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SZENE
_AWARDS
personalmagazin 01/17
D
er Best Pers Award ist eine
nicht-kommerzielle Auszeich-
nung guter Personalarbeit im
Mittelstand, die mit einem
Vorläufer im Jahre 1991 beim „Manager
Magazin“ startete und seit 2003 unter
seiner aktuellen Bezeichnung verlie-
hen wird. In diesem Jahr gab es neun
personalwirtschaftliche Kategorien mit
beeindruckenden Highlights, aber – wie
generell in der aktuellen Personalarbeit
– auch einige Entwicklungen, die man
hinterfragen und als Anlass zum Nach-
denken nehmen könnte. Dementspre-
chend startet der Beitrag mit denjenigen
Bereichen, die überwiegend positive Er-
gebnisse zeigen, und endet mit personal-
wirtschaftlichen Sorgenkindern.
Bereich „Personalbeschaffung“
Zunächst die gute Nachricht: Personal-
beschaffung steht ganz oben auf der Ak-
Von
Christian Scholz
tivitätenliste der meisten Unternehmen.
Streng nach der Devise „Recruiting
first“ sieht man eine solide Bewerber-
ansprache. Was besonders positiv auf-
fällt: Viele Unternehmen kennen ihren
Prozess der Personalbeschaffung genau
und optimieren ihn kontinuierlich.
Zu denken geben die Auslöser für
intensives Recruiting wie hohe Fluktu-
ation oder Nichtantritt neuer Arbeitsver-
hältnisse. Dadurch erhöht sich auch der
Druck auf die Personalbeschaffung. Es
sollte sich jedoch verstärkt um Retention
und Integration bemüht werden.
Ansonsten scheint bei der Personalbe-
schaffung eine gewisse Standardisierung
einzusetzen: Sie beginnt mit den obliga-
torischen Videos von und für Azubis und
geht über Bewerbungsportale bis hin
zu Facebook oder Xing. Genauso wie es
aber für Produzenten von Mineralwasser
unsinnig ist, mit den identischen Argu-
menten und identischen Formaten wie
alle Mitbewerber um Kunden zu werben,
so unsinnig wäre es für Arbeitgeber, von
der Arbeitgebermarke bis hin zum On-
boarding auf Standardisierung zu setzen.
Fazit: Standardisieren bei der Perso-
nalbeschaffung ist leichtsinnig! Deshalb
sind abgrenzende Akzente jenseits kol-
lektiver Standardisierung zu setzen.
Bereich „Personalentwicklung“
Der Best Pers Award zeigt, dass Perso-
nalentwicklung einen hohen Stellenwert
einnimmt und viele Unternehmen hier
vom radikalen Sparkurs abgewichen
sind. Positiv fallen sowohl die oft breite
Palette an möglichen Weiterbildungen
und Weiterbildungstagen auf.
Neben branchenspezifischen „Muss-
Kursen“ gibt es traditionelle Veranstal-
tungen zu Kommunikation, Konflikt- oder
Selbstmanagement aus den bekannten
Schulungskatalogen. Diese Angebote
neigen allerdings zu einer Nivellierung,
wenn sie weder strategisch noch individu-
ell zur Förderung relevant sind.
Fazit: Nivellieren bei der Personalent-
wicklung ist falsch! Deshalb gilt es aus-
zudünnen, strategisch zu verdichten und
in Richtung „Zukunft“ zu aktualisieren.
Bereich „HR-Organisation“
Im Wettbewerb gab es interessante
Modelle zur Personalorganisation, bei-
spielsweise dynamische Netzwerke oder
Governance-Funktionen mit Vetorecht.
Trotzdem wird das Thema „HR-Organi-
sation“ immer seltener bewusst behan-
delt: Bei Befragungen von Managern
rangiert es in der Relevanz weit hinten,
weil es als nicht besonders schwierig
und als zufriedenstellend gelöst gilt.
Fazit: Improvisieren ist bei der HR-
Organisation selbstmörderisch! Sie muss
bewusst gestaltet werden – sonst gibt es
sie bald nicht mehr.
Bereich „Kommunikation & Führung“
Auch beim Best Pers Award zeigte sich
die Praxis, Serviceleistungen mit Tickets
anfordern zu müssen. Ist der nächste
Schritt Personalführung per Whatsapp
und E-Mail? Sind wir dann nicht nahe
an dem, was man als „Führung und
Kontrolle durch Roboter“ bezeichnet?
Fazit: Automatisieren ist bei Kommu-
nikation und Führung verführerisch!
Deshalb gilt es zu überprüfen, ob der
Lehren aus dem Best Pers Award
ESSAY.
Was sagt die diesjährige Runde des Best Pers Awards über die Personalarbeit
im Mittelstand aus? Award-Initiator Professor Christian Scholz beschreibt die Lage.
BILDERGALERIE
Impressionen von der Preisverleihung
des diesjährigen Best Pers Award
finden Sie in einer Bildergalerie in der
Personalmagazin-App.
ONLINE
Mehr zu den Gewinnern des Best Pers
Award erfahren Sie unter