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personalmagazin 01/17
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TITEL
_
DATA DRIVEN RECRUITING
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
U
nilever erhält jährlich bis zu
250.000 Bewerbungen von
Hochschulabsolventen. Im
Oktober 2016 hat das Un-
ternehmen hierzulande einen neuen
digitalen Prozess gestartet, um mittels
Online-Spielen und Video-Interviews
die besten Bewerber herauszufiltern.
In Asien und Nordamerika arbeitet das
Unternehmen bereits seit Längerem mit
diesem automatisierten Auswahlprozess.
Das Programm besteht aus vier Run-
den. Zunächst füllt jeder Bewerber ein
Online-Formular aus, das auch mit
einem Linkedin-Account verbunden
werden kann. Passende Kandidaten
werden anschließend zu einer Reihe von
Online-Spielen eingeladen, die nicht län-
ger als 20 Minuten dauern und auch am
Smartphone gespielt werden können.
Die Art und Weise, wie die Bewerber an
diese Spiele herangehen, gibt Unilever
Aufschluss über das Potenzial der Kan-
didaten und zeigt, wie vertraut diese mit
Von
Daniela Furkel
(Red.)
den Unternehmenszielen und -grund-
sätzen sind. Im dritten Schritt nehmen
die besten Kandidaten an einem Video-
Interview teil, in dem sie ihre Antworten
auf konkrete Fragestellungen filmen. Ort
und Zeitpunkt für die Aufnahmen kön-
nen sie selbst wählen.
Der persönliche Kontakt kommt im
letzten Prozessschritt ins Spiel. Dann
werden die Kandidaten in das „Face 2
Face Discovery Center“ eingeladen, das
ihnen einen Einblick in die Arbeit bei
Unilever gibt. Dabei arbeiten sie gemein-
sam oder auch individuell an realen Fra-
gestellungen des Unternehmens.
Automatisierte Vorauswahl
Einen anderen Ansatz nutzt der Automo-
bilzulieferer Bosch. Das Unternehmen,
das jährlich rund 200.000 Bewerbungen
erhält, setzt in mehreren Ländern ein
Analyseprogramm zur elektronischen
Selektion von Lebensläufen ein. Die
Bewerber laden ihren Lebenslauf bei
Bosch hoch und die Software erkennt in
fünf verschiedenen Sprachen Daten zu
Qualifikation, Ausbildung und Berufser-
fahrung und gleicht diese mit den Stel-
lenanforderungen ab.
Die Beispiele zeigen: Vor allem in
Großunternehmen mit hohem Bewer-
berzulauf ist ein digitaler Auswahl-
prozess sinnvoll, um aus der Masse an
Bewerbungen die am besten geeigneten
herauszufiltern. Manche Unternehmen
setzen dabei auf Softwarelösungen, die
in den Bewerberdaten nach bestimmten
Begriffen wie „Java Entwickler“ suchen.
Allerdings besteht dabei das Problem,
dass diese Begriffe von der Software
Automatisch zum Bewerber
TREND.
Moderne Technik bietet zahlreiche Möglichkeiten für effizientes Recruiting,
von Chatbots über Online-Spiele bis Matching-Algorithmen. Wie praxistauglich ist das?
Die Software erkennt
Daten zu Qualifikation,
Ausbildung und Berufs-
erfahrung eines Bewer-
bers und gleicht diese
mit den Stellenanfor-
derungen ab.
nicht gefunden werden, weil der Bewer-
ber „Software Developer Web-Applikati-
onen“ angegeben hat.
Software wird intelligenter
An diesem Problem haben die Anbieter
von HR-Software in den vergangenen
Jahren intensiv gearbeitet und seman-
tische Verfahren entwickelt, die Daten-
banken nach passenden Wortbedeu-
tungen durchsuchen – also nicht nur
nach dem ursprünglich angegebenen
Suchbegriff, sondern nach verwandten
Begriffen. SAP Successfactors geht bei
der Softwareentwicklung noch einen
Schritt weiter. Ab dem Frühjahr 2017
soll die Software Stellenanzeigen auf
Wörter durchsuchen, die gezielt Männer
(oder Frauen) ansprechen und Vorschlä-
ge für gender-neutrale Formulierungen
präsentieren. Der „Anti Bias Check“, der
auf maschinellem Lernen basiert, erwei-
tert Formulierungen eigenständig. Auch
unternehmensintern, bei Performance
Management und Vergütungsmanage-
ment, will die Software für mehr Gleich-
behandlung sorgen und unbewusste
Voreingenommenheit eliminieren.
Warum sollten Unternehmen eine
solche Lösung einsetzen? Eine Ant-
wort liefert die Unternehmensberatung
McKinsey. Nach deren Untersuchungen
erzielen Unternehmen mit vielfältiger
Belegschaft bessere Finanzerträge und
ein höheres Mitarbeiterengagement.
Laut einer Studie von Oxford Economics
haben Führungskräfte, die beim digi-
talen Wandel Vorreiter sind, mit höherer
Wahrscheinlichkeit Programme zur For-
derung von Vielfalt eingeführt. Diese
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