übernehmen.
Wie KI das Recruiting verändert
ROBOT RECRUITING
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