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10/17 personalmagazin
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Das Interview führte
Reiner Straub.
Vertrieb und Personal war für mich
wichtig. Prägend war auch die Krise
des Werkzeugmaschinenbaus Anfang
der Neunzigerjahre, als Trumpf Verlus-
te machte und erstmals Leute entlassen
musste. In einem kleinen Team haben
wir damals analysiert, warum wir auf
die Krise unvorbereitet waren und nur
noch mit Entlassungen reagieren konn-
ten. Das war für Trumpf schlimm und
wir haben uns vorgenommen, dass so
etwas nie wieder vorkommen soll. Als
die Tarifpartner 1995 die 35-Stunden-
Woche vereinbarten, haben wir die alte
Arbeitszeit von 36,5 Wochenstunden
beibehalten und 1,5 Stunden auf ein
Arbeitszeitkonto einbezahlt. Das war
die Geburtsstunde unseres flexiblen Ar-
beitszeitmodells, das es uns dann in der
Krise 2008/2009 ermöglicht hat, nie-
mand entlassen zu müssen. Dabei hat-
ten wir in dieser Krise aus betriebswirt-
schaftlicher Sicht zwischen fünf und
zehn Prozent an Mitarbeitern zu viel an
Bord. Mit Freude habe ich dann beob-
achtet, dass Dinge, die wir bei Trumpf
entwickelt haben, später in Tarifverträ-
ge eingeflossen sind. Unser jüngstes
Highlight ist die Wahlarbeitszeit, bei der
Führungskraft und Mitarbeiter direkt
miteinander die Arbeitszeit vereinbaren
innerhalb des Rahmens, den der Gesetz-
geber und die Sozialpartner setzen.
personalmagazin:
Sie waren in einem Fami-
lienunternehmen tätig, in dem die Fami-
lie eine starke Rolle spielt. Hat das Ihren
Handlungsspielraum nicht eingeengt?
Rübling:
Familienunternehmen sind eine
sehr gute Organisationsform, die von
Kontinuität und einem langfristigen
Horizont geprägt ist. Was Trumpf aus-
macht, ist die direkte Mitarbeit der Fa-
milienmitglieder im Unternehmen. Wir
hatten als Geschäftsführer regelmäßige
Mittagessen, die eine schnelle und direk-
te Abstimmung ermöglichten. Die Fami-
lie steht loyal zu den Mitarbeitern, was
die HR-Arbeit erleichtert. Ich habe keine
Einschränkungen erlebt, meine Hand-
lungsspielräume bei Trumpf waren groß.
personalmagazin:
Zu einem Berufsleben
gehören auch Enttäuschungen. Was sind
die kritischen Punkte bei Ihnen?
Rübling:
Mir fällt zu Ihrer Frage nichts
ein. Wenn ich die Frage umformulie-
re und überlege, was ich hätte besser
machen können, dann sehe ich selbst-
kritisch das Thema Strukturen und
Prozesse in HR. Mit der Einführung von
Workday haben wir erst kürzlich unse-
re HR-Daten und -Systeme internatio-
nal vereinheitlicht. Das hätte ich auch
schon früher machen können.
personalmagazin:
Trumpf steht für deutsche
Ingenieurskultur. Muss sich das nicht
grundlegend ändern?
Rübling:
Der Typ „Trumpfler“, wie man
im Schwäbischen sagt, war früher bo-
denständig und eher konservativ, unse-
re Sichtweise „germanozentrisch“. Das
hat sich aber längst geändert und die
Komplexität nimmt zu. Zwei Beispiele:
In China wird das Thema Beurteilung
anders gesehen als hier. Wir müssen die
Prozesse an den jeweiligen kulturellen
Kontext adaptieren, das macht die Sache
komplexer als früher. Für Ingenieure,
die mit Lasertechnik arbeiten wollen,
ist Trumpf weiterhin eine der ersten
Adressen. Doch wir suchen verstärkt
Softwareingenieure, um die wir auf
dem Arbeitsmarkt mit anderen Firmen
konkurrieren. Sie haben häufig andere
Wertvorstellungen, unsere Ingenieurs-
kultur passt da manchmal nicht mehr.
Wir haben deshalb in Karlsruhe, nahe
am Campus, eine Firma aufgemacht, die
eine andere Arbeitskultur ausstrahlt als
unser Hauptsitz in Ditzingen.
personalmagazin:
Zusätzlich zu Ihrer Tätig-
keit bei Trumpf waren Sie zwölf Jahre im
Vorstand der DGFP engagiert, zuletzt als
Vorstandsvorsitzender. Warum?
Rübling:
Die DGFP hat mich immer beglei-
tet. In den Erfa-Gruppen habe ich viel
gelernt und viele Kontakte geknüpft,
die mir beruflich geholfen haben. Im
Laufe der Jahre wurde ich dann gefragt,
ob ich in den Vorstand möchte und habe
das aus einem Verantwortungsgefühl
heraus gemacht. Als es später dann um
den Vorstandsvorsitz ging, bin ich in
diese Aufgabe auch eher reingerutscht,
da es niemand anderen gab.
personalmagazin:
Sie waren bereits im
Vorstand, als eine Gruppe von Leuten um
Joachim Sauer bei der DGFP mit neuen
Ideen angetreten ist und sich eine Abfuhr
einhandelte. Das war die Geburtsstunde
des BPM, dessen Gründung die größte
Krise der DGFP herbeigeführt hat. Wel-
che Erinnerung haben Sie daran?
Rübling:
Keine. Ich war mit der Sache
nicht betraut, damals war die DGFP-
Welt für mich noch in Ordnung.
personalmagazin:
Als Vorstandsvorsitzen-
der haben Sie die Restrukturierung der
DGFP geplant und umgesetzt, die mit
Standortschließungen und Personalab-
bau verbunden war. War dieser radikale
Kurswechsel wirklich notwendig?
Rübling:
Einstein hat mal formuliert: „Die
reinste Form des Wahnsinns ist es, al-
les beim Alten zu lassen und zu hoffen,
es ändert sich etwas.“ Die DGFP war in
eine Schieflage geraten, deshalb muss-
ten wir etwas ändern. Das haben wir
im Vorstand diskutiert und gemeinsam
beschlossen. Der Kurswechsel hat sich
gelohnt: Die DGFP hat sich modernisiert
und ist als Karriere- und Kompetenz-
netzwerk wieder attraktiver geworden.
personalmagazin:
Für Sie persönlich fängt
eine neue Lebensphase an. Was haben
Sie sich vorgenommen?
Rübling:
Zunächst möchte ich durch­
atmen, werde aber nicht untätig sein,
sondern habe mit „HR-Excellence-Con-
sulting“ eine kleine Beratung gegrün-
det. Ich möchte in drei Themengebieten
beraten: HR bei Akquisitionen, Zusam-
menarbeit Arbeitgeber und Betriebsräte
sowie Arbeitszeitmodelle. Zu allen The-
men verfüge ich über vielfältige Erfah-
rungen, die ich weitergeben kann.
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