CONTROLLER Magazin 1/2016 - page 6

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„Cash is King“ – Liquidität zählt neben hoher
Rentabilität und Existenzsicherung zu den we-
sentlichen Zielen eines Unternehmens. Eine
wichtige Wirkung auf Liquidität hat das im Un-
ternehmen gebundene Kapital, das durch ein
effektives und effizientes Working Capital Ma-
nagement beeinflusst wird. Eine isolierte Opti-
mierung des Working Capital kann jedoch zu
negativen Auswirkungen entlang der Supply
Chain führen. Deshalb ist die Berücksichtigung
der Einflussfaktoren auf das Working Capital
sowie deren prozessübergreifenden Wechsel-
wirkungen von besonderer Bedeutung – ein
integrierter, funktionsübergreifender Ansatz im
Working Capital Management ist gefordert.
Das
Working Capital (WC)
bezeichnet die kurz-
fristigen Bilanzpositionen, die dem Umlaufver-
mögen auf der Aktivseite und den kurzfristigen
Verbindlichkeiten auf der Passivseite der Bilanz
zugeordnet sind:
+ Liquide Mittel
+ Vorräte an Roh-, Hilfs- und Betriebs-
stoffen, Halbfertig- und Fertigerzeugnisse,
Handelswaren
+ Geleistete Anzahlungen
+ Lieferforderungen
+ Sonstige Forderungen, unverzinsliche
Vermögensgegenstände, Aktive
Rechnungsabgrenzung
– Kurzfristige Rückstellungen
– Erhaltene Anzahlungen
– Lieferverbindlichkeiten
– Sonstige unverzinsliche Verbindlichkeiten,
Passive Rechnungsabgrenzung
= Working Capital
Working Capital Management (WCM)
be-
zeichnet die Optimierungsaufgabe bezüglich
der Höhe dieser Positionen.
Durch die Redu-
zierung der Kapitalbindung
wird dadurch
einerseits
Liquidität freigesetzt
und somit
der finanzielle Handlungsspielraum erwei-
tert
und andererseits
die Rentabilität eines
Unternehmens erhöht.
Working Capital Management
im Spannungsfeld der Unterneh-
mensfunktionen
Working Capital Management steht jedoch im
Spannungsfeld der Unternehmensfunktionen,
die bei mangelnder Abstimmung und Kommu-
nikation mitunter konkurrierende Interessen
verfolgen. Eine daraus resultierende, isolierte
Optimierung des Working Capital in einzelnen
Funktionsbereichen kann so zu negativen Aus-
wirkungen entlang der Supply Chain des Unter-
nehmens führen. Daher ist sowohl in der Litera-
tur als auch in der betrieblichen Praxis die For-
derung nach einem ganzheitlich integrierten
Ansatz zu beobachten. Dieser verlangt jedoch
eine
prozess- und funktionsübergreifende
Sicht-
weise, welche alle direkten und indirekten Aus-
wirkungen einzelner Optimierungsmaßnahmen
entlang der Supply Chain berücksichtigt.
Steuerungskonzept
„Cash Conversion Cycle“
Eine solche prozessorientierte Perspektive
auf die gesamte Supply Chain wird durch das
Steuerungskonzept des Cash Conversion Cycle
(CCC) unterstützt, basierend auf der Ausgestal-
tung der drei Kernprozesse:
·
Order to Cash (OTC),
·
Forecast to Fulfil (FTF) und
·
Purchase to Pay (PTP).
Im Gegensatz zur statischen Betrachtung der
reinen Höhe der Bilanzpositionen des Working
Capital ermöglicht der dynamische Ansatz des
Cash Conversion Cycle die Beurteilung der
Ef-
fektivität und Effizienz
des Working Capital
Managements. Dazu dienen die jeweils zu den
Kernprozessen korrespondierenden Kennzah-
len (vgl. Abbildung 1):
·
Order to Cash => Days Sales Outstanding
(DSO)
·
Forecast to Fulfil => Days Inventory Held (DIH)
·
Purchase to Pay => Days Payables Outstan-
ding (DPO)
Der Cash Conversion Cycle errechnet sich aus
der
Bestandsreichweite
(Days Inventory Held –
DIH) zuzüglich der
Forderungsreichweite
(Days
Sales Outstanding – DSO) und abzüglich der
Verbindlichkeitenreichweite
(Days Payables
Outstanding – DPO):
CCC (d) = DIH + DSO – DPO
Die Kennzahl beschreibt den Zeitraum (in Ta-
gen), in dem ein Unternehmen den Umsatz
vorfinanzieren muss – also den Zeitraum zwi-
schen dem Zahlungsausgang an den Lieferan-
ten und dem Zahlungseingang vom Kunden.
Die daraus resultierende Dauer der Kapital-
bindung gilt es unter Berücksichtigung der
wesentlichen Unternehmensziele – Liquidität,
Rentabilität und Existenzsicherung – zu mini-
mieren.
Der dynamische Ansatz des Cash Conversion
Cycle tritt also an die Stelle einer isolierten Be-
trachtung der drei Hauptkomponenten
Forde-
rungen, Vorräte und Verbindlichkeiten
. Die-
se prozessorientierte Sichtweise ist die Basis
für eine ganzheitliche Optimierung des Wor-
Wechselwirkungen im
Working Capital Management
von Bettina Schoberegger und Martin Tschandl
Wechselwirkungen im WCM
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