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SPEZIAL BAV
_TITELTHEMA
spezial bAV 04/16
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Vorschlags herausgenommen werden“,
sagt Karch. Der bAV-Experte betont aber,
dass es dabei nicht um die Etablierung
eines neuen Durchführungsweges geht.
Vielmehr ist vorgesehen, die Haftung
des Arbeitgebers auf einen größeren
Verbund der Tarifvertragsparteien zu
verlagern. Bislang soll dies nur für die
Pensionskasse und den Pensionsfonds
gelten. Karch meint aber, dass in dem
nächsten Vorschlag weder Unternehmen
mit einer bestehenden bAV noch Direkt-
versicherungen ausgeschlossen werden
sollten. Abwarten, die Reformmühlen
mahlen langsam.
Bei der „Deutschland-Rente“ bleiben
noch viele Fragen offen
Das zeigt sich auch bei der „Deutsch-
land-Rente“. Unter diesem kraftvollen
Begriff hatten die hessischen Minister
also 1,8 Millionen der gut 4,2 Millionen
sozialversicherungspflichtig Beschäftig-
ten mit einem Bruttolohn von weniger
als 1.500 Euro, weder eine bAV-Anwart-
schaft noch einen Riester-Vertrag. Bei
dem Kongress „Zukunftsmarkt Alters-
vorsorge 2016“ Mitte Februar in Berlin,
stellte Kiesewetter die Ergebnisse seiner
vom Bundesfinanzministerium beauf-
tragten Studie „zur Optimierung der
steuerlichen Förderung der bAV“ vor. Ur-
sprünglich war die Veröffentlichung des
Gutachtens für Februar 2016 geplant,
eine Freigabe des Gutachtens hatte das
BMF zum Redaktionsschluss am 4. März
jedoch noch nicht erteilt (siehe Seite 12) .
Auch das Anfang 2015 vom Bundesar-
beitsministerium beauftragte Gutachten
zur Weiterentwicklung des „Sozialpart-
nermodells Betriebsrente“ steht noch
aus (siehe Kasten Seite 10). Bis Ende
März dieses Jahres sollen Prof. Dr. Peter
Hanau von der Universität Köln sowie
der Dipl.-Betriebswirt und Rechtsanwalt
Dr. Marco Arteaga Vorschläge erarbeiten,
ob es Alternativen zu dem Modell gibt,
wie bereits bestehende Einrichtungen
davon profitieren und wie nichttarifge-
bundene Arbeitgeber und Beschäftigte
optimal eingebunden werden könnten.
„Auf der Grundlage der dann vorlie-
genden Erkenntnisse werden wir darü-
ber entscheiden, wie die betriebliche
Altersversorgung im Sinne des Koaliti-
onsvertrages gestärkt werden soll“, sagt
die zuständige Staatssekretärin Gabriele
Lösekrug-Möller.
Gutachten sollen Kritiker der Nahles-
Rente überzeugen
Dem Bundesarbeitsministerium blieb
de facto keine andere Wahl. Von allen
Seiten hagelte es nach Veröffentlichung
des ersten Vorschlags zur sogenannten
„Nahles-Rente“ Kritik. Alexander Gun-
kel, Mitglied der Hauptgeschäftsfüh-
rung der Deutschen Arbeitgeberverbän-
de (BDA) kritisierte, dass „bestehende
betriebliche Versorgungswerke unge-
rechtfertigt benachteiligt würden“ (sie-
he Interview oben). Dr. Peter Schwark,
Mitglied der Hauptgeschäftsführung
beim Gesamtverband der Deutschen
Versicherungswirtschaft (GDV) beklag-
te die zu erwartende Zunahme an Kom-
plexität, die schon heute den weiteren
Ausbau der bAV behindert sowie den
tarifvertraglichen Fokus: „Viele klei-
ne und mittelständische Unternehmen
würde der Vorschlag nicht erreichen, da
diese Betriebe häufig und durchaus be-
wusst keinem Tarifvertrag unterliegen.“
Auch die Arbeitsgemeinschaft für be-
triebliche Altersversorgung e. V., kurz
aba, sparte anfänglich nicht mit Kritik.
Nach Gesprächen mit den genannten
Studienautoren äußert sich deren Vor-
standsvorsitzender, Heribert Karch, op-
timistisch, dass die Studienergebnisse
Bewegung in die Debatte bringen wer-
den. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass
die toxischen Elemente des bisherigen
personalmagazin:
Der Gesetzgeber hat
den Handlungsbedarf in der bAV er-
kannt. Wie bewerten Sie die Vorschläge
des Bundesarbeitsministeriums?
Alexander Gunkel:
Bisher liegt nur der
Vorschlag des sogenannten „Sozial-
partnermodells Betriebsrente“ vom
März vergangenen Jahres vor. Dieser
Vorschlag war nicht überzeugend, da
er einseitig ausschließlich gemeinsa-
me Einrichtungen der Sozialpartner
begünstigt und bestehende betriebli-
che Versorgungswerke ungerechtfer-
tigt benachteiligt hätte. Das Bundes-
arbeitsministerium hat nach unserer
Kritik und der des DGB angekündigt,
seinen Vorschlag zu überarbeiten. In-
sofern erwarten wir im Frühjahr ein
überarbeitetes Konzept. Solange der
Kern des Vorschlags einseitig auf tarif-
vertragliche Altersvorsorge fokussiert
bleibt, führt er in die falsche Richtung.
personalmagazin:
Zur Senkung der
bilanziellen Belastungen durch Pen-
sionsrückstellungen hat die Bundes-
regierung inzwischen Änderungen
beschlossen. Reichen die umgesetzten
Maßnahmen aus?
Gunkel:
Eindeutig nein! Es ist sehr be-
dauerlich, dass bei der beschlossenen
Änderung des HGB-Rechts der Mut zu
einer wirklich spürbaren Entlastung
der Unternehmen fehlte. Der Zeitraum
zur Berechnung des Durchschnitts-
zinses hätte von sieben auf 15, wenigs-
tens aber auf zwölf Jahre verlängert
werden müssen. Die jetzt beschlosse-
nen zehn Jahre sind zu kurz. Ärger-
lich ist, dass die Unternehmen durch
„Vereinfachen und entbürokratisieren“
INTERVIEW. Die wachsende Komplexität der bAV schreckt viele kleine Unternehmen
ab. Rentenexperte Alexander Gunkel bewertet die jüngsten Reformvorschläge und
nennt Maßnahmen, die sich schnell und effektiv umsetzen ließen.
ALTERNATIVEN
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