CONTROLLER Magazin 1/2016 - page 9

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Die Teilprozesse des Cash-to-Cash-Cycle und
deren Möglichkeiten, Einfluss auf das Working
Capital zu nehmen, zeigen deutlich:
Working
Capital Management ist eine funktions-
übergreifende Optimierungsaufgabe
, die
eine enge Zusammenarbeit zwischen Finanz-
und Supply Chain Management notwendig
macht. Auch wenn das Management des Wor-
king Capital zur Kernaufgabe der Finanzver-
antwortlichen zählt, liegt die Ausgestaltung
der jeweils unterliegenden Prozesse bei den
Verantwortlichen des Supply Chain Mana-
gements. In der Praxis ist diese Zuordnung
häufig nicht eindeutig, was offensichtlich auch
einer der Gründe ist, warum es in manchen
Unternehmen noch Potenzial im Working Capi-
tal Management gibt.
Wechselwirkungen
der Einflussfaktoren
Durch die Maßnahmen zur Optimierung des
Working Capital entstehen jedoch Wechsel-
wirkungen entlang der Kernprozesse, die bei
punktuellen Optimierungen oft nicht bedacht
bzw. auch übersehen werden. Das gilt beson-
ders für komplexe Situationen, wenn also eine
hohe Anzahl sich gegenseitig beeinflussender
Faktoren mit großer Dynamik auftritt. Supply
Chains bzw. internationale Wertschöpfungs-
netzwerke werden den Kriterien einer kom-
plexen Situation gerecht und sind somit auch
als solche zu behandeln. Sie können nicht
in Checklisten oder einfachen Ursache-
Wirkungsdarstellungen abgebildet werden.
Vielmehr bedarf es der Darstellung als
System, um ein umfassendes Verständnis
der Problemsituation zu erhalten
(vgl. Ab-
bildung 5).
Will man den Cash Conversion Cycle optimie-
ren und dabei die Wechselwirkungen zwischen
den einzelnen Einflussfaktoren auf das Working
Capital berücksichtigen, ist folgender idealtypi-
sche Projektverlauf empfehlenswert (vgl. Abbil-
dung 6). Die Identifikation der relevanten Ein-
flussfaktoren und in Folge die Analyse ihrer
Wirkungsverläufe bzw. Wechselwirkungen sind
eindeutig die wichtigsten Erfolgsfaktoren in die-
sem Prozess.
Im Management des Working Capital liegt es
nun an den Verantwortlichen des Finanz- und
des Supply Chain Managements, die Rahmen-
bedingungen für ein aktives Working Capital
Management vorweg zu definieren:
1. Projektinitiierung:
Dieser klassische Pro-
jektschritt beinhaltet die Definition des
Projektumfangs und der Projektziele, der
funktionsübergreifenden organisatorischen
Verantwortlichkeiten und der unternehmens-
übergreifenden Zusammenarbeit – einerseits
mit den Kunden und andererseits mit den
Lieferanten.
2. Analyse der Ausgangssituation:
Sie bildet
die Basis für die weiteren Prozessschritte
und umfasst einerseits die Ermittlung der
wesentlichen Kennzahlen im Working Capital
Management (vgl. Abbildung 1) und anderer-
seits deren Benchmarking – nur durch die
Analyse der Kennzahlen und den Vergleich
zu Branchen- bzw. Vergleichswerten kann
die Qualität der eigenen Aktivitäten beurteilt
werden.
3. Festlegen der Zielwerte
4. Analyse der Wirkungsverläufe:
Das Ziel
ist, Working Capital Management als Ge-
samtsystem zu betrachten – alle vorliegen-
den Beziehungen zwischen den Einflussfak-
toren auf das WC zu erfassen und so die
Wechselwirkungen bzw. die Zielkonflikte
zwischen den Elementen des Systems zu
identifizieren. Die Analyse beinhaltet nicht
bloß die Identifikation des Zusammenhan-
ges, sondern auch dessen Wirkungsrichtung
(+…je mehr desto mehr/ –…je mehr desto
weniger). Das Ergebnis dieses System-
denkens ist die Darstellung der Wirkungs-
verläufe – ein Systemmodell.
5. Interpretation und Maßnahmen:
Die Er-
kenntnisse aus der Analyse der Wirkungs-
verläufe bilden dann die Basis für die Ablei-
tung von Optimierungsmaßnahmen im Wor-
king Capital Management.
Abb. 4: Teilprozesse von „Purchase to Pay“ mit den Einflussfaktoren auf das WC
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